Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte stellen immer wieder fest, wie sehr Vertriebe und Versicherer durch ein nachträgliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter versuchen, nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages Kundenabwerbungen zu vermeiden. Versicherungsvertreter, die mit einem Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen liebäugeln, wünschen nämlich oftmals die in der Vergangenheit betreuten Kundenverbindungen mit zum Wettbewerber zu nehmen und stellen sich daher regelmäßig die Frage, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter besteht. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bezeichnet dabei das Verbot einer Konkurrenztätigkeit zeitlich im Anschluss an eine bestehende Handelsvertretertätigkeit und ist daher zum während der Handelsvertretertätigkeit bestehenden Ausschließlichkeitsgebot zu unterscheiden.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter kann gemäß § 90a HGB im Rahmen des Handelsvertretervertrages vereinbart werden. Die Vereinbarung hat dabei allerdings schriftlich zu erfolgen und hat daneben viele weitere Voraussetzungen und Grenzen einzuhalten, um wirksam zu sein. Insbesondere muss eine solche Regelung im Handelsvertretervertrag zeitlich auf maximal 2 Jahre begrenzt sein und darf sich nur auf den dem Versicherungsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und nur auf die Gegenstände erstrecken, hinsichtlich deren sich der Handelsvertreter um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den Versicherer bzw. das Vertriebsunternehmen zu bemühen hat. Außerdem ist dem Versicherungsvertreter für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes eine angemessene Entschädigung zu zahlen.
Gerade die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung hält viele Versicherer und Vertriebsunternehmen davon ab, eine den Anforderungen des § 90a HGB entsprechendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot in ihren Handelsvertreterverträgen zu vereinbaren. Wird hingegen doch eine entsprechende Regelung getroffen, so sollten betroffene Versicherungsvertreter die Wirksamkeit entsprechender Vereinbarungen unbedingt anwaltlich prüfen lassen.Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch einer Inhaltskontrolle standhalten muss (siehe hierzu Unwirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots).
Besteht ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot, so ist dieses regelmäßig auch mit einer Vertragsstrafe belegt. Verstöße können für den Versicherungsvertreter daher oftmals schnell erhebliche Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Vor der Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit empfiehlt es sich daher eine genaue rechtliche Prüfung des konkreten Handelsvertretervertrages vornehmen zu lassen.
Steht zwischen den Parteien des Handelsvertretervertrages fest, dass die Zusammenarbeit beendet werden soll, so soll oftmals ein Aufhebungsvertrag zur Abwicklung der Handelsvertretertätigkeit geschlossen werden. Einige Versicherer und Vertriebsunternehmen versuchen in solchen Aufhebungsverträgen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter oder aber zumindest ähnliche Beschränkungen des nachvertraglichen Wettbewerbs zu vereinbaren (z.B. sog. Kundenschutzklauseln).
Sieht der Aufhebungsvertrag eine Beendigung der Zusammenarbeit zu einem in der Zukunft liegenden Termin vor, so hat ein im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot den Anforderungen des § 90a HGB zu genügen (siehe hierzu BGH: Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in einer Aufhebungsvereinbarung). Wird das Handelsvertreterverhältnis hingegen sofort oder aber gar rückwirkend beendet, so dürfte § 90a HGB hingegen nicht unmittelbar anwendbar sein. Allerdings kann sich deren Berücksichtigung auch im Rahmen einer AGB-Kontrolle ergeben (siehe hierzu LG Hamburg: Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung).
Leider kommt es aber immer wieder vor, dass Versicherungsvertreter in Drucksituationen einen ihnen vorgelegten Aufhebungsvertrag rechtlich ungeprüft unterschreiben und damit Verpflichtungen eingehen, die sie in erheblicher Weise in ihrer zukünftigen Wettbewerbstätigkeit beschränken. Entsprechende Aufhebungsverträge sollten daher vor deren Unterzeichnung unbedingt rechtlich geprüft werden.
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Besteht kein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot, so ist der Versicherungsvertreter nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages grundsätzlich frei darin eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Hierbei darf er sich auch grundsätzlich um die Kunden des bisherigen Prinzipals – also des bisherigen Versicherers oder Vertriebsunternehmens – bemühen. Bei dieser Tätigkeit sind jedoch natürlich die Grenzen des allgemeinen Wettbewerbsrechts zu beachten.
In der anwaltlichen Praxis muss immer wieder festgestellt werden, dass Versicherer und Vertriebsunternehmen die Konkurrenztätigkeit von ausgeschiedenen Versicherungsvertretern im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts genau beobachten. Dabei werden oftmals folgende typische Verstöße von ausgeschiedenen Versicherungsvertretern festgestellt:
Als Folge von Wettbewerbsverstößen drohen ausgeschiedenen Versicherungsvertreter vor Allem mit Unterlassungsforderungen des Versicherers oder des Vertriebsunternehmens konfrontiert zu werden. Neben dem Unterlassungsbegehren werden dabei im Rahmen von Abmahnungen oftmals auch Anwaltskosten geltend gemacht (siehe hierzu weiterführend Die Abmahnung im Wettbewerbsrecht). Im Falle der Nichtabgabe einer Unterlassungserklärung besteht zudem die Gefahr, dass der Versicherer bzw. das Vertriebsunternehmen seine Forderung durch eine einstweilige Verfügung oder auch ein Hauptsacheverfahren weiterverfolgt. Außerdem besteht natürlich die Möglichkeit der Geltendmachung weiterer Ansprüche, z.B. in Form von Schadensersatzansprüchen. Zur Vorbereitung solcher Ansprüche werden oftmals auch Auskunftsansprüche geltend gemacht (zu deren Voraussetzungen siehe Voraussetzungen des Auskunftsanspruches bei Verstoß gegen vertragliches Wettbewerbsverbot). Zum Inhalt eines solchen Auskunftsanspruch hat der BGH bereits 2013 entschieden (siehe hierzu BGH: Inhalt des Auskunftsanspruchs des Versicherers gegen den Versicherungsvertreter bei Verstoß gegen Wettbewerbsverbot).
Im Fall von Verstößen gegen ein vertraglich vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot oder die Regelungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts drohen Versicherungsvertretern empfindliche rechtliche Folgen. Wünscht der Versicherungsvertreter daher im Anschluss an die Beendigung des Handelsvertretervertrages eine Konkurrenztätigkeit auszuüben, so sollte er möglichst frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um die in seinem konkreten Fall geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen abzuklären. Dabei sollte insbesondere geklärt werden, inwieweit der Versicherungsvertreter durch etwaige vertragliche Regelungen in einer nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit beschränkt ist und welche Bestimmungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts es unbedingt einzuhalten gilt. Gerne steht hierfür auch die u.a. im Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht spezialisierte Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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