Der Handelsvertretervertrag stellt die Basis der Vertragsbeziehung zwischen einem Handelsvertreter und dem Unternehmer dar. Mittels des Vertrages wird vereinbart, was welche Partei welche Rechten und Pflichten hat. Ergänzend kann dabei auch auf die gesetzlichen Regelungen des §§ 84 ff. HGB zurückgegriffen werden.
Der Abschluss eines Handelsvertretervertrages bedarf keiner bestimmten Form. Er ist daher auch formlos möglich. Allerdings kann nach § 85 HGB jeder Teil des Handelsvertretervertrages verlangen, dass der Inhalt und spätere Vereinbarungen in eine von dem anderen Teil unterzeichnet Urkunde aufgenommen werden. Dieser Beurkundungsanspruch stellt allerdings lediglich einen unabdingbaren Anspruch auf die Niederlegung der Vertragsinhalte und späteren Vertragsänderungen dar und ist eben keine Formvorschrift. Mittels der Beurkundung kann es zu einem späteren Zeitpunkt erleichtert sein, Beweise zu erbringen. Somit dient die Regelung des § 85 HGB primär Beweiszwecken. Zwar führt diese Regelung dazu, dass Handelsvertreterverträge meist von vornherein schriftlich abgeschlossen werden, auch mündliche Handelsvertreterverträge sind aber weiterhin möglich.
Aufgrund der Möglichkeit einen Handelsvertretervertrag formlos zu schließen, kommt auch ein konkludenter Vertragsschluss, durch schlüssiges Verhalten, in Betracht. Ein solches schlüssiges Verhalten liegt beispielsweise vor, wenn des entweder zu wiederholten Geschäftsvermittlungen durch den Handelsvertreter und den Abschluss der so vermittelten Geschäfte durch den Unternehmer kommt oder bereits durch erstmalige Annahme der Dienste des Handelsvertreters durch den Unternehmer mit der Maßgabe, dies auch künftig für eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften zu tun (vgl. BGH: Konkludenter Abschluss eines Handelsvertretervertrages).
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Einen wesentlichen Inhalt des Handelsvertretervertrages stellt die Vereinbarung der Provision des Handelsvertreters dar. So kann vereinbart werden, welche Art von Provision – z.B. Abschlussprovision, Dynamikprovision oder eine Bestandsprovision – gezahlt werden. Die Rückforderung einer unverdienten Provision richtet sich im Handelsvertreterrecht meist jedoch nicht nach vertraglichen Regelungen, sondern nach der gesetzlichen Bestimmung des § 87a Abs. 3 HGB. So kann beispielsweise ein Versicherer gegenüber einem Versicherungsvertreter einen Anspruch auf Rückzahlung unverdienter Provisionen geltend machen, soweit er die Stornierung des vermittelten Versicherungsvertrages nicht zu vertreten hat (siehe hierzu: Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren!).
Mit der Frage, ob neue gesetzliche Regelungen bestehende Vereinbarungen zum Stornohaftungszeitraum verdrängen können hatte sich das KG Berlin zu befassen (vgl. KG Berlin: Neue gesetzliche Regelungen zur Stornohaftungszeit verdrängen bestehende Vereinbarungen).
Zudem kommt es im Rahmen des Handelsvertretervertrages häufig zu Ausschließlichkeitsklauseln. Teilweise wird auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Ein Ausschließlichkeitsgebot soll verhindern, dass der Handelsvertreter während der Zeit eines bestehenden Handelsvertretervertrages Konkurrenzprodukte vermittelt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot hingegen gilt für die Zeit nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages.
Der BGH hat in Bezug auf das Ausschließlichkeitsgebot entschieden, dass ein solches auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung bestehen kann. (BGH: Ausschließlichkeit ohne vertragliche Vereinbarung?). Gleichwohl finden sich in Handelsvertreterverträgen trotzdem regelmäßig ausdrückliche Vereinbarungen. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot hingegen muss gem. § 90a HGB schriftlich vereinbart werden. Zudem darf es einen Zeitraum von 2 Jahre nicht überschreiten und es bedarf einer Zahlung einer angemessenen Entschädigung.
Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB zustehen. Dieser Ausgleichsanspruch kann im Handelsvertretervertrag nicht ausgeschlossen werden. Auch eine Anrechnung von Provision auf den Ausgleichsanspruch ist nur in Ausnahmefällen zulässig (BGH: Ausschluss des Ausgleichsanspruches durch vertraglich vereinbarte Vorausvergütung, BGH stärkt Rechte des Handelsvertreters).
Für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs wurde die sog. „Grundsätze zur Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“ von Branchenverbänden der Versicherungswirtschaft entwickelt. Auf diese Grundsätze greift inzwischen die Rechtsprechung für die Ermittlung der Ausgleichshöhe zurück (BGH: Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs). Oftmals werden die Grundsätze daher auch im Rahmen des Handelsvertretervertrages als Berechnungsgrundlage vereinbart. Eine solche Vereinbarung der Grundsätze ist für den Versicherungsvertreter jedoch nicht unbedingt verpflichtend (LG Düsseldorf: Vertragliche Vereinbarung über die Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs).
Die Fristen für eine ordentliche Kündigung ergeben sich aus § 89 HGB. Allerdings können im Rahmen des Handelsvertretervertrages auch abweichende Kündigungsfristen vereinbart werden. Bei der Vereinbarung abweichender Kündigungsfristen ist jedoch zu beachten, dass lediglich eine Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen zulässig ist. Zudem darf für den Unternehmer keine kürzere Frist als für den Handelsvertreter vereinbart werden.
Die Beendigung eines Handelsvertretervertrages kann auf unterschiedliche Art und Weise herbeigeführt werden.
Zum einen ist eine Beendigung durch Zeitablauf möglich. Hierfür muss der Handelsvertretervertrag jedoch ausdrücklich für eine bestimmte Zeit geschlossen worden sein. Allerdings sind viele Handelsvertreterverträge nicht auf eine bestimmte Zeit, sondern auf unbestimmte Zeit, geschlossen.
Ein auf unbestimmte Zeit geschlossenen Handelsvertretervertrag kann entweder durch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung beendet werden.
Im Rahmen einer ordentlichen Kündigung ist es nicht notwendig den Kündigungsgrund anzugeben. Allerdings muss beachtet werden, dass zwischen der Abgabe der Kündigungserklärung und der tatsächlichen Beendigung des Handelsvertretervertrages beide Parteien noch verpflichtet sind, die jeweiligen Verpflichtungen aus dem Handelsvertretervertrag zu erfüllen.
Eine außerordentliche Kündigung erfolgt meistens fristlos, bedarf allerdings eines wichtigen Kündigungsgrundes vgl. § 89a Abs. 1 HGB. Die Umstände, die eine Kündigung begründen sollen, müssen danach so schwerwiegend sein, dass einer der Parteien ein Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Zudem ist zu beachten, ob eine Abmahnung vor der Kündigung ausgesprochen werden muss.
Als weitere Möglichkeit besteht die Option eine Aufhebungsvereinbarung für die Beendigung des Handelsvertretervertrages. Eine solche Aufhebungsvereinbarung stellt dabei eine einvernehmliche Beendigung des Handelsvertretervertrages dar. Der Vorteil einer solchen Aufhebungsvereinbarung besteht darin, dass nicht nur Regelungen bzgl. der Aufhebung des gemeinsamen Handelsvertretervertrages getroffen werden können, sondern auch Vereinbarungen zur weiteren Wettbewerbstätigkeit. Weiter Informationen finden Sie auch unter „Aufhebungsvereinbarung: Hierauf sollten Versicherungsvertreter achten“.
Auch im nachvertraglichen Verhältnis treffen die Vertragsparteien weiterhin Rechte und Pflichten.
Wurde im Rahmen des Handelsvertretervertrages eine Dynamikprovision vereinbart, steht dem Handelsvertreter auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages die daraus entstehende Provision zu. Einen entsprechenden Fall hat der BGH für einen Versicherungsvertreter entschieden (BGH: Dynamikprovision bei Erhöhung der Versicherungssumme einer Lebensversicherung).
Der dem Handelsvertreter zustehende Ausgleichsanspruch soll der Kompensation des Provisionsverlustes, infolge der Beendigung des Handelsvertretervertrages, dienen. Weitere Informationen zum Ausgleichsanspruch finden Sie unter Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters.
In Bezug auf das nachvertragliche Wettbewerbsverhältnis sind das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) gerade bei der Verwendung von Kundendaten von Bedeutung (weitere Informationen finden Sie unter Geschäftsgeheimnisgesetz: Auch Versicherungsvertreter können in Bedrängnis geraten). In diesem Zusammenhang wurde allerdings auch die „Gedächtnisrechtsprechung“ entwickelt. Nach dieser ist die Nutzung von im Gedächtnis verbliebender Daten auch nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages zu nachvertraglichen Wettbewerbszwecken zulässig (BGH: Verwendung von selbst akquirierten Kundendaten nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages).
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.
Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.