Der Versicherungsvertreter

Versicherungsvertreter ist gemäß § 59 Abs. 2 VVG „wer von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut ist, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen“. Damit steht der Versicherungsvertreter – anders als der Versicherungsmakler – nicht im Lager des Versicherungsnehmers, sondern im Lager des Versicherers, dessen Abschlussvermittler er ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherer lediglich für einen Versicherer oder mehrere nicht in Konkurrenz zueinander stehender Versicherer tätig wird (sog. Ausschließlichkeitsvertreter) oder er berechtigt ist, die Versicherungsprodukte mehrere Versicherer zu vermitteln (sog. Mehrfachagent oder Mehrfachvertreter).

Gewerbeerlaubnis

Der Versicherungsvertreter ist eine Erscheinungsform des Versicherungsvermittlers. Auch er unterliegt grundsätzlich der Erlaubnispflicht nach § 34 d Abs. 1 S. 1 GewO. Erteilt wird die Gewerbeerlaubnis von der regional zuständigen Industrie- und Handelskammer. Das Bestehen der Gewerbeerlaubnis kann über das Vermittlerregister nach § 11a GewO abgefragt werden.

Voraussetzung für die Erteilung der Gewerbeerlaubnis ist, dass der Versicherungsvertreter den Nachweis seiner Zuverlässigkeit, seiner geordneten Vermögensverhältnisse, des Bestehens einer Berufshaftpflichtversicherung und seiner Sachkunde erbringt. Diese Anforderungen dienen dem Schutz der Versicherungsnehmer vor unseriösen Vermittlern. Die Berufshaftpflichtversicherung soll zudem dafür sorgen, dass entsprechende Liquidität besteht, um im Haftungsfall Schäden des Versicherungsnehmers durch die Beratung des Versicherungsvertreters zu ersetzen.

Ausnahmsweise bedarf nach § 34d Abs.7 GewO ein Versicherungsvertreter hingegen keine Gewerbeerlaubnis, wenn er nur die Versicherungsprodukte eines Versicherers oder mehrere nicht in Konkurrenz stehender Versicherer vermittelt (sogenannter Ausschließlichkeitsvertreter). Der Versicherer muss in diesem Fall jedoch sicherstellen, dass der Ausschließlichkeitsvermittler zuverlässig ist, in geordneten Vermögensverhältnissen lebt und angemessen qualifiziert ist. Außerdem hat er die Haftung für die Vermittlungstätigkeit des Ausschließlichkeitsvertreters zu übernehmen.

Verhältnis des Versicherungsvertreters zum Versicherer

Versicherungsvertreter sind regelmäßig auf der Grundlage eines Handelsvertreterverhältnisses i.S.d. §§ 92 Abs. 1, 84 HGB auf der Grundlage eines Agenturvertrages tätig. Neben den vertraglichen Regelungen des Agenturvertrages ergeben sich die Rechte und Pflichten daher vor Allem aus den gesetzlichen Regelungen des Handelsvertreterrechts.

Provision des Versicherungsvertreters & Ausgleichsanspruch

Die Vergütung für die Vermittlungstätigkeit trägt für Gewöhnlich der Versicherer in Form einer Provision. Die wesentlichen Maßgaben für die Provision ergeben sich aus § 92 Abs. 3 und 4 HGB, sowie den Absprachen im Agenturvertrag. In diesem wird regelmäßig auch die Höhe der Provision vereinbart. Ein Anspruch auf Provision entsteht nach § 92 Abs. 3 S. 1 HGB bei Abschluss eines Vertrages, welcher auf die Tätigkeit des Versicherungsvertreters zurückzuführen ist.

Zur Kontrolle des Provisionsanspruches stehen dem Versicherungsvertreter mehrere Rechte zu. Neben dem Abrechnungsanspruch betrifft dies insbesondere auch den Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Buchauszuges (siehe hierzu weiterführend Der Buchauszug des Versicherungsvertreters).

Ein Provisionsanspruch entstehen auch, wenn der Versicherungsvertrag vom Versicherer ganz oder teilweise nicht den Vertragsbestimmungen entsprechend ausgeführt wird. Ein Anspruch entfällt jedoch, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruhen die der Versicherer nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Versicherer neben Verschulden zusätzliche Umstände die seinem unternehmerischen oder betrieblichen Risikobereich zuzuordnen sind (so BGH VersR 2008, 684). Ein Verschulden kann durch die Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge entfallen. Anstelle einer eigenen Nachbearbeitung kann der Versicherer sich auch einer Stornogefahrenmitteilung bedienen (weitere Informationen finden Sie unter Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren!)

Nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages kann dem Versicherungsvertreter noch ein sogenannter Ausgleichsanspruch zustehen. Zu den Voraussetzungen siehe Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters.

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Wettbewerbstätigkeit des Versicherungsvertreters

Hinsichtlich der Zulässigkeit einer Wettbewerbstätigkeit des Versicherungsvertreters unterscheidet man in zeitlicher Hinsicht zwischen dem vertraglichen und dem nachvertraglichen Bereich.

Für den vertraglichen Bereich ist wiederum zwischen einer Tätigkeit als Ausschließlichkeitsvertreter und als Mehrfachvertreter zu unterscheiden Der Ausschließlichkeitsvertreter ist gesetzlich und zudem regelmäßig ergänzende durch ein vertragliches Wettbewerbsverbot daran gehindert für andere Versicherer tätig zu werden (siehe hierzu auch Das Ausschließlichkeitsgebot). Er kann somit lediglich Versicherungen vermitteln, die der Versicherer selbst anbietet. Das Portfolio an Versicherungen ist daher regelmäßig sehr begrenzt. In Ausnahmefällen kann dem Ausschließlichkeitsvertreter aber auch eine Ventillösung offenstehen (siehe BGH: Zulässigkeit der Ventillösung).

Ein Mehrfachvertreter hingegen wird aufgrund von ihm vertraglich eingeräumter Ausnahmen vom Wettbewerbsverbot mehrere Agenturverträge mit verschiedenen Versicherern schließen und für diese dann vermittelnd tätig werden (siehe hierzu BGH BB 1972, 11; Nürnberg VersR 1995, 94; Hamm VersR 1995, 167). Er kann also regelmäßig auch in Konkurrenz zueinander stehende Produkte verschiedener Versicherer vermitteln.

Inwieweit dem Versicherungsvertreter eine nachvertragliche Wettbewerbstätigkeit gestattet ist, hängt davon ab, ob sich aus dem Handelsvertretervertrag oder einem etwaigen Aufhebungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ergibt (siehe hierzu Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter). Jedenfalls besteht aber die allgemeine Pflicht nach der Beendigung des Agenturvertrages Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Zu beachten ist, dass auch Kundendaten zu den Betriebsgeheimnissen des Versicherers i.S.v. § 90 HGB zählen und diese nach der Beendigung nicht ohne Weiteres weiterverwendete werden dürfen, auch wenn der Kunde durch den Vertreter selbst geworben wurde (siehe hierzu BGH: Verwendung von selbst akquirierte Kundendaten nach Beendigung des Handelsvertretervertrages).

Verhältnis des Versicherungsvertreters zum Versicherungsnehmer

Versicherungsvertreter treffen gegenüber dem Versicherungsnehmer nach § 60 ff. VVG eigene Beratungs- und Dokumentationspflichten. Verletzt der Versicherungsvertreter diese Pflichten, so haftet er dem Versicherungsnehmer nach § 63 VVG auf Schadensersatz. Der Versicherungsnehmer kann danach verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei einer ordnungsgemäßen Absicherung des zu versichernden Risiko gestanden hätte  (siehe hierzu Quasideckung: So ermittelt der BGH den Schaden des Versicherten bei einer Pflichtverletzung des Versicherungsvermittlers). Weitere Informationen – auch zu den genauen Beratungspflichten des Versicherungsvertreters – finden Sie auch unter Die Haftung des Versicherungsvertreters

Zudem ist auch möglich, dass der Versicherungsvertreter Nettopolicen vermittelt – also Versicherungsverträge, die keinen oder nur einen geringen Provisionsanteil enthalten. In diesem Fall kann er zusätzlich eine Honorarvereinbarung mit dem Versicherungsnehmer schließen, aus welchem ihm dann ein Vergütungsanspruch gegen den Versicherungsnehmer zustehen kann (siehe hierzu auch Zulässigkeit von Vergütungsvereinbarungen zwischen Versicherungsvertreter und Versicherungsnehmer).

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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