Aufhebungsvereinbarung: Hierauf sollten Versicherungsvertreter achten

Soll es zur Beendigung des Handelsvertretervertrages kommen, so streben nach den Erfahrungen der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte viele Versicherungsvertreter den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an. Hintergrund ist, dass viele Versicherungsvertreter eine Aufhebungsvereinbarung als einvernehmliche Lösung im Vergleich zu einer Kündigung des Handelsvertretervertrages betrachten. Auch Versicherer und Vertriebsgesellschaften bevorzugen oftmals den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung, um das Handelsvertreterverhältnis zu beenden. Regelmäßig wissen sie genau, welche rechtliche Vorteile eine solche Aufhebungsvereinbarung für sie haben kann. Versicherungsvertreter sollten daher von Versicherern und Vertriebsgesellschaften erstellte und vorgelegte Aufhebungsvereinbarungen nicht bedenkenlos unterzeichnen, sondern sich individuell über die genauen Inhalte der konkreten Aufhebungsvereinbarung, sowie deren Auswirkungen anwaltlich beraten lassen. Mit dem vorliegenden Artikel soll gleichwohl auf einzelne oftmals in Aufhebungsvereinbarungen enthaltene Aspekte eingegangen werden.

Die Festlegung des Beendigungszeitpunkt in der Aufhebungsvereinbarung

Die Festlegung des Beendigungszeitpunkts ist oft für beide Parteien von wesentlicher Bedeutung beim Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung. Gesetzlich vorgesehen sind zeitlich nach der bisherigen Laufzeit des Handelsvertretervertrages gestaffelte Kündigungsfristen, welche im Handelsvertretervertrag noch vertraglich verlängert werden können. Gerade wenn der Versicherungsvertreter zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln will oder aber zukünftig als Versicherungsmakler tätig werden will, hat er oftmals ein erhebliches Interesse daran, diese Kündigungsfristen nicht „absitzen“ zu müssen, sondern früher aus dem bestehenden Handelsvertreterverhältnis entlassen zu werden. Dies ist oftmals das Hauptmotiv des Versicherungsvertreters für den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.

Innerhalb einer Aufhebungsvereinbarung kann der Beendigungszeitpunkt auf unterschiedliche Weise definiert werden. In Betracht kommt dabei eine Beendigung des Handelsvertretervertrages mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung. Das Handelsvertreterverhältnis endet dann also im Zeitpunkt des wirksamen Zustandekommens der Aufhebungsvereinbarung. Alternativ kann aber auch ein festes Beendigungsdatum in der Aufhebungsvereinbarung geregelt werden. Dieses explizite Beendigungsdatum kann wiederum aus der Perspektive des Zeitpunktes des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegen.

Versicherungsvertretern sollte bei Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung bewusst sein, dass die Festlegung des Beendigungszeitpunktes erhebliche Auswirkungen auf die Wirksamkeit einzelner Regelungen der Aufhebungsvereinbarung hat. Dies ist gerade mit Blick auf den Ausgleichsanspruch (siehe hierzu Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters) und ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (siehe hierzu Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter) von Bedeutung.

Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters

Grundsätzlich steht dem Versicherungsvertreter nach Beendigung des Handelsvertretervertrages nach § 89b HGB ein Ausgleichsanspruch zu. Auf diesen Ausgleichsanspruch kann der Versicherungsvertreter nach § 89b Abs.4 HGB allerdings nicht „im Voraus“ verzichten. Dies gilt auch soweit ein solcher Verzicht im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung erklärt wird und der Beendigungszeitpunkt des Handelsvertreterverhältnisses dabei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung noch in der Zukunft liegt. Von Versicherern oder Vertriebsgesellschaften vorgelegte Aufhebungsvereinbarungen sehen daher als Beendigungszeitpunkt bereits regelmäßig ein in der Vergangenheit liegendes Datum vor oder eine Formulierung, dass die Beendigung des Handelsvertretervertrages mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung eintritt. Damit unterfällt auch oftmals ein Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters einer in der Aufhebungsvereinbarung enthaltenen Abgeltungsklausel (zu deren Reichweite siehe unten).

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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ähnlich verhält es sich bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. § 90a HGB sieht vor, dass für gegenüber einem Versicherungsvertreter vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes strenge Begrenzungen einzuhalten sind. Insbesondere haben entsprechende Wettbewerbsverbote zeitlich, räumliche und gegenständlich begrenzt zu sein. Eine entsprechende Prüfung hatte das LG Detmold in seiner Entscheidung vom 19.02.2010 (Az.: 1 O 355/08) vorzunehmen (vgl. OLG Detmold: Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbot im Rahmen eines Aufhebungsvertrages).

Dies gilt auch für nachvertragliche Wettbewerbsverbote in einer Aufhebungsvereinbarung, wenn der Beendigungszeitpunkt des Handelsvertreterverhältnisses dabei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung noch in der Zukunft liegt (vgl. BGH: Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes in einer Aufhebungsvereinbarung). Selbst wenn der Beendigungszeitpunkt des Handelsvertretervertrages aber zum Zeitpunkt des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung schon in der Vergangenheit liegt oder die Beendigung zeitlich mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung eintreten soll, so können vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbote im Rahmen einer AGB-Kontrolle gleichwohl unwirksam sein (vgl. LG Hamburg: Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung).

Einige nachvertragliche Wettbewerbsverbote verbieten dem Versicherungsvertreter nicht generell jedwede Konkurrenztätigkeit, sondern sehen bestimmte Einschränkungen vor. Beispielsweise wird dem Versicherungsvertreter „lediglich“ verboten, Kunden seines ehemaligen Dienstherrn abzuwerben. Auch solche Regelungen können als nachvertragliches Wettbewerbsverbot eingestuft und unwirksam sein (vgl. Unwirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots). Es kann sich daher durchaus empfehlen, solche Regelungen im Vorwege einer anwaltlichen Prüfung zuzuführen.

Zu beachten ist, dass entsprechende Klauseln oftmals im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung mit erheblichen Vertragsstrafen sanktioniert sind. Ein Verstoß gegen die entsprechenden Klauseln kann daher schnell erhebliche Vertragsstrafenforderungen gegen den Versicherungsvertreter nach sich ziehen.

Jens Reichow in Hamburg

„Werden Versicherungsvertretern entsprechende Klauseln in Aufhebungsvereinbarungen vorgelegt und ist der Versicherer bzw. die Vertriebsgesellschaft nicht bereit, diese aus der Aufhebungsvereinbarung zu streichen, so sollten Versicherungsvertreter auch stets erwägen, auf die Eingehung einer Aufhebungsvereinbarung zu verzichten, die Beendigung des Handelsvertretervertrages durch ordentliche Kündigung und Abwarten der Kündigungsfristen herbeizuführen und dann ohne entsprechende Verbotsklauseln eine Wettbewerbstätigkeit lediglich unter Einhaltung der Regelung des allgemeinen Wettbewerbsrechts aufzunehmen.“

 

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Saldenanerkenntnis

Im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung wird von Versicherungsvertretern regelmäßig auch die Abgabe eines Saldenanerkenntnisses gefordert. Mittels eines solchen Saldenanerkenntnisses bestätigt der Versicherungsvertreter für Gewöhnlich die Richtigkeit der ihm in der Vergangenheit erteilten Provisionsabrechnungen. Mit einem solchen Anerkenntnis verbunden ist regelmäßig ein Verzicht auf weitere Kontrollrechte, wie z.B. einen Buchauszug (vgl. Der Buchauszug für Versicherungsvertreter).

Besteht auf dem Provisionskonto ein Saldo gegen den Versicherungsvertreter, so erkennt der Versicherungsvertreter im Rahmen eines Saldenanerkenntnisses die Richtigkeit diesen Saldos auch für gewöhnlich an. Hierbei gilt es zu beachten, dass aufgrund eines solchen Anerkenntnisses der Versicherer bzw. die Vertriebsgesellschaft dann einen Anspruch gegen den Versicherungsvertreter hat. Dem Versicherungsvertreter ist es nach Abgabe eines solchen Anerkenntnisses daher regelmäßig verwehrt noch Einwände gegen einzelne Provisionsstornierungen zu erheben (siehe hierzu Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren).

Bestandsmitnahme & Konkurrenztätigkeit

Viele Versicherungsvertreter wollen einzelne Versicherungsnehmer auch gerne nach einem Wechsel zu einem Mitbewerber bzw. nach Aufnahme einer Tätigkeit als Versicherungsmakler weiter betreuen. Oftmals ist dies auch von den Versicherungsnehmern selbst gewünscht. Die Übernahme der Kundenbetreuung ist allerdings oftmals nicht unproblematisch. Bis zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung ist der Versicherungsvertreter regelmäßig durch das Ausschließlichkeitsgebot (siehe hierzu Das Ausschließlichkeitsgebot) gebunden. Anschließend ist dem Versicherungsvertreter eine Ansprache durch die Regelungen des Wettbewerbsrecht erschwert.

Vorteilhaft für Versicherungsvertreter wäre es daher, wenn ihnen im Rahmen der Aufhebungsvereinbarung die Übernahme einzelner Kundenverbindungen gestattet wird. Leider sind hierzu Versicherer und Vertriebsgesellschaften kaum bereit. Selbst wenn daher in einer Aufhebungsvereinbarung kein explizites nachvertragliches Wettbewerbsverbot enthalten ist, sollten Versicherungsvertretern damit rechnen, dass Versicherer und Vertriebsgesellschaften die weitere Konkurrenztätigkeit des Versicherungsvertreters durchaus aufmerksam beobachten. Versicherungsvertreter sollten daher insbesondere darauf achten, dass sie die Regelungen des Geschäftsgeheimnisgesetzes (siehe hierzu Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG): Auch Versicherungsvertreter können in Bedrängnis geraten) und des Wettbewerbsrechts (siehe hierzu Wettbewerbsrecht) beachten.

Abgeltungsklausel: Einzelregelung oder Generalquittung

Am Ende einer Aufhebungsvereinbarung wird zumeist noch eine Regelung über den Umfang der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung getroffen. Auch hier sind wiederum unterschiedliche Gestaltungsvarianten möglich.

Treffen die Parteien nur für einzelne Punkte eine vertragliche Vereinbarung und wollen es im Übrigen bei den nachvertraglichen Regelungen des Handelsvertretervertrages belassen, so besteht die Möglichkeit im Rahmen der Aufhebungsvereinbarung die weiteren Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Handelsvertreterverhältnis unberührt zu lassen. Die Bestimmungen der Aufhebungsvereinbarung sind dann regelmäßig vorrangig zu beachten und für die Bereiche, zu denen die Aufhebungsvereinbarung keine Regelung enthält, sind die nachvertraglichen Regelungen des Handelsvertretervertrages oder des Handelsvertreterrechts heranzuziehen. Der Versicherungsvertreter kann dann beispielsweise also auch noch Provisionsansprüche geltend machen, soweit hierzu keine anderweitige Regelung getroffen wurde (vgl. Dynamikprovision bei Erhöhung der Versicherungssumme einer Lebensversicherung).

Anders ist es hingegen bei der Vereinbarung einer umfassenderen Abgeltungsklausel, z.B. in Form einer solgenannten Generalquittung. Durch eine solche Generalquittung werden grundsätzlich eine Vielzahl von Rechten und Pflichten abbedungen. Ein Rückgriff auf Rechte aus dem Handelsvertretervertrag oder dem Handelsvertreterrecht ist daher dann nicht mehr ohne weiteres möglich. Ziel der Parteien bei Abschluss einer Generalquittung ist es oftmals eine endgültige Regelung über etwaige Ansprüche aus dem Handelsvertreterverhältnis zu erzielen und das Vertragsverhältnis endgültig abzuwickeln.

Da eine solche Regelung sehr weitreichend ist und infolgedessen eine Vielzahl von Rechten und Ansprüche des Versicherungsvertreters abgegolten werden – unter Umständen auch solche, an die bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung gar nicht gedacht wurde – sollten Versicherungsvertreter gut abwägen, ob sie eine solch weitreichende Abgeltungsvereinbarung akzeptieren wollen. Zumindest sollten sie aber darauf achten, dass die Abgeltung von etwaigen Rechten und Ansprüchen nicht einseitig von Ihnen erklärt wird, sondern die Abgeltung beidseitig erfolgt, mithin also auch der Versicherer bzw. die Vertriebsgesellschaft auf weiterführende Rechte und Ansprüche verzichtet.

Fazit der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Verhandlung einer angemessen Aufhebungsvereinbarung bei der alle wesentliche Konstellationen und Möglichkeiten berücksichtigt werden kann für Versicherungsvertreter Schwierigkeiten mit sich bringen. Meistens fehlt es an einem Überblick, welche Folgen einzelnen Klauseln und Ausgestaltungsformen mit sich bringen können. Deswegen sind Versicherungsvertreter oftmals gut damit beraten vor Abschluss einer ihnen vorgelegten Aufhebungsvereinbarung sich anwaltlich beraten zu lassen. Gerne steht hierfür auch die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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