Der BGH hatte sich mit Hinweisbeschluss vom 15.02.2017 (Az. IV ZR 280/15) mit der Problematik „Treuwidrige Befristung eines Anerkenntnisses in der Berufsunfähigkeitsversicherung“ zu befassen. Der Versicherer hatte ein befristetes Anerkenntnis ausgesprochen. Dabei ging es unter anderem auch um die Treuwidrigkeit dieser Befristung.
Die Klägerin machte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend. Dabei übersandte sie dem Versicherer medizinische Unterlagen sowie ein Gutachten, welches für die Bundesagentur für Arbeit erstellt wurde und welches einen zeitlichen Umfang der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter 3 Stunden täglich bezifferte. Auch wurde damit eine verminderte Leistungsfähigkeit für einen Zeitraum von voraussichtlich länger als 6 Monaten prognostiziert. Da der Versicherer Zweifel über das Bestehen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit hatte, sprach er für das Jahr 2011 eine Befristung (befristetes Anerkenntnis) aus. Dabei wies der Versicherer den Versicherungsnehmer darauf hin, dass nach Ablauf dieser Befristung, eine Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nach den Grundsätzen der Erstprüfung erfolgen würde und die bedingungsgemäße Regelung zum Nachprüfungsverfahren nicht gelten würde.
Der Versicherer holte sodann ein fachärztliches Gutachten ein und kam zu dem Ergebnis, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht vorliegt. Daraufhin lehnte er die Leistungen für den Zeitraum nach der Befristung ab.
Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage der Klägerin auf weitere Leistungen aus dem Versicherungsvertrag ab dem 1. Januar 2012 ab. Das Oberlandesgericht Saarbrücken verurteilte den Versicherer jedoch zu Leistungen aus dem Versicherungsvertrag bis Ende Oktober 2012. Die von den Parteien des Rechtsstreits eingelegte Revision hatte keine Aussicht auf Erfolg und wurde nach Hinweisbeschluss des BGH zurückgenommen.
Der BGH folgte damit der Einschätzung des OLG Saarbrücken, welches ein treuwidrige Befristung eines Anerkenntnisses annahm. Der Versicherer ist wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach – und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Dieses sei aber vorliegend der Fall gewesen.
Darüber hinaus lag dem Versicherer der Art medizinische Unterlagen des Versicherungsnehmers vor, dass eine Berufsunfähigkeit nahe gelegen hat, zumal bereits eine über 6 Monate bestehende Arbeitsunfähigkeit vorlag. Vor diesem Hintergrund hätte der Versicherer seine Prüfung nicht einfach durch ein befristetes Anerkenntnis beenden können. Zumindest hätte dieser noch im Erstprüfungsverfahren weitere Erhebungen tätigen können. Dieses hat er unterlassen und stellte durch die Vereinbarung den Versicherungsnehmer nach Ablauf der Leistungen wieder auf den Status des Erstprüfung-Verfahrens.
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Die Einschätzung des BGH und die Entscheidung des OLG Saarbrücken sind nachvollziehbar und überzeugen. Liegen dem Versicherer entsprechend medizinische Unterlagen vor, so hat er diese abschließend zu prüfen, zur Not eigene Erhebungen zu tätigen. Liegen bereits Vermutungen einer Berufsunfähigkeit nahe, so kann der Versicherer sich nicht durch ein befristetes Anerkenntnis aus der Verantwortung nehmen und den Versicherungsnehmer nach Ablauf dieser Befristung wieder in ein Erstprüfungsverfahren setzen. Im Erstprüfungsverfahren hat nämlich der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit. In einem Nachprüfungsverfahren trägt der Versicherer die Beweislast für das nicht Vorliegen einer Berufsunfähigkeit. Vor diesem Hintergrund können diese Entscheidungen nachvollzogen werden, da sie ebenfalls auf die überragende Sach – und Rechtskenntnis des Versicherers gegenüber einem Versicherungsnehmer gerecht werden.
Folglich ist es sinnvoll, jede Entscheidung eines Versicherers über Leistungen aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag juristisch überprüfen zu lassen. Wie man auch an dieser Entscheidung sieht, ist nicht jede Leistungsentscheidung des Versicherers rechtlich haltbar. Vor diesem Hintergrund sollten sich auf Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisierte Rechtsanwälte derartiger Fälle annehmen und im Rahmen einer juristischen Überprüfung den Versicherungsnehmer über mögliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag beraten. Gerne unterstützt auch die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Versicherte bei der außergerichtlichen Geltendmachung der BU-Leistung und auch in einem späteren Prozess gegen den Versicherer. Eine Zusammenfassung des Ablaufes eines BU-Verfahrens können Sie unserem Beitrag Berufsunfähigkeitsversicherung: Der Ablauf des BU-Verfahrens entnehmen. Soforthilfe und Tipps entnehmen Sie unserer Präsenz unter www.bu-anwalt24.de. Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Berufsunfähigkeitsversicherung“ zusammengefasst. Einen Überblick finden Sie auch unter Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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