Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte sich mit Urteil vom 30.04.2012 (Az.: I-18 U 141/06) mit der Frage der Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung zu befassen.

Schadensersatz wegen Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung?

Die Versicherungsnehmerin erwarb ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück und beabsichtigte, das Haus zu einem Bürogebäude umzubauen und zu vermieten. Das Gebäude war durch die Voreigentümer mit einer Versicherungssumme 1914 von 60.000 DM zum gleitenden Neuwert versichert. Die Versicherungsnehmerin begann bereits vor Eigentumserwerb mit Um- und Ausbaumaßnahmen.

Die Versicherungsmaklerin vermittelte der Versicherten unter anderem den Abschluss einer Bauleistungsversicherung sowie den Abschluss einer Bauherrenhaftpflichtversicherung. Das Gebäude wurde im Mai 2004 nach Beginn der Bauarbeiten durch einen Brand im großen Umfang – nach Auffassung der Versicherungsnehmerin sogar vollständig – zerstört. Dabei sind die bestehende Gebäudeversicherung und die Bauleistungsversicherung eingetreten. Der Umfang der Versicherungen war jedoch nicht ausreichen, um den entstandenen vollständig Schaden abzudecken.

Die Versicherungsnehmerin nahm die Versicherungsmaklerin daher auf Schadensersatz wegen Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung in Anspruch. Erstinstanzlich wies das Landgericht die Klage der Versicherungsnehmerin ab. Gegen dieses Urteil legte die Versicherungsnehmerin Berufung ein.

OLG Hamm verurteilte Versicherungsmaklerin zum Schadensersatz

Die Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das OLG Hamm stellte fest, dass die Versicherungsmaklerin die ihr obliegende Betreuungspflichten verletzt hat, weil sie es versäumt hat, der Versicherungsnehmerin eine Gebäudeversicherung mit einer Versicherungssumme zu vermitteln, die die Wiederherstellungskosten für den zerstörten Altbau vollständig abdeckt. Die Versicherungsmaklerin habe der Versicherungsnehmerin den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

Vorliegen eines Versicherungsmaklervertrages

Die Parteien seien durch einen Versicherungsmaklervertrag verbunden gewesen, so das OLG Hamm. Dieser sei mündlich geschlossen worden, als die für die Versicherungsnehmerin handelnde Mitarbeiterin den für die Versicherungsmaklerin handelnden Geschäftsführer telefonisch mit der Vermittlung von Versicherungen für das umzubauende Gebäude beauftragte.

Verletzung der Beratungs- und Betreuungspflichten

Das OLG Hamm führte weiter aus, dass die Versicherungsmaklerin eine Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung begangen habe. Denn sie habe es versäumt, der Versicherten eine Gebäudeversicherung mit einer – einer Unterversicherung ausschließenden – Versicherungssumme zu vermitteln, die die Wiederherstellungskosten für den zerstörten Altbau vollständig abgedeckt. Insbesondere habe die Versicherungsmaklerin die Versicherungsnehmerin aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsmaklervertrages in Bezug auf den für das Umbauvorhaben nachgefragten Versicherungsschutz umfassend zu beraten und zu betreuen gehabt.

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Pflichten des Versicherungsmaklers

Dem Versicherungsmakler obliegen aus dem Versicherungsmaklervertragsverhältnis weitgehende Pflichten. Üblicherweise werde er nicht nur zum Abschluss des gewünschten Versicherungsvertrags verpflichtet, sondern gelte im Hinblick auf den Versicherungsschutz als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers. Gegenüber dem Versicherten nehme der Versicherungsmakler regelmäßig die Stellung eines treuhänderischen Sachwalters ein (siehe hierzu Sachwalterurteil), so dass ihn weitgehende Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen. Er schulde insbesondere die Beschaffung sowie Aufrechterhaltung eines bestmöglichen Versicherungsschutzes und in diesem Rahmen Beratung und Betreuung seines Auftraggebers. Darüber hinaus habe er den individuellen, für das Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen, wobei er das zu versichernde Risiko eigeninitiativ zu untersuchen und das Objekt zu prüfen hat. Mithin gehöre zu seinen Pflichten unter anderem die Deckungsanalyse, also die Ermittlung der richtigen Versicherungsart und der bedarfsgerechten Versicherungssumme.

Keine sachgerechte Beurteilung der notwendigen Versicherungen

Die Versicherungsmaklerin habe mithin den Auftrag gehabt, die Umbaumaßnahme bestmöglich zu versichern. Sie sei insbesondere verpflichtet gewesen, von sich aus das zu versichernde Risiko zu untersuchen, das Objekt zu prüfen und eine Deckungsanalyse vorzunehmen. Dabei habe sie den vorhandenen Altbau und die für diesen bestehenden Gebäudeversicherung in die gebotenen Überlegungen einbeziehen müssen. Das OLG Hamm stellt klar, dass eine sachgerechte Absicherung ohne dessen Kenntnis nicht zu beurteilen und auch der gebotene Umfang der zu vermittelnden Bauleistungsversicherung nicht sicher zu bestimmen war.

Weiter betonte das OLG Hamm, dass eine Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung auch nicht deswegen wegfalle, weil die Versicherte der Versicherungsmaklerin keine näheren Informationen zu dieser Versicherung beschaffen hat und keinen Versicherungsschein beigebracht hat. In diesem Fall sei die Versicherungsmaklerin nämlich gehalten gewesen, die Versicherungsnehmerin darauf hinzuweisen, dass eine sachgerechte Betreuung des Umbauvorhabens ohne genauere Kenntnis von der bestehenden Gebäudeversicherung nicht zu leisten war. Ein solcher Hinweis sei vorliegend jedoch unterblieben. Damit habe die Versicherungsmaklerin die in Frage stehende Beratungs- und Betreuungspflicht verletzt.

Fazit

Das Urteil des OLG Hamm zeigt nochmals eindrücklich, wie weit die Pflichten eines Versicherungsmaklers gehen können. Gerade in Bezug auf bestehende Altverträge stellt sich oftmals die Frage, wie weit die Pflichten des Versicherungsmaklers gehen. Hierbei wird es oftmals auf den konkret erteilten Kundenauftrag ankommen. Besteht kein konkreter Überprüfungswunsch des Versicherungsnehmers kann eine Beratungspflicht des Versicherungsmaklers im Hinblick auf bestehende Altverträge auch ausscheiden (siehe hierzu Falschberatung des Versicherungsmaklers bei Betreuungsübernahme von Altverträgen (OLG Hamm)). Anders war es jedoch in dem vorliegenden Fall, in dem der Versicherungsnehmer die konkrete Absicherung des Umbauvorhabens wünschte und daher die unterlassene Überprüfung der bestehenden Gebäudeversicherung als Falschberatung zu einer bestehenden Gebäudeversicherung zu werten war.

Es bedarf also stets der genauen Prüfung des Einzelfalles um die Frage der Haftung des Versicherungsmaklers zu klären. Daher kann es sich durchaus empfehlen den konkreten Einzelfall durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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