Jöhnke und Reichow erreicht vor LG Traunstein für Versicherungsvertreter eine Reduzierung der Provisionsrückzahlungsforderung der Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow erreichte vor dem LG Traunstein mit Urteil vom 20.06.2022 (AZ.: 2 HK O 2357/20) für ihren Mandanten eine teilweise Klageabweisung und damit eine erhebliche Reduzierung der Provisionsrückforderung der Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG.

Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG fordert Rückzahlung unverdienter Provisionsvorschüsse

Nach Beendigung des Handelsvertretervertrags bestand zwischen dem Versicherungsvertreter und der Allianz Beratungs- u. Vertriebs- AG Streit über die Rechtmäßigkeit von Provisionsrückforderungen.

Die Abrechnung sämtlicher Provisionsgutschriften und Belastungen zwischen den Parteien erfolgte im Rahmen eines Kontokorrents. Nach Vertragsbeendigung ergab sich hieraus ein negativ- Saldo zulasten des Versicherungsvertreters. Nachdem eine außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien scheiterte, klagte die Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG auf Zahlung des offenen Saldos. Infolgedessen betraute der Versicherungsvertreter die Kanzlei Jöhnke & Reichow mit der Wahrnehmung seiner Interessen.

Verfahren vor dem LG Traunstein

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow argumentierte in dem gerichtlichen Verfahren vor dem LG Traunstein im Wesentlichen wie folgt:

Darlegung der Provisionsrückforderungen

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wies insbesondere darauf hin, dass die seitens der Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG geltend gemachten Provisionsrückforderungen nicht hinreichend substantiiert seien und verwies hierzu auf die entsprechende Rechtsprechung verschiedener Instanzgerichte (siehe hierzu auch: OLG München: Darlegung von Provisionsrückforderungen). Das Versicherungsunternehmen, das einen Rückforderungsanspruch geltend macht, hat danach sämtliche Anspruchsvoraussetzungen konkret dazulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen.

Nachbearbeitungsverpflichtungen seitens der Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG

Außerdem war die Kanzlei Jöhnke & Reichow der Auffassung, dass die Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG ihren Nachbearbeitungsverpflichtungen im Hinblick auf etwaige Beendigungen der vom Versicherungsvertreter vermittelten Versicherungsverträge nicht nachgekommen war. Insofern sei ein Provisionsrückzahlungsanspruch ohnehin wegen § 87 a Abs. 3, S. 2 HGB ausgeschlossen. Strittig war dabei auch gerade der Umfang von Nachbearbeitungsmaßnahmen bei einer Beitragsfreistellung (Siehe auch: BGH: Nachbearbeitungspflichten bei Widerruf oder Beitragsfreistellung ).

In dem Verfahren vor dem LG Traunstein kam es somit entscheidend darauf an, ob die Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG ihrer Nachbearbeitungsverpflichtung nachgekommen war bzw. ob eine derartige Verpflichtung hinsichtlich der jeweiligen Versicherungsverträge überhaupt erforderlich war. Hierzu bedurfte es auch der Vernehmung der einzelnen Versicherungsnehmer im Hinblick auf seitens der Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG behaupteten Nachbearbeitungsmaßnahmen.

Entscheidung des LG Traunstein: Reduzierung der Provisionsrückforderung der Allianz Beratungs- u. Vertriebs-AG um ca. die Hälfte der geltend gemachten Forderung

Das Gericht kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG ihrer Nachbearbeitungsverpflichtungen in vielen Stornofällen nicht vollumfänglich nachgekommen war und sie daher zumindest teilweise die Vertragsbeendigungen und die damit verbundenen Minderprovisionen zu vertreten hatte. Das LG Traunstein wies die Klage auf Rückzahlung der Provision dementsprechend mit Urteil vom 20.06.2022 ca. in Höhe des hälftigen Klagebetrages ab. Nur in wenigen Fällen sah das LG Traunstein die von der Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG behaupteten Nachbearbeitungsmaßnahmen als ausreichend an und betrachtete die Provisionsrückforderung insoweit als begründet. Außerdem sprach das Gericht der Allianz Beratungs-u. Vertriebs-AG auch Provisionsrückforderungsansprüchen im Zusammenhang von sogenannten Eigenverträgen zu, mithin also Versicherungsverträgen von nahen Angehörigen des Versicherungsvertreters.

Fazit:

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow freut sich, dass für ihren Mandanten eine erhebliche Reduzierung der Provisionsrückforderung erreicht werden konnte. Das Verfahren zeigt, dass Provisionsrückzahlungsforderungen gegen einen Versicherungsvertreter nach Beendigung des Versicherungsvertretervertrags entscheidend davon abhängen, ob Nachbearbeitungsverpflichtungen seitens der Versicherung bestehen bzw. ob diese hinreichend erfüllt wurde. Zudem zeigt das Verfahren, dass es im Rahmen von Provisionsrückforderungen auf viele Kleinigkeiten ankommt. Im Streitfall sollte daher stets Rücksprache mit einem im Handelsvertreterrecht fachkundigen Anwalt gehalten werden. Weitere Informationen zu dem Thema Provisionsrückforderung finden sich unter Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren!

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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