Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Beweis der Falschberatung bei der Unterversicherung (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte mit dem Urteil vom 15.10.2004 (AZ: 20 U 94/04) entschieden, ob dem Versicherungsnehmer der Beweis der Falschberatung bei der Unterversicherung gelungen war.

Bewusste Vereinbarung einer Unterversicherung?

Der Versicherungsnehmer unterhielt bei dem Versicherer eine Wohngebäudeversicherung. Vertragsinhalt war dabei zunächst eine geleitende Neuwertversicherung. Nach mehrmaliger Vertragsänderung wurde die Versicherungssumme unter Berücksichtigung des Wertes 1914 auf 9.093 M angesetzt. Dies entsprach zum Zeitpunkt der Änderung der Versicherungssumme 186.496,50 DM. . Nach einem Treffen mit dem Versicherer wurde der Vertrag erneut geändert und unter dem Punkt „Verbundene Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert mit Unterversicherungsverzicht“ ein Betrag von 180.000 DM angegeben. Eine Wertermittlung durch den Wert 1914 wurde danach ausgeschlossen.

Bei einem späteren Brand wurde das Gebäude vollständig zerstört. Infolgedessen wurde der Versicherungswert des Hauses auf 397.213,92 DM bestimmt. Der Versicherer zahlte dem Versicherungsnehmer daraufhin einen anteiligen Schadensausgleich. Weitere Zahlungen lehnte der Versicherer aufgrund der bestehenden Unterversicherung ab, da der Versicherungsneuwert des Hauses erheblich von der Versicherungssumme abwich. Er gab an, dass ihm dies bereits bei Vertragsänderung aufgefallen sei und er den Versicherungsnehmer darauf angesprochen habe. Dabei sei dem Versicherungsnehmer ein Versicherungswert von mindestens 320.000 – 330.000 DM vorgerechnet worden. Eine Anpassung habe der Versicherungsnehmer dennoch abgelehnt. Der Versicherungsnehmer habe die Unterversicherung demzufolge bewusst in Kauf genommen. Es läge daher keine Beratungspflichtverletzung bzgl. der Unterversicherung vor.

Der Versicherungsnehmer gab zunächst an, er sei durch den Versicherer nicht über die bestehende Unterversicherung aufgeklärt worden. Der Versicherer habe den Neuwert von 180.000 DM selbst in den Vertrag aufgenommen. Er selbst hätte dabei betont, dass er nicht wissen würde, wie hoch der Neuwert sei. Er argumentierte daher, dass dem Versicherer eine besondere Beratungspflicht bezüglich des Neuwerts bestanden habe. Diese Pflicht sei durch den Versicherer verletzt worden. Infolgedessen forderte er den vollständigen Ausgleich des Schadens.

Das Landgericht Hamm wies die Klage des Versicherungsnehmers zurück. Dagegen richtete sich die Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm.

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Kein Anspruch auf vollständigen Schadensausgleich als Folge der Unterversicherung

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zugunsten des Versicherers und wies die Berufung des Versicherungsnehmers zurück. Das Oberlandesgericht Hamm führte an, dass die Unterversicherung der Wohngebäudeversicherung nicht auf ein Verschulden des Versicherers zurückzuführen sei. Es sei keine Falschberatung festzustellen.

Vorliegen einer Beratungspflicht des Versicherers?

Das Oberlandesgericht Hamm teilte zunächst die Auffassung des Versicherungsnehmers, dass den Versicherer bezüglich der Unterversicherung eine Beratungspflicht traf (siehe dazu auch: Unterversicherung wegen Verletzung der Aufklärungspflicht (OLG Koblenz)). Der Versicherer hätte bei Vertragsänderung auf die möglichen Konsequenzen einer Unterversicherung hinweisen müssen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass dem Versicherer die Unterversicherung bewusst gewesen sei.

Beweis der Falschberatung bei der Unterversicherung?

Das Oberlandesgericht Hamm stellte fest, dass dem Versicherungsnehmer im fraglichen Fall die Beweislast traf. Der Versicherungsnehmer konnte nach Ansicht des OLG Hamm den Beweis der Falschberatung bei der Unterversicherung aber nicht erbringen.

Insbesondere sei dem Versicherungsnehmer der Beweis nicht im Rahmen seiner persönlichen Anhörung gelungen. Vielmehr könne die Herabsetzung der Versicherungssumme auch auf die bedachte Sparsamkeit des Versicherungsnehmers hindeuten. Der Versicherungsnehmer habe durch eine Unterversicherung eine Erhöhung der Versicherungsprämie vermeiden wollen.

Da es dem Versicherungsnehmer nicht gelungen sei, den Beweis der Falschberatung bei der Unterversicherung zu erbringen, wies das OLG Hamm die Berufung des Versicherungsnehmers zurück. Demzufolge konnte sich der Versicherer erfolgreich auf die Unterversicherung berufen und war nicht mehr zu einer weiterführenden Schadensregulierung verpflichtet.

Fazit zum Urteil des OLG Hamm

Das OLG Hamm verdeutlich die Chancen und Risiken von gerichtlichen Verfahren. Allerdings berücksichtigt das Urteil des OLG Hamm noch nicht die durch die VVG-Reform eingeführte Dokumentationspflicht des Versicherers. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht können nach neuerer Rechtslage zu erheblichen Beweiserleichterungen führen (siehe auch Umkehr der Beweislast bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation (BGH)). Hierdurch sind die Beweismöglichkeiten für Versicherungsnehmer oftmals größer, als bei Beurteilung des Falles zur alten Rechtslage.

Die genauen Chancen und Risiken – auch im Hinblick auf die Beweissituation – richten sich daher stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Weist der Versicherer eine Falschberatung bei der Unterversicherung zurück, so kann es daher durchaus ratsam sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren und mit der Prüfung des konkreten Falles zu beauftragen. Gerne steht Ihnen auch dafür die Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung. Weiter Informationen finden sie unter: Haftung & Beweislast für Beratungsfehler bei der Vermittlung einer Versicherung Nähere Informationen zur Unterversicherung finden Sie auch unter Die Unterversicherung.

Wurden Sie falsch beraten?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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