Der BGH hat mit Urteil vom 13.11.2014 (Az.: III ZR 544/13) zur Frage der Umkehr der Beweislast bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation entschieden.
Ein Versicherungsnehmer verlangte von einem Versicherungsvertreter Schadensersatz aufgrund einer angeblichen Verletzung seiner Hinweis- und Beratungspflicht im Zusammenhang mit der Kündigung einer bestehenden und dem Abschluss einer neuen Lebensversicherung. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte der Versicherungsvertreter zunächst eine bestehende Lebensversicherung des Versicherungsnehmers überprüft. Nach erfolgter Prüfung empfahl der Versicherungsvertreter die Kündigung des Altvertrages. Der Versicherungsnehmer folgte dieser Empfehlung und kündigte daraufhin seine Lebensversicherung. Das Kündigungsschreiben hierfür hatte der Versicherungsvertreter aufgesetzt.
Es kam sodann zum Abschluss einer neuen Lebensversicherung, welche der Versicherungsnehmer allerdings später widerrief, weil er der Ansicht war die neue Lebensversicherung sei ungünstiger als die vorherige Lebensversicherung. Die gekündigte Versicherung konnte jedoch nicht wieder in Kraft gesetzt werden, weswegen der Versicherungsnehmer vom Versicherungsvertreter Schadensersatz verlangte.
Der Versicherungsnehmer berief sich dabei darauf vom Versicherungsvertreter nicht auf die Nachteile einer Kündigung hingewiesen worden zu sein. Insbesondere den Wegfall der Steuerfreiheit, die höhere Prämie aufgrund des höheren Eintrittsalters, den erneuten Anfall von Abschlusskosten und einen geringeren Garantiezins sei er nicht hingewiesen worden. Der Versicherungsvertreter bestritt den Versicherungsnehmer bestritt dies, sodass es streitentscheidend darauf ankam, wer die Beweislast für das Vorliegen der streitigen Hinweise trug.
Der Versicherungsvertreter ist u.a. gem. § 61 Abs. 1 VVG dazu verpflichtet, die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben und dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren. Insbesondere Kapitallebensversicherungen sind nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig kompliziert und damit besonders beratungsbedürftig. Der Versicherungsvertreter muss daher insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen. Geschieht dies nicht liegt eine Verletzung der Beratungspflicht vor (vgl. hierzu auch bereits Beratungspflichten des Versicherungsmaklers bei Umdeckung einer Lebensversicherung).
Der BGH entschied auch, dass es bei einer Missachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers zu einer Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr kommen kann. Wurde ein wesentlicher Hinweis nicht im Ansatz dokumentiert obliegt es dem Versicherungsvermittler zu beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist. Diesen Nachweis konnte der Versicherungsvertreter in dem vom BGH zu entscheidenden Fall nicht liefern.
Haftungsfälle für Versicherungsvermittler (siehe hierzu Die Haftung des Versicherungsvertreters und Die Haftung des Versicherungsmaklers) sind oftmals davon geprägt, dass die Beratungsgespräche in einer 4-Augen-Situation stattfanden. Zeugen sind daher oftmals nicht verfügbar. Bei sich gegenüberstehenden Sachverhaltsdarstellungen des Versicherungsvermittlers und des Versicherungsnehmers entscheidet dann oftmals nicht zuletzt auch die Verteilung der Beweislast, wer am Ende als Sieger aus dem Gerichtsprozess hervorgeht.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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