Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Haftung der Versicherungsmaklerin für die Unterversicherung (OLG Stuttgart)

Das OLG Stuttgart hatte mit dem Urteil vom 30.03.2011 (AZ: 3 U 192/10)  entschieden, ob eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht zu einer Haftung der Versicherungsmaklerin für die Unterversicherung führt.

Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung?

Die Versicherungsnehmerin schloss mit der Versicherungsmaklerin einen Maklervertrag. Besonders vereinbart wurde darin, dass die Versicherungsmaklerin bestehende und neue Verträge der Versicherungsnehmerin auf ihre Richtigkeit überprüfen sollte und alle Versicherungsverträge vermitteln und verwalten sollte. Dafür erteilte die Versicherungsnehmerin der Versicherungsmaklerin auch eine Vollmacht, mit der sie alle Verhandlungen mit den Versicherern übernehmen sollte. Dies umfasste auch die Kündigung, Umdeckung und den Abschluss von Verträgen.

Daraufhin schloss die Versicherungsmaklerin nach der Kündigung alter Verträge neue Versicherungsverträge ab, die eine Gebäude- sowie eine Hochbau- und Betriebszubehörversicherung beinhalteten. Diese versicherte das Gebäude der Versicherungsnehmerin mit einer Versicherungssumme von 4.310,000 DM und das Zubehör mit einer Versicherungssumme von 4.550,000 DM. Dabei wurde die Versicherungssumme des Gebäudes durch die Versicherungsnehmerin von vorherigen 6.426,200 DM zunächst auf 4.272,534 DM herabgesetzt und zuletzt in dem neuen Vertrag auf 4.310,000 DM bestimmt.

Sodann kam es zu einem Brand auf dem Betriebsgelände der Versicherungsnehmerin, wobei ein Schaden von 5.945,238,500 € entstand. Bei der Ermittlung des Schadens ergab sich für die Gebäudeversicherung eine Unterversicherung von 1.326,176,34 € und für die des Zubehörs eine Unterversicherung in Höhe von 527,397,15 €. Die Leistungspflicht des Versicherers beschränkte sich infolgedessen auf 4.091,665,040 €.

Die Versicherungsnehmerin trat ihre Schadensersatzansprüche gegenüber der Versicherungsmaklerin an den späteren Kläger ab. Der Kläger machte daraufhin Ansprüche gegenüber der Versicherungsmaklerin geltend. Er führte an, dass die Versicherungsmaklerin eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht treffen würden, was wiederum zu einer Haftung für die Unterversicherung führe. Das Landgericht Stuttgart gab der Klage in Höhe von 1.168,050,018 € statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Versicherungsmaklerin vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.

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Verpflichtung zu Ersatz des entstandenen Schadens aus der Unterversicherung

Das Oberlandesgericht Stuttgart wies die Berufung der Versicherungsmaklerin zurück. Es führte an, dass bezüglich der Richtigkeit und Vollständigkeit des Urteils des Landgerichts Stuttgarts keine Zweifel bestünden und eine Haftung der Versicherungsmaklerin für die Unterversicherung anzunehmen sei.

Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht

Das Oberlandesgericht Stuttgart stellte zunächst fest, dass Voraussetzung für eine Haftung der Versicherungsmaklerin für die Unterversicherung sei, dass zunächst eine Pflichtverletzung vorliegen müsste. Das Oberlandesgericht war jedoch der Meinung, dass eine solche Pflichtverletzung vorliegenden zu bejahen sei.

Die Versicherungsmaklerin hätte grundsätzlich weitreichende Pflichten zu erfüllen, da sie als treuhänderische Sachverwalterin des betreuten Versicherungsnehmers handele. Dabei sei der Umfang der Beratungspflicht vom Einzelfall abhängig. Besonders sei dabei aber über die effektivste Deckung der möglichen Risiken aufzuklären und diese anzustreben. In Fällen, in den die Ermittlung der Versicherungssumme schwierig sei, treffe die Versicherungsmaklerin entgegen dem Normalfall eine Beratungs- und Aufklärungspflicht. Dies gelte besonders für die Gebäudeversicherung.

Eine Verletzung dieser Pflicht sah das Oberlandesgericht Stuttgart als gegeben an. Die Versicherungsmaklerin hätte nach der Meinung des Oberlandesgerichts Stuttgart bei Abschluss der neuen Verträge eine Überprüfung der angegebenen Versicherungssumme vornehmen müssen. Eine Überprüfung der Versicherungssumme durch die Versicherungsmaklerin war jedoch nicht erfolgt.

Kausalität der Pflichtverletzung für die Unterversicherung

Das Oberlandesgericht Stuttgart führte fort, dass die Pflichtverletzung auch kausal für die Unterversicherung sein müsse. Die Versicherungsmaklerin konnte nach der Meinung des Oberlandesgerichts Stuttgart jedoch nicht nachweisen, dass die Versicherungsnehmerin auch bei fehlerfreier Beratung eine Unterversicherung angestrebt hätte, um sich etwaige Prämien zu ersparen. Es sei nicht ausreichend, dass die Versicherungsnehmerin eine besonders preiswerte Lösung gewünscht hätte. Folglich ging das Oberlandesgericht von einer Kausalität der Pflichtverletzung für die Unterversicherung aus.

Haftung der Versicherungsmaklerin bei der Unterversicherung

Das Oberlandesgericht Stuttgart kam daher zu dem Schluss, dass eine Haftung der Versicherungsmaklerin für die Unterversicherung vorlag. Die Unterversicherung resultiere gerade aus der Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht der Versicherungsmaklerin. Demzufolge sei die Versicherungsmaklerin zur Erstattung des Schadens verpflichtet, der der Versicherungsnehmerin durch die Unterversicherung entstanden sei.

Fazit zum Urteil des OLG Stuttgart

Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart zeigt, dass Versicherungsmakler besonders in Bezug auf die Gebäudeversicherung weitreichende Beratungs- und Aufklärungspflichten treffen können. Kommt es zu einer Verletzung dieser Pflichten, kann eine Haftung der Versicherungsmaklerin bei der Unterversicherung vorliegen.

Es sind jedoch stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen. Daher kann es sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt mit der Prüfung des genauen Einzelfalls zu beauftragen. Gerne steht Ihnen dabei auch die Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung. Weiterführende Informationen finden Sie auch unter Die Haftung des Versicherungsmaklers für Falschberatung Weitere Informationen zur Unterversicherung finden Sie sodann unter Die Unterversicherung

Wurden Sie falsch beraten?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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