Bei möglichen Verstößen gegen das Provisionsabgabeverbot bzw. Sondervergütungsverbot sollte zeitnah juristisch überprüft werden, ob diese Vergütungsmodelle rechtskonform angeboten werden. Ist dies nicht der Fall, sollte ebenso zeitnah juristisch eingeschritten werden, damit der Wettbewerb konkurrenzfähig bleibt.
Das viel diskutierte Provisionsabgabeverbot wurde Gegenstand einer Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln, Urt. v. 11.11.2016, Az. 6 U 176/15). Es ging um die Bewertung des Verbots der Gewährung von Sondervergütungen aus der Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherungen vom 08.03.1934 (siehe hier Provisionsabgabeverbot: Die Anordnungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung aus dem Jahr 1934). Die Kontroverse der rechtlichen Bewertung zieht sich bis heute fort und ist auch weiterhin von enormer Wichtigkeit für die Vermittlerpraxis. Mittlerweile besteht ein ausdrücklich und neuzeitlich geregeltes Verbot in § 48b Abs. 1 VAG. Die Norm ist für den freien Markt und das Wettbewerbsverhalten aller Versicherungsvermittler von gehobener Bedeutung.
Zwei miteinander konkurrierende Versicherungsmakler stritten über die Zulässigkeit eines Wettbewerbsverhaltens. Der Beklagte bot über das Internet seinen Kunden die Möglichkeit, ihre bestehenden Versicherungsverträge zu betreuen. Im Gegenzug sollten die Kunden 50% der Vergütungen (insbesondere Bestandsprovisionen) ausgezahlt bekommen, die das Unternehmen zukünftig erhielt.
Der Kläger wollte einen Unterlassungsanspruch auf §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 und § 3 Abs. 1 UWG sowie auch § 3a UWG stützen. Das Verhalten des Konkurrenten sei ein Verstoß gegen das Verbot der Gewährung von Sondervergütungen der Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherungen vom 08.03.1934. Die Anordnung untersagt den Versicherungsvermittlern, dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren. Die Rechtsverordnungen des Reichsaufsichtsamts galten zum Zeitpunkt des Urteils als Bundesrecht fort.
Es wurde geprüft, ob das Verhalten des Konkurrenten gem. § 3 UWG unlauter ist. Ein unlauterer Verstoß liegt insbesondere dann vor, wenn entgegen § 3a UWG ein Verhalten gegen eine Marktverhaltensregel verstößt. Eine gesetzliche Vorschrift ist als Marktverhaltensregelung zu bewerten, wenn sie auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Jede Tätigkeit auf einem Markt, die der Absatzförderung dient und durch die auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer eingewirkt wird, ist ein Marktverhalten iSd. UWG. Sinn und Zweck der in 1934 eingeführten Norm war es eine Steigerung der Verwaltungskosten der Versicherungsunternehmen zu vermeiden. Damals wurde so der Verbraucherschutz gewährleistet, früher stellte die Norm nach ihrem Zweck eine Marktverhaltensregel dar. Dieses gesetzgeberische Motiv ist aber mittlerweile überholt. Heute dient das Verbot dazu, dass die Vermittler sich nicht untereinander in intransparente Preiskämpfe verwickeln.
Das Verhalten könnte zu unterlassen sein, wenn ein Zuwiderhandeln gegen die Verordnung aus 1934 gesetzeswidrig ist. Das OLG Köln stellte aber – wie auch das VG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.10.2011 – 9 K 105/11.F und auch der BGH v. 17.06.2004 – III ZR 271/03 – fest, dass ein Rechtsgeschäft nur dann nichtig sein kann, wenn sich das Verbot an beide Geschäftspartner richtet. Das alte gesetzgeberische Motiv der Liquidität der Versicherer sowie dem Verbraucherschutz ist aber schon dann genüge getan, wenn einseitig der Versicherungsvermittler sich an das Verbot hält. Fehlerhaftes Verhalten konnte nach der Verordnung mit Bußgeldern geahndet werden, so wäre dem Rechtsfrieden bereits genüge getan, das Rechtsgeschäft muss nicht nichtig werden.
Im Wege der Zweckauslegung der Regelung konnte festgestellt werden, dass das Abgabeverbot aus 1934 nur noch der Markttransparenz und der Qualität der Beratung dienen soll. Die Makler sollten untereinander nicht in stillschweigende Preiskämpfe verwickelt werden, ihre Existenz soll dadurch abgesichert werden, dass nicht im Dunkeln einzelne Vermittler mit besonders günstigen Preisen den gesamten Markt für sich gewinnen können. Entschließt sich ein Vermittler die Provision mit seinem Kunden zu teilen, so handelt er zivil- und wettbewerbsrechtlich zulässig. Ein Unterlassungsanspruch kann nicht auf die Verordnung gestützt werden.
Das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, ist von aktueller Brisanz denn je. Denn für Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler ist es wichtig, dass der Wettbewerb untereinander geschützt bleibt und es nicht zu Verbotshandlungen durch Konkurrenten kommt. Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und die Gewerbeordnung (GewO), letztlich damit auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), werden kostenpflichtig geahndet. Aus diesem Grund ist es wichtig sich mit den genauen Verbotsnormen zu beschäftigen, um gerade nicht gegen das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, zu verstoßen.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke
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