Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben (BGH)

Der BGH hatte sich mit Urteil vom 01.12.2010 (VIII ZR 310/09) mit der Frage zu befassen, ob eine Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben des Versicherers ausreichend sein kann. Hintergrund der BGH-Entscheidung war ein Streit zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler über angeblich unverdient gebliebene Vergütungsvorschüsse.

Standardisierte Mahnschreiben als Mittel der Stornobekämpfung?

In dem Fall des BGH bestand Streit zwischen einem Versicherer und einem Versicherungsvermittler. Der Versicherer verlangte vom beklagten Versicherungsvermittler die Rückzahlung von bereits gezahlten Vergütungsvorschüssen, welche dieses auf der Grundlage einer Zusammenarbeitsvereinbarung gezahlt hatte. Nachdem eine Vielzahl von Versicherungsverträgen storniert wurden, verlangte der Versicherer unverdient gebliebene Vergütungsvorschüsse zurück. Hinsichtlich der eigenen Nachbearbeitungsverpflichtung berief sich der Versicherer auf eine von ihm durchgeführte Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat im Rahmen seiner Entscheidung die Abwehrmöglichkeiten des Versicherungsvermittlers gegen Provisionsrückforderungen des Versicherers klargestellt. Dabei wurde der Umfang der Nachbearbeitungsverpflichtung des Versicherers bzgl. notleidender Versicherungsverträge nochmals verdeutlicht.

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Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters

Ein Anspruch des Versicherungsvertreters auf Provision entsteht erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Handelsvertretervertrag berechnet. Zahlt der Versicherungsnehmer die Prämie nicht, so bleibt der Vergütungsanspruch gleichwohl bestehen, wenn und soweit dies auf Umständen beruht, die der Versicherer nicht zu vertreten hat. Den Versicherer treffen daher umfangreiche Nachbearbeitungspflichten, welche er im Rahmen des Provisionsrückforderungsprozesses auch darzulegen hat (siehe hierzu unser Artikel Darlegung von Provisionsrückforderungen).

Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben

Ein Provisionsrückforderungsanspruch steht dem Versicherer lediglich dann zu, wenn entweder eine Stornogefahrenmitteilung an den Versicherungsvermittler versandt wurde oder der Versicherer eigene Maßnahmen zur Stornobekämpfung ergriffen hat (siehe hierzu ausführlich Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren).

Entscheidet sich der Versicherer selbst tätig zu werden, so muss die Stornobekämpfung des Versicherers den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge genügen. Insofern müssen die Nachbearbeitungsmaßnahmen des Versicherers  nach Art und Umfang vergleichbar zu denjenigen sein, die ein Versicherungsvermittler ebenfalls ergreifen würde. Dies bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Für eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge durch den Versicherer reicht es jedoch nicht aus, wenn der Versicherer lediglich ein Mahnschreiben mit einem Hinweis der Vorteile der abgeschlossenen Versicherung übersendet. Ein solches Schreiben stellt keine ausreichende Maßnahme zur Stornobekämpfung dar, da auch ein Versicherungsvermittler es nicht nur bei einem solchen Schreiben belassen würde. Vielmehr muss der Versicherer daher aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht im Provisionsinteressen des Versicherungsvermittlers weiterführende Maßnahmen ergreifen. Dem BGH zufolge ist hierbei erforderlich, dass der Versicherer aktiv tätig wird und den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft und nachdrücklich anhält. Die Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben reicht hierfür nicht aus.

Fazit

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass eine Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben – jedenfalls soweit es bei einzelnen Mahnschreiben bleibt – nicht ausreichend ist, um als Versicherer eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung durchzuführen. Im  Rückforderungsprozesses hätte der Versicherer daher weitere Maßnahmen darzulegen, damit er seiner Nachbearbeitungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Anderenfalls dürfte der Versicherer keinen Anspruch auf die Rückzahlung der bereits gezahlten Provision zustehen.

Der BGH stärkt mit seinem Urteil die Abwehrmöglichkeit von Versicherungsvermittler gegen Provisionsrückforderung des Versicherers. Versicherungsvermittlern, die mit entsprechenden Provisionsrückforderungen konfrontiert werden, ist daher zu raten, diese Forderungen im Detail zu prüfen und im Falle der Stornobekämpfung durch standardisierte Mahnschreiben auf die Darlegung weiterer Nachbearbeitungsmaßnahmen zu drängen. Erst nach entsprechender Darlegung des Versicherers lässt sich bewerten, ob die Forderung des Versicherers begründet ist.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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