Keine Nachbearbeitungspflicht bei Kleinstornis (OLG Celle)

Das OLG Celle hatte sich mit Urteil vom 28.06.2001 (Az.: 11 U 221/00) mit der Frage der Nachbearbeitungspflicht bei Kleinstornis zu befassen.

Kleinstornis nach Beendigung des Handelsvertretervertrages

Nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages kam es zu Streitigkeiten in Bezug auf Provisionsrückforderungen. Anlass der Streitigkeiten war die Frage, ob die Nachbearbeitungspflichten nach § 87a Abs.3 HGB erfüllt wurden. Der Handelsvertreter berief sich darauf, dass solche Nachbearbeitungsmaßnahmen – also entweder eigene Maßnahmen des Versicherers oder aber Stornogefahrenmitteilungen – zu erbringen gewesen wären. Hiergegen wurden argumentiert, dass solche Maßnahmen entbehrlich gewesen seien, weil es sich um sogenannte Kleinstornis gehandelt habe, also um Provisionsrückforderungen unterhalb von 100,00 DM.

OLG Celle verneint Nachbearbeitungspflicht

Das OLG Celle hat entschieden, dass es bei der Rückforderung geringfügiger Provisionen (also solchen bis zu 100 DM) keiner näheren Darlegung von Stornogründen bedarf. Dies wird damit begründet, dass ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter auch im Zuge einer laufenden Geschäftsbeziehung, eine Nachbearbeitung wegen einer etwa auftretenden Stornogefahr derartiger Kleinverträge vernünftigerweise nicht vorgenommen hätte. Der Aufwand, den es bedeuten würde, in einer solchen Konstellation etwa Stornogefahrmitteilungen zu versenden und Hausbesuche mit dem Kunden zu vereinbaren, steht in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg. Der Handelsvertreter kann in der für eine solche Vorgehensweise benötigten Zeit mit bedeutend höherer Erfolgsaussicht versuchen, Neugeschäft zu vermitteln, als die Rettung eines in Stornogefahr geratenen Kleingeschäftes zu versuchen. Daher verurteilte das OLG Celle den Handelsvertreter dazu die unverdient gebliebenen Provisionsvorschüsse an den Versicherer zurück zu zahlen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Celle vereinfacht Versicherern und Vertriebsgesellschaften die Geltendmachung von Provisionsrückforderungsansprüchen, indem danach bei Kleinstornis weitesgehend auf Nachbearbeitungsmaßnahmen verzichtet werden kann. Allerdings ist anzumerken, dass nicht alle Obergerichte die Auffassung des OLG Celle teilen. Das OLG Brandenburg beispielsweise entschied 2010, dass bei Kleinstornis zwar eine Nachbearbeitungspflicht des Versicherers unwirtschaftlich sein kann, jedoch der Versicherer dem Handelsvertreter trotzdem durch Übersendung einer Stornogefahrmitteilung die Gelegenheit geben muss, über die Nachbearbeitung des notleidenden Vertrages zu entscheiden (siehe OLG Brandenburg: Provisionsrückforderung bei Kleinstornis). Das OLG Düsseldorf hingegen entschied, dass eine Nachbearbeitungspflicht auch bei einem Kleinstorni wirtschaftlich sinnvoll sein kann, um der Kündigung weiterer vom selben Versicherungsnehmer unterhaltener Versicherungsverträge vorzubeugen (siehe hierzu vertiefend OLG Düsseldorf: Nachbearbeitungspflicht auch bei Kleinstornis).

Auch bei Kleinstornis kann es daher durchaus sinnvoll sein, die Begründetheit der Provisionsrückforderung durch einen im Handelsvertreterrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehe hierfür auch die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch unter Rückforderung unverdienter Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren!

Fordert man Provisionen von Ihnen zurück?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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