Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte sich mit der rechtlichen Frage zu befassen gehabt, ob ein Online-Vergleichsportal damit werben darf, dass es „objektive Preisvergleiche” biete, wenn nur die Preise solcher Anbieter verglichen werden, mit denen der Betreiber des Vergleichsportals vertraglich verbunden ist (OLG Hamburg, Urt. v. 09.02.2017 – 3 U 208/15).
Die Antragstellerin betreibt eine Webseite, auf der ein Sterbegeldversicherungsvergleich angeboten wird. Die Antragsgegnerin betreibt ein Internetportal, auf dem die Nutzer eine Vielzahl von Produkten, Dienstleistungen und Versicherungen, u.a. auch Sterbegeldversicherungen, vergleichen können. Sie warb auf diesem Internetportal mit der Angabe „Transparente und objektive Preisvergleiche“.
Die Antragstellerin macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen unlauterer Werbung der Antragsgegnerin mit der Angabe „objektive Preisvergleiche“ geltend. Danach erwarte der Kunde, dass bereits die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen Versicherer nach objektiven Kriterien erfolge, was nicht der Fall sei, wenn nur die Tarife von 14 Versicherern, mit denen die Antragsgegnerin durch eine Provisionsvereinbarung verbunden sei, aufgeführt würden. Dies gelte insbesondere, da es unter den von der Antragsgegnerin nicht einbezogenen Tarifen deutlich günstigere Angebote gebe. Das LG Hamburg hat die einstweilige Verfügung bestätigt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin gemäß § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 und S. 2, § 8 Abs. 1, Abs. 3 UWG einen Anspruch auf Unterlassung der Werbeaussage. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, sie sind Mitbewerber gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Dazu führt das OLG zunächst aus, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein konkretes Wettbewerbsverhältnis nicht nur dann gegeben sei, wenn zwei Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen, sondern es bestehe vielmehr auch dann, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt wird. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Beteiligten sei nach der Rechtsprechung jedenfalls dann gegeben, wenn sie die gleichen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endabnehmerkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen. Das sei hier der Fall, so der Senat.
Das OLG konnte feststellen, dass die angegriffene Werbeangabe der Antragsgegnerin, ihre Vergleichsrechner ermöglichten „objektive Preisvergleiche“, in Bezug auf den Sterbegeldversicherungsvergleichsrechner eine irreführende geschäftliche Handlung darstellt, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt die Antragsgegnerin nur Angebote von sogenannten Partnerunternehmen in den Vergleich einbezogen hat.
Eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Beschaffenheit enthält. Ob eine Irreführung gegeben ist, bestimme sich nach der Rechtsprechung des BGH aus Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.
Weiter führte das Gericht aus, dass die Antragstellerin folgendes Verkehrsverständnis vorgetragen habe: Der Verkehr verstehe unter einem „objektiven Preisvergleich“ einen Vergleich, in dessen Rahmen die am Markt vertretenen Versicherer zumindest in einer Anzahl, die für den Markt repräsentativ sei, nach ihrem Preis verglichen würden, ohne dass zuvor eine von subjektiven Aspekten geleitete Vorauswahl der stattgefunden hätte. Dies sei zutreffend. Der durchschnittliche Verbraucher verstehe unter einem Vergleichsrechner, welcher „objektive Preisvergleiche“ ermöglicht, einen solchen, der ihm unparteiisch und unbeeinflusst Angebote aufzeigt, und nicht ausschließlich Tarife präsentiert von Kooperationsunternehmen, die an die Antragsgegnerin Provisionen zahlen. Die so verstandene Werbeangabe „objektive Preisvergleiche“ sei irreführend, weil die Antragsgegnerin eine Vorauswahl dergestalt vornimmt, dass sie ausschließlich Tarife ihrer Kooperationsunternehmen anbietet, abschließend das OLG Hamburg.
Die Entscheidung des OLG Hamburg ist überzeugend und nachvollziehbar, zumal Vermittler in der Versicherungsbranche relativ häufig wettbewerbswidrige Werbeaussagen verwenden.
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow hatte in Rahmen dieser Thematik bereits ein Urteil des OLG München vom 16.1.2020 (Az. 29 U 1834/18) besprochen (siehe HIER). In dem Fall hatte es zu entscheiden, ob ein Versicherungsmakler mit Mehrheitsbeteiligung einer Versicherung mit “neutral und unabhängig” werben darf. Das Ergebnis: Nein!
Festzustellen ist in diesen Fällen, dass Gerichte solche Werbeaussagen von Versicherungsmaklern kritisch sehen und dieses im Einzelfall auch stringent überprüfen. Versicherungsmakler sollten daher genauestens prüfen, ob die Verwendung entsprechender Claims zu Rechtsproblemen führen kann. Unabdingbar ist dabei eine anwaltliche (Vor-) Prüfung der avisierten Werbeaussagen. Denn nicht selten landen diese Angelegenheit vor Gericht. Rein Thematisch sollten Versicherungsvermittler im Rahmen der zulässigen vergleichenden Werbung auf darauf achten, stets die entsprechenden Versicherungstarife zu beschreiben. Denn auch hierbei kann es zu vielen rechtlichen Problemen kommen.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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