Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnt Versicherungsmakler ab! (LG Köln)

Der klagende Verband – der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – ist in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.

Versicherungsmakler wird abgemahnt

Der beklagte Versicherungsmakler verfügt über eine Zulassung als Versicherungsmakler gemäß § 34d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GewO. Der Makler wirbt auf der von ihm betriebenen Internetseite mit Beratungsdienstleistungen, die er als Versicherungsmakler anbiete:

„Die Beratung und Vertragsvermittlung durch den Versicherungsmakler ist durch eine Courtage abgegolten. In den meisten Produkten ist eine Courtage (Provision) enthalten, welche nicht separat zu zahlen ist. Für zusätzliche Dienstleistungen können Honorare vereinbart werden, welche eine separat zu zahlende Forderung sind. Sie erhalten ein Widerrufsrecht zu jenen Vergütungsabreden. Rückvergütungen an oder Provisionsweitergaben sind ausgeschlossen, da gem. § 48b VAG verboten. Die Beratung ohne Vermittlung durch den Versicherungssachverständigen erfolgt durch eine Honorarvereinbarung. Liegt keine Honorarvereinbarung vor, wird als Taxe die JVEG Anlage 1 (meistens HG 6.1) zu Grunde gelegt. Abgerechnet wird nach Minuten, wobei die Gesamtforderung gem. § 8 II JVEG auf die volle Stunde angerechnet wird. Vertragsvermittlung ist gem. §4 XI UStG von der Umsatzsteuer befreit. Reine Beratungs-Honorare sind USt-pflichtig.“

Der Verband mahnte den Versicherungsmakler ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Makler wies die Ansprüche zurück. Der Verband erhob so dann Klage vor dem Landgericht Köln (Az. 33 O 15/23).

Was waren die Argumente des Verbandes und des Maklers?

Der Verband sah in der Tätigkeit des Maklers einen lauterkeitsrechtlichen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung. Der Versicherungsmakler verstoße gegen das Tätigkeitsverbot des § 34d Abs. 3 GewO‚ in dem er als zugelassener Versicherungsmakler auch Beratungsleistungen anbiete. Der Verband forderte, dass der Makler keine Versicherungsberatung ohne Vermittlungsziel mehr anbiete, ohne über eine Zulassung nach § 34d Abs. 2 GewO als Versicherungsberater zu verfügen.

Der Makler war der Auffassung, er dürfe mit seiner Zulassung als Versicherungsmakler Kunden zu Versicherungen beraten, ohne ihnen den Versicherungsvertrag zu vermitteln. Dies ergebe sich aus der EU-Richtlinie (EU) 2016/97 über den Versicherungsvertrieb (IDD) sowie aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 31.05.2018 (C 542116. VersR 2019, 165). Bei der Beratungspflicht handle es sich um die Hauptleistungspflicht des Versicherungsmaklers, welche grundsätzlich nicht abbedungen werden könne.

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Welche Auffassung vertrat das LG Köln dazu?

Das LG Köln gab der Klage des Verbandes statt (LG Köln, Urt. v.  15.06.2023 – 33 O 15/23). Der Makler verstoße gegen das Tätigkeitsverbot aus § 34d Abs. 3 GewO. Denn wer als Versicherungsvermittler tätig ist, dürfe nicht als Versicherungsberater tätig sein und umgekehrt.

Versicherungsvermittler ist, wer gewerbsmäßig den Abschluss von Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen vermitteln will (§ 34d Abs. 1 Satz 1 GewO). Versicherungsvermittler ist gemäß § 34d Abs. 1 Satz 2 GewO, wer (1.) als Versicherungsvertreter eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen oder eines Versicherungsvertreters damit betraut ist, Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen oder (2.) als Versicherungsmakler für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherungsunternehmen oder einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.

Versicherungsberater ist gemäß § 34d Abs. 2 Satz 2 GewO, wer ohne von einem Versicherungsunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein (1.) den Auftraggeber bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen im Versicherungsfall auch rechtlich berät, (2.) den Auftraggeber gegenüber dem Versicherungsunternehmen außergerichtlich vertritt oder (3.) für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt. Der Versicherungsberater darf sich seine Tätigkeit nur durch den Auftraggeber vergüten lassen; Zuwendungen eines Versicherungsunternehmens im Zusammenhang mit der Beratung, insbesondere auf Grund einer Vermittlung als Folge der Beratung, darf er nicht annehmen (§ 34d Abs. 2 Sätze 3 und 4 GewO).

Nach § 34d Abs. 3 GewO gilt das sogenannte Trennungsprinzip, so dass sich die Erlaubnisse als Versicherungsvermittler nach Absatz 1 und als Versicherungsberater nach Absatz 2 gegenseitig ausschließen. Dadurch soll die Wahrung der Unabhängigkeit des Versicherungsberaters von der Versicherungswirtschaft gewährleistet werden. Die Vorschrift des § 34d Abs. 3 GewO dient dem Verbraucherschutz. Zugleich dient sie dem Schutz der Wettbewerber, denn ein Versicherungsmakler kann sich bei Verletzung des Trennungsgebots einen ungebührlichen Vorteil gegenüber Wettbewerbern verschaffen.

Verstoß des Maklers gegen das Trennungsprinzip?

Das Gericht bejahte einen Verstoß des Maklers gegen das Trennungsprinzip aus § 34d Abs. 3 GewO. Denn der Makler biete über seine Internetseite Tätigkeiten als Versicherungsberater im Sinne von § 34d Abs. 2 GewO an, ohne über die entsprechende Erlaubnis dafür zu verfügen.

Der Versicherungsmakler grenze auf seiner Internetseite zwar die beiden Tätigkeiten voneinander ab, indem er anbietet als Versicherungsmakler oder als Versicherungssachverständiger tätig zu werden, die „Beratung und Vertragsvermittlung durch den Versicherungsmakler […] durch eine Courtage abgegolten“ sei und „die Beratung ohne Vermittlung durch den Versicherungssachverständigen […] durch eine Honorarvereinbarung“ erfolge. Jedoch gehe ein durchschnittlicher Verbraucher bei den Aussagen des Beklagten „Beratung ohne Vermittlung“ gegen „Honorar“ von einer objektiven, neutralen Tätigkeit, mithin einer „Beratertätigkeit“ im Sinne von § 34d Abs. 2 GewO aus.

Es handle sich nicht lediglich um die Beratung des Beklagten im Zuge bzw. im Vorfeld einer Vermittlung; denn die Werbung des Beklagten ist so zu verstehen, dass eine Vermittlung im Falle der Beratung „durch den Versicherungssachverständigen“ gegen Honorar gerade nicht stattfinden soll. Es handle sich um eine Art der Beratung, die – so wie sie hier beworben wird – aufgrund ihrer Eigenheiten dem § 34d Abs. 2 GewO und nicht dem § 34d Abs. 1 GewO zuzuordnen sei. Der Beklagte ist jedoch als Inhaber einer Zulassung als Versicherungsmakler nicht hinreichend neutral und unabhängig, wie es dem gesetzlichen Leitbild des Beraters nach § 34d Abs. 2 GewO entspricht.

Vogelperspektive über Hamburg

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Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zu diesem und ähnlichen Fällen auf dem Vermittler-Kongress am 18.01.2024 referieren. Die digitale Veranstaltung ist für Vermittler kostenfrei. Hier geht es zur

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Fazit und Hinweise für Versicherungsmakler

Das Urteil ist kaum nachvollziehbar. Denn das Landgericht Köln wertet die Darstellungen des Versicherungsmaklers dahingehend, dass ein Verbraucher die Dienstleistungsangebote des Versicherungsmaklers „vermischt“. Das Gericht zieht darunter in nicht nachvollziehbarer Weise den Schluss, der Verbraucher erwarte von dem Versicherungsmakler eine „Beratertätigkeit im Sinne von § 34d Abs. 2 GewO“. Ein solche wurde durch den Versicherungsmakler in diesem Fall jedoch getrennt dargestellt und angeboten, und zwar im Rahmen seiner Dienstleistung als Sachverständiger. Bei einem Sachverständigen gibt es jedoch keine Courtage bzw. Provision zu verdienen, wie bei einem Versicherungsmakler. Deswegen müssen diesen Tätigkeiten selbstverständlich getrennt voneinander angeboten werden können, was bei der vorliegenden Werbung des Versicherungsmaklers der Fall war. Glücklicherweise liegt dieses Urteil des LG Köln zur Überprüfung beim OLG Köln als Berufungsinstanz. Es wird beim OLG Köln unter dem Aktenzeichen 6 U 103/23 geführt. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird über diesen Rechtsstreit weiter berichten.

Das Landgericht Bremen hatte bereits einen ähnlichen Fall zu entscheiden. Hierbei warb der Versicherungsmakler auf seiner Internetseite mit „unabhängiger Beratung“ (LG Bremen, Urt. v. 11.07.2023 – Az. 9 O 1081/22). Die Besprechung dieses ebenso nicht nachvollziehbaren Urteils ist nachstehend zu finden: Können Versicherungsmakler mit „Unabhängigkeit“ im Internet werben? (LG Bremen)“. Diese Entscheidung des LG Bremen liegt dem Oberlandesgericht Bremen als Berufungsinstanz zur Überprüfung vor. Es wird beim OLG Bremen unter dem Aktenzeichen 2 U 102/23 geführt. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird auch über diesen Rechtsstreit weiter berichten.

Zu diesem Themenbereich sind nachstehend weiterführende Urteilsbesprechungen zu finden: „Unabhängigkeit des Vermittlers“.

Bestehen nun akute Abmahngefahren für Versicherungsmakler?

Für Versicherungsmakler, welche auf der Webseite mit „Unabhängigkeit“ bzw. einer Tätigkeit als Sachverständiger mit entsprechendem Honorarangebot werben, bestehen durchaus hohe Abmahngefahren. Drohen könnte eine Inanspruchnahme durch Konkurrenten oder zum Beispiel auch Verbraucherverbände, wie in diesem vorliegenden Fall durch den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv).

Versicherungsmakler sollten in vergleichbaren Fällen restriktiv ähnlichen Formulierungen zum Thema „Unabhängigkeit“ und „Honoraren“ umgehen und – rein aus Vorsichtsgründen – entsprechende Formulierungen von der Webseite entfernen. Solange der BGH nicht grundlegend zu dieser Thematik entschieden hat, können keine rechtsverbindlichen Einschätzungen zur werblichen Gestaltung der Webseite abgegeben werden.

Worauf sollte bei Abmahnungen zwingend geachtet werden?

Abmahnungen sollten stets ernst genommen werden. Ebenso sollten die gesetzten Fristen beachtet werden. Da jede Abmahnung im Einzelfall anwaltlich überprüft werden sollte, sollte zwingend zeitnah ein Rechtanwalt konsultiert werden. Es empfiehlt sich dabei auf versierte Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz zurückzugreifen, da Abmahnungen durchaus eine rechtliche Sondermaterie sind. Keinesfalls jedoch sollte der Abgemahnt mit dem Abmahnenden Kontakt aufnehmen, um die Angelegenheit zu besprechen. Fehler lassen sich später kaum noch ausräumen, so dass zwingend ein Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz aufgesucht werden sollte.

Ein Überblick hinsichtlich des Ablaufs wettbewerbsrechtlicher Verfahren ist nachstehend zu finden:

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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