CHECK24 hat Umgehung des Provisionsabgabeverbots zu unterlassen (LG München)

Das LG München verpflichtete CHECK24 mit Urteil vom 04.02.2020 zur Unterlassung von unlauteren Wettbewerbshandlungen (Az.: 33 O 3124/19). Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) klagte den Internetmakler an und argumentierte, dass CHECK24 mit den beworbenen „Jubiläums-Deals“ gegen das Provisionsabgabeverbot verstößt.

Die Jubiläums-Deals von Check24

CHECK24 bietet als Versicherungsmakler die Vermittlung von Versicherungsverträgen über ihr Online-Portal sowie ihrer App an. Im Zeitraum vom 20.09. bis 10.10.2018 wurde in dem Portal und der App mit einem „Versicherung Jubiläums Deal“ geworben. Es wurden „Gratis Monate“ und eine Gutschrift von Monatsbeiträgen beworben. Dies wurde durch eine Geldzahlung geleistet, die nach Vertragsabschluss an die Kunden überwiesen wurde. Für die Teilnahme qualifiziert waren ausschließlich CHECK24-Kunden, die online einen Versicherungsvertrag mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr abgeschlossen haben. In den Teilnahmebedingungen wurde angeführt, dass dies keine Reduzierung des versicherungsvertraglich geschuldeten Beiträge sein soll oder eine Zuwendung des Versicherungsvermittlers. Dies sah das LG nicht so und gab der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage statt.

Wettbewerbsverstoß: Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot

Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch kann gem. § 8 Abs. 1, 3 UWG erwirkt werden. Wenn gleichsam gegen eine EU-Wettbewerbsrichtlinie verstoßen wird, so ist das marktschädigende Verhalten ebenfalls nach § 8a UWG zu unterlassen. Wirbt ein Versicherungsmakler mit Sonderaktionen wie „Gratis Monaten“ und Gutschriften, so kann dies einen Wettbewerbsverstoß darstellen, und zwar dann, wenn dieses Angebot ausschließlich bei dem anbietenden Makler zu erwerben ist und eben nicht bei konkurrierenden Marktteilnehmern. Es fragte sich, ob dieses konkrete Verhalten von CHECK24 als ein Verstoß gegen das Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot gemäß § 48b VAG und § 34d Satz 6, Satz 7 GewO zu bewerten ist. Eine unzulässige geschäftliche Handlung im wettbewerbsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn sie unlauter gem. § 3a UWG ist.

Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung?

Unlauter handelt gemäß § 3a UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und ein Verstoß dazu geeignet ist, die Verbraucherinteressen und die Interessen von Mitbewerben spürbar zu beeinträchtigten. Das LG erkannte an, dass das Provisionsabgabeverbot eine solche Marktverhaltensregelung darstellt. Dies ergibt sich aus dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers. Das Verbot der Provisionsabgabe gem. § 48b VAG und § 34d GewO untersagt den Versicherungsmaklern den Versicherungsnehmern aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen.

Bewerbung von „Gratismonaten“ und Gutschriften von Monatsbeiträgen unlauter?

Nach § 48b Abs. 2 VAG sind insbesondere Sondervergütungen unlauter. Eine Sondervergütung ist die unmittelbare oder mittelbare Zuwendung neben den im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungen, insbesondere die Provisionsabgabe und Rabattierung auf angebotene Dienstleistungen. Das LG München musste diese Voraussetzung auslegen, um festzustellen in welchem Umfang das Verhalten der CHECK24 GmbH hierunter zu fassen ist.

Der Regelungsgehalt wurde als äußerst weit ausgelegt, so dass die Zusatzleistungen nicht unmittelbar mit dem Abschluss eines Versicherungsvertrags zusammenfallen müssen, sondern auch mittelbare Sonderzuwendungen ausreichend sind. Aufgrund dessen konnte sich CHECK24 nicht darauf berufen, dass die Geldauszahlung nicht für den Vertragsabschluss als solchen erfolgte, sondern für die Nutzung des Kundenkontos auf der Plattform. Der innere Zusammenhang zwischen Benutzung des Kundenkontos und Vertragsabschluss ist aber so eng, dass das eine nicht ohne das andere stattfinden kann.

Unter Zugrundelegung eines weiten Normverständnisses wird demnach für die so erwirkten Vertragsabschlüsse eine Sondervergütung an den Endkunden gewährt. Es ist ausweislich des Normzwecks ist es zu unterlassen, gegenüber den Kunden aufgrund einer Geldgewährung einen Fehlanreiz zu schaffen, der zu einem übereilten Vertragsschluss führen kann. Auch das reine Bewerben von solchen Sonderaktionen ist zu unterlassen, denn dies stellt ein tatbestandliches „Versprechen“ der Sondervergütung dar. Der Verbraucher soll schlichtweg vor Fehlanreizen bewahrt werden. Die Handlungen von CHECK24 sind unlauter gewesen.

Verfassungskonformität dieser Rechtsauslegung?

CHECK24 versuchte ihre unlauteren Praktiken durch verfassungsrechtliche Bedenken zu verteidigen. Es sollte ein Verstoß gegen ihre Berufsfreiheit aufgrund der Wirkung der Verbotsnorm geltend gemacht werden. Verbotsnormen führen grundsätzlich immer zu einem Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 6 EUV, Art. 15 Abs. 1 GRCh geschützte Berufsfreiheit. Jedoch werden Verfassungsgüter nicht grenzenlos geschützt und sind insofern beschränkbar.

Eine Einschränkung muss aber verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sein. Es lag kein schwerwiegender Eingriff in die Berufsfreiheit vor. Denn Regelungen, die die Art und Weise der Berufsausübung regeln, können bereits durch entgegenstehende vernünftige Gemeinwohlerwägungen gerechtfertigt sein. Der Gesetzesbegründung hinter dem Sondervergütungsverbot liegen keine verfassungsrechtlichen Erwägungen zu Gemeinwohlbelangen zugrunde. Jedoch ist das Leitmotiv der Schutz des Verbrauchers vor Fehlanreizen durch Versicherungsunternehmen. Angesichts der Anforderungen an ein hohes Verbraucherschutzniveau gem. Art. 38 GRCh liegt ein schützenswerter Gemeinwohlbelang vor. Der Verbraucherschutz ist ein Belang des Gemeinwohls. Nur wenn offensichtlich die Verbotsnormen nicht zur Erreichung des Gemeinwohlzwecks geeignet und erforderlich sind, kann ein verfassungsrechtlicher Verstoß angenommen werden. Hierzu konnte CHECK24 nichts vortragen. Eine Einschränkung der Berufsfreiheit ist somit aufgrund der entgegenstehenden Verbraucherbelange zu rechtfertigen. Der Unterlassungsanspruch ist voll durchsetzungsfähig.

Vergleichsweise Urteile zur dieser Thematik

Ähnlich verhielt es sich bei der Unterlassungsklage der BaFin gegen einen Internetmakler im Jahr 2011. Am 24.10.2011 urteilte das VG Frankfurt, dass Versicherungsvermittler von Lebensversicherungen ihre Provisionen an Kunden weitergeben dürfen (Az.: 9 K 105/11 F). Zu dieser Zeit war die einzige einschlägige Rechtsgrundlage noch eine Rechtsverordnung aus 1934 (Provisionsabgabeverbot: Die Anordnungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung aus dem Jahr 1934). Sie enthielt das Sondervergütungsverbot.

Der § 48b VAG wurde erst mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 zum Juli 2017 eingeführt. Dies führte in einem weiteren Prozess am VG Frankfurt zu einer vom vorher genannten Urteil abweichenden Beurteilung der Rechtslage (Az.: 7 L 3307/18.F). Das Geschäftsmodell von dem beklagten Onlinemakler „Gonetto“ sah vor, den Endkunden gegen eine Gebühr die Provisionen aus ihren Versicherungsverträgen zu erstatten. Eine tatbestandliche Abgabe von Provisionen an den Endkunden lag vor. Im Verlauf des Prozesses wurde geklärt, ob sich die Internetmakler auf die Ausnahmeregelung des § 48b Abs. 4 VAG berufen können und so vom Provisionsabgabeverbot wieder ausgenommen zu werden. Hierfür sei allerdings eine dauerhafte Prämienreduzierung erforderlich, die insbesondere bei Werbeaktionen und einmal Provisionszahlungen nicht vorliegt.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Von besonderer Wichtigkeit ist dieses Urteil, weil der Onlinemakler CHECK24 nunmehr keine kerngleichen Aktionen mehr durchführen darf. Vergleichsweise unfairen Wettbewerb betrieb CHECK24 bereits mit ihrer „Nirgendwo Günstiger Garantie“. Es wird auch weiterhin damit zu rechnen sein, dass Versicherungsvermittler

Das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, ist von aktueller Brisanz denn je. Denn für Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler ist es wichtig, dass der Wettbewerb untereinander geschützt bleibt und es nicht zu Verbotshandlungen durch Konkurrenten kommt. Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und die Gewerbeordnung (GewO), letztlich damit auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), werden kostenpflichtig geahndet. Aus diesem Grund ist es wichtig sich mit den genauen Verbotsnormen zu beschäftigen, um gerade nicht gegen das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, zu verstoßen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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