Betriebsschließungsversicherung: Anspruch auch bei durchgehender behördlich bedingter Betriebsunterbrechung (LG Feldkirch)

Das LG Feldkirch (Österreich) urteilte am 04.08.2020 (Az.: 57 Cg 51/20 t – 14) zum Anspruch auf die Versicherungsleistung aus der Betriebsschließungsversicherung bei durchgehender behördlich bedingter Betriebsunterbrechung.

Der Sachverhalt vor dem LG

Der Kläger betreibt ein Hotel, für welches er eine Betriebsausfallversicherung schloss. Versichert ist die Betriebsschließung infolge Seuchengefahr durch das Covid-19-Virus aufgrund des Epidemiegesetzes. Es erging am 14.03.2020 eine Verordnung aufgrund des Epidemiegesetzes, welche eine Betriebsschließung der Hotelbetriebe vorsah und am 16.03.2020 dazu führte. Diese Verordnung wurde am 27.03.2020 wieder aufgehoben. Abgelöst wurde die Verordnung durch eine andere Verordnung, die auch das Betreten von Beherbergungsbetrieben als Tourist bis einschließlich 13.04.2020 verbot. Der Versicherer leistete aufgrund der angeordneten Schließung vom 16.03.2020 bis zum 27.03.2020. Der Kläger fordert auch die Leistung für den Zeitraum vom 27.03.2020 bis zum 13.04.2020.

Rechtliche Wertung

Die Klausel des Versicherers hinsichtlich der versicherten Gefahr lautet wie folgt:

„Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass aufgrund des Epidemiegesetzes in der letztgültigen Fassung der im Antrag bezeichnete Betrieb von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Seuchen geschlossen wird.“

Unstreitig lag dies in der Zeit vom 13.04.2020 bis zum 27.03.2020 vor. Es stellte sich die Frage, ob das Betretungsverbot von Beherbergungsgebieten einer Betriebsschließung gleichzustellen ist. Ebenfalls wie im deutschen Recht sind die Versicherungsbedingungen objektiv so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Zwar handelt es sich bei einem Betretungsverbot nicht um eine Betriebsschließung, aber diese kommt einer Betriebsschließung gleich. Für den Versicherungsnehmer ist der erkennbare Sinnzusammenhang, dass die Verordnung der Verhinderung der Pandemieausbreitung dienen soll. Das Gericht entschied, dass über den Wortlaut hinaus der erkennbare Zweck der Klausel zu berücksichtigen ist und der Versicherungsnehmer davon ausgehen kann, dass bei ein und derselben Ausgangsgefahrenlage der Versicherungsschutz nicht nachträglich entfalle.

Unterschied zu deutschen Klauseln

Vergleichsweise stellt sich die Auslegung einer solchen Klausel als einfach dar, denn diese verweist ausdrücklich auf das Epidemiegesetz in seiner aktuellen Fassung. Dahingegen stellt sich die Auswertung der in Deutschland verbreiteten Klauseln, welche sich auf das Infektionsschutzgesetz beziehen, aber eine eigene Auflistung von versicherten Krankheitserregern enthalten, als deutlich schwieriger dar (LG Flensburg, Urteil v. 10.12.2020 – 4 O 153/20).

Fazit und Hinweis für die Praxis

In Zeiten von Corona kann ein Begehungs- bzw. Beherbergungsverbot für Touristen ebenfalls einer Betriebsschließung gleichstehen. Die in Deutschland üblichen Klauseln sind deutlich schwieriger zu handhaben als die jeweilig vergleichbaren Klauseln in österreichischen Versicherungspolicen.  Im Einzelfall ist zu klären, ob Ihnen ihr Versicherungsschutz zusteht. Um zu klären, für welche versicherten Gefahren ihr Versicherer einzustehen hat, sollte stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht betraut werden. Die typischen Klauseln in Versicherungswerken sind oft verschieden auszulegen, es wird immer darauf geachtet, was der Versicherungsnehmer verstehen und erwarten kann.

Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Betriebsunterbrechungsversicherung“ zusammengefasst. Insbesondere mit Blick auf die Covid-19 Pandemie gab es einige Rechtsprechungen, welche wir Ihnen unter Betriebliche Versicherungen zusammengefasst haben.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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