Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Beratungspflicht bei Übernahme des Altvertrages (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte sich mit Beschluss vom 12.08.2015 (Az.: 20 U 149/15) mit der Beratungspflicht bei Übernahme des Altvertrages zu befassen.

Inanspruchnahme des Versicherers aus der Gebäudeversicherung

Die Eltern der Versicherungsnehmerin waren die ursprünglichen Nießbraucher eines Gebäudes und Versicherungsnehmer einer Gebäudeversicherung einschließlich Zubehör und Versicherungsschutz gegen Leitungswasserschäden. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmung, Hochwasser oder Witterungsniederschläge oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau.

Mit dem Tod der Eltern wurden alle Versicherungen betreffend das Gebäude auf die Versicherungsnehmerin als Eigentümerin überschrieben. Am 12.10.2010 übersandte der Gebäudeversicherer der Versicherungsnehmerin den auf ihren Namen umgeschriebenen Versicherungsschein zu. Eine gesonderte Beratung fand in diesem Zuge nicht statt.

Es kam am 20.06.2013 zu starken Regenfällen. Infolgedessen floss Wasser in das Untergeschoss des versicherten Gebäudes. Die Versicherungsnehmerin meldete das Schadensereignis, woraufhin der Versicherer sich auf einen Ausschluss von Elementarschäden berief. Die Versicherungsnehmerin forderte den Versicherer erneut zur Regulierung des Versicherungsfalles auf und erklärte, dass ein Rohrbruch vorgelegen habe. Hierzu behauptet sie, dass ein Rohrbruch darin liege, dass die Verschlusskappe am Rohr unter dem Druck des Leitungswassers abgesprungen sei und dass die Kellerräume bis zu einem Wasserstand von 50 cm vollgelaufen seien. Dies sei geschehen, weil das Hausabwasser zur Kanalisation wegen zurückstauenden Niederschlagwasser nicht abfließen konnte.

Die Versicherungsnehmerin ist des Weiteren der Ansicht, der Versicherer schulde ihr Schadensersatz wegen Verletzung der Beratungspflicht aus § 6 Abs. 5 VVG. Sie sei vom Versicherer nicht korrekt beraten worden, da sie bei der Übernahme des Altvertrages auf ihren Namen nicht auf die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit des Versicherungsschutzes hinsichtlich Elementarschäden hingewiesen worden sei. Sie machte hierzu geltend, dass mit Übersendung des Versicherungsscheins im Jahre 2010 ein Neuvertrag geschlossen wurde.

Die Versicherungsnehmerin klagte vor diesem Hintergrund auf Entschädigungsleistungen vor dem LG Essen. Das Gericht wies die Klage jedoch ab. Nun streiten die Parteien vor den OLG Hamm über die Zahlungspflicht des Versicherers.

Keine Zahlungspflicht des Versicherers

Das OLG Hamm war davon überzeugt, dass die Berufung der Versicherungsnehmerin keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Versicherer könne sich nämlich sowohl auf den Ausschluss der Schäden durch Witterungsniederschläge berufen als auch auf das Fehlen einer Beratungspflicht.

Rechtmäßige Berufung auf Ausschlussklausel

Zunächst habe nach dem maßgeblichen Deckungsumfang der Versicherung kein versichertes Schadensereignis vorgelegen, so das OLG Hamm. Denn der Versicherer könne sich auf den Ausschluss berufen, wonach sich der Versicherungsschutz gegen Leistungswasser ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen unter anderem nicht auf Schäden durch Witterungsniederschläge erstreckt.

Der Senat stellte darüber hinaus fest, dass die Ausschlussklausel wirksam ist und bereits nach ihrem Wortlaut eine bloße Mitverursachung ausreichen lässt. Die Klausel halte zudem einer Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle stand, sie sei insbesondere weder überraschend, noch benachteilige sie den Versicherungsnehmer unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

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OLG Hamm lehnt Beratungspflicht bei bloßer Übernahme des Vertrages ab

Ferner stehe der Versicherungsnehmerin kein Deckungsanspruch gegen den Versicherer wegen der Verletzung von Beratungspflichten zu. Hierzu führte das OLG Hamm aus, dass für den Versicherer im Rahmen der Übernahme des Altvertrages durch die Versicherungsnehmerin im Jahre 2010 gerade keine vorvertragliche Beratungspflicht nach § 6 Abs.1 VVG bestanden habe, da die Versicherungsnehmerin nach dem Versterben ihres Vaters lediglich in das bestehende Versicherungsverhältnis eingetreten sei.

Das OLG Hamm lehnte mithin eine vorvertragliche Beratungspflicht des Versicherers bei bloßer Übernahme des Altvertrages durch die Versicherungsnehmerin ab. Zwar würde sich eine Beratungspflicht aus der Umstellung des bisherigen Vertrages auf einen neuen Vertrag ergeben, sowie bei weitgehenden Vertragsänderungen, die es erforderlich machen, die gegenwärtige Situation des Versicherungsnehmers in großem Umfang zu durchleuchten.

Nach Auffassung des OLG Hamm liege ein neuer Vertrag allerdings nur dann vor, wenn der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbstständige, neue Grundlage zu stellen und nicht lediglich einzelne Regelungen des Vertrages zu modifizieren. Dabei müsse der maßgebliche Wille der Vertragsparteien aus den gesamten Umständen des Falles ermittelt werden und seinen Niederschlag darüber hinaus in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen finden. Insbesondere die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, wie etwa des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien oder der Gesamtversicherungssumme spreche für einen neuen Vertrag.

Nach Auffassung des Gerichts sei der Abschluss eines Neuvertrages jedoch deshalb zu verneinen, weil die Versicherungsnehmereigenschaft bereits in Ansehung des Todes des Vaters der Versicherungsnehmerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf sie übertragen worden ist. Demzufolge handele es sich bei der Umstellung der Versicherungsnehmereigenschaft auf die Versicherungsnehmerin lediglich um eine Änderung des ursprünglichen Vertrages und damit um keine Novation. Eine Aufhebung des alten Vertrages und die Begründung eines neuen Vertrages sei vielmehr erst dann anzunehmen, wenn ein entsprechender Parteiwille deutlich hervortritt. Dieser erforderliche Wille der Parteien dürfe aufgrund der weitreichenden Folgen eines Neuabschlusses auch nicht unterstellt werden, so das OLG Hamm.

Auch eine anlassbezogene Beratungspflicht des Versicherers nach § 6 Abs.4 VVG habe nicht vorgelegen.

Fazit

Eine Beratungspflicht des Versicherers bei Übernahme des Altvertrages kann ausscheiden, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag kraft gesetzlicher Regelung übernimmt. Anders kann es aber durchaus sein, wenn ein neuer Versicherungsvertrag begründet wird. Daher kann es sich durchaus empfehlen, die genauen Umstände des Einzelfalles durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch Haftung und Beweislast für Beratungsfehler bei Vermittlung einer Versicherung unter und Die Haftung des Versicherungsmaklers

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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