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Beweis des Unfallhergangs (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte mit dem Urteil vom 10.05.2023 (AZ: 20 U 265/22) zu entscheiden, ob widersprüchliche Angaben des Versicherungsnehmers dazu führen können, dass der Beweis des Unfallhergangs nicht erbracht worden ist.

Widersprüchliche Angaben zum Unfallhergang

Der Versicherungsnehmer unterhielt eine Unfallversicherung. Aufgrund eines angeblichen Sturzes begehrte er eine Invaliditätsleistung. Der Versicherungsnehmer übermittelte dem Versicherer hierzu zunächst eine eigens ausgefüllte Unfallanzeige. In dieser gab er an, er sei auf einem unebenen Gelände gestürzt und habe sich mit dem rechten Arm abgefangen. Dabei sei er auf der rechten Schulter aufgekommen. Nach dem Unfall habe er sich bei seinem Hausarzt vorgestellt. Zusätzlich reichte er einen von einem Facharzt ausgefüllten Bogen ein. Angaben zum Unfallgeschehen enthielt dieser nicht.

Daraufhin beauftragte der Versicherer einen weiteren Facharzt zur Erstellung eines Gutachtens zum Invaliditätsgrad. Der Versicherungsnehmer machte bei dem Gutachten laut des Facharztes keine Angaben darüber, dass seine Schulter ausgekugelt sei. Eine Dokumentation einer Verrenkung sei zudem auch nicht vorhanden. Der Facharzt konnte daher keinen durch einen Unfall verursachten Dauerschaden feststellen. Infolgedessen lehnte der Versicherer die Erbringung einer Invaliditätsleistung ab.

Daraufhin gab der Versicherungsnehmer abweichend von seiner ersten Unfallschilderung an, er sei von einer Heuballenpyramide aus ca. 3 Metern Höhe auf einen geschotterten Platz gefallen und habe sich dabei die Schulter ausgekugelt. Der Versicherer verweigerte die Leistung erneut.

Der Versicherungsnehmer reichte daraufhin ein neues Gutachten eines weiteren Facharztes ein und behauptete nunmehr auch, dass sein anwesender Cousin ihm die Schulter direkt nach dem Sturz wieder eingerenkt habe. Am Folgetag habe er sich bei einem bisher nicht genannten Arzt vorgestellt. Der Versicherer zweifelt die neue Schilderung des Versicherungsnehmers an. Sein Misstrauen folge aus den widersprüchlichen Angaben über den Unfall.

Der Versicherungsnehmer erhob daher Klage vor dem zuständigen Landgericht. Das Landgericht wies die Klage des Versicherungsnehmers jedoch ab. Gegen das Urteil des Landgerichts legt der Kläger Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm ein.

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Kein Anspruch auf die Invaliditätsleistung

Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufung des Versicherungsnehmers jedoch zurück. Es bestünde kein Anspruch des Versicherungsnehmers auf die geforderte Invaliditätsleistung.

Anforderungen an den Beweis des Unfallhergangs

Das Oberlandesgericht stellt fest, dass der Versicherungsnehmer schon den Nachweis einer unfallbedingten Invalidität nicht erbringen konnte (siehe hierzu auch: Nachweis der Invalidität nach einem Unfall (LG Erfurt)). Für den Nachweis eines Versicherungsfalles müsse der Versicherungsnehmer nämlich den Beweis des Unfallhergangs erbringen. Hierzu würde es jedoch nicht ausreichen, wenn der Versicherungsnehmer das äußere Bild eines Unfalls aufweise. Vielmehr müsse er das Gericht von dem Unfallgeschehen überzeugen, sodass keine groben Zweifel mehr vorlägen.

Zweifel bei der Gesamtwürdigung der Beweisaufnahme

Die von dem Versicherungsnehmer aufgeführten Zeugen hätten zwar das Unfallgeschehen, wie vom Versicherungsnehmer dargestellt, bestätigen. Es bestünden aber Zweifel an einer Glaubwürdigkeit der Zeugen. Es lägen grobe Unstimmigkeit der Aussagen des Versicherungsnehmers und der Zeugen vor. Eine Erklärung der Unstimmigkeiten sei durch den Versicherungsnehmer nicht erfolgt. Dies führe nicht zu einem gänzlichen Ausschluss der Glaubwürdigkeit. Es sei aber festzustellen, dass nach der Beweiserhebung Zweifel an dem geschilderten Unfall verblieben.

Besonders hervorzuheben seien dabei auch die widersprüchlichen Angaben des Versicherungsnehmers zum Unfallereignis, die im Verlauf mehrfach geändert wurden. Der Versicherungsnehmer habe die Angaben erst nach der Ablehnung der Invaliditätsleistung geändert. Der Grund der Änderung konnte der Versicherungsnehmer nicht darlegen.

Nach Ansicht des OLG Hamm bestünde auch die Möglichkeit einer Konstruktion des Unfallgeschehens. Dies resultiere sowohl aus den widersprüchlichen Angaben des Versicherungsnehmers wie den Aussagen der Zeugen, die unglaubwürdig erschienen. Eine nachträgliche Konstruktion des Unfalls sei zwar nicht eindeutig festzustellen, führe aber zu erheblichen Zweifeln zu den vom Versicherungsnehmer geschilderten Unfallhergang. Daher sei der Versicherer nicht verpflichtet Leistungen aus der Unfallversicherung zu erbringen.

Fazit zur Entscheidung des OLG Hamm

Das Urteil des OLG Hamm zeigt wie wichtig es ist, möglichst klare und eindeutige Angaben zum Unfallgeschehen zu machen. Bestehen Zweifel zum Unfallgeschehen, so kann dies dazu führen, dass der Versicherungsnehmer einen Nachweis des Unfallgeschehens nicht erbracht hat. Gleichwohl sind natürlich stets die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles zu beachten. Sollte es also zu einer Ablehnung der Invaliditätsleistung kommen, da der Versicherer Zweifel an den Schilderungen zum Unfallhergang hat, kann es sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt zu kontaktieren. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter: Unfallversicherung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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