Notwendige Voraussetzung für Invaliditätsleistungen in der Unfallversicherung ist stets der Nachweis der Invalidität nach einem Unfall. Häufig besteht Streit darüber, ob der Versicherungsnehmer hinreichend dargelegt hat, dass eine Invalidität überhaupt eingetreten ist (LG Erfurt, Urt. v. 09.12.2021 – Az. 8 O 53/21).
Der Kläger macht Invaliditätsleistungen aus seiner Unfallversicherung gegen die beklagte Versicherung geltend. Nach Angaben des Klägers kam es am 25.09.2018 zu einem Arbeitsunfall: Eine Holzplatte sei auf seinen Zeh gefallen, so dass dieser amputiert werden musste.
Diesen Unfall zeigte er schriftlich bei seiner Versicherung an und fügte zwei Berichte der behandelnden Kliniken an. In den Versicherungsbedingungen wurde ausdrücklich folgendes vereinbart: „Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein.“
Der Unfallanzeige wurden keine ärztlichen Atteste angehangen. Die Versicherung verweigerte die Leistung und stützte sich darauf, dass der Zeh des Versicherungsnehmers letztlich aufgrund seiner Diabetes und infolge eines diabetischen Fußsyndroms entfernt werden musste. Der Kläger wandte hiergegen ein, dass die Berichte der Kliniken deutlich machen, dass die Amputation auf den Unfall zurückzuführen ist.
Das LG Erfurt wies die Klage ab. Damit der Unfallversicherer einstandspflichtig wird, müssen die wesentliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein. In den Unfallversicherungen ist regelmäßig vorgesehen, dass die Invalidität durch eine ärztliche Invaliditätsfeststellung festgestellt wird. Welche Anforderungen an eine solche Feststellung zu stellen sind, hat der BGH fest umrissen und fordert eine ärztliche Feststellung, die Ursache der Invalidität angeben und die Art ihrer Auswirkungen. Es muss die Ursache und ihre Wirkung eindeutig festgestellt werden.
Dem Entlassungsbrief des Klinikums ist nicht zu entnehmen, dass ein unfallbedingter Dauerschaden oder eine Invalidität festgestellt wurde. Der Feststellung des Klinikums liegt ebenfalls die Feststellung eines diabetischen Fußes zugrunde. In dem Arztbrief des weiteren behandelnden Klinikums ist nur festgeschrieben, dass der große Zeh infolge eines traumatischen Ereignisses verletzt wurde. Es wurde keine dauerhafte Beeinträchtigung festgestellt.
Der Versicherungsnehmer hat bis zum Entscheidungstermin keine ärztliche Feststellung einer dauerhaften unfallbedingten Invalidität erbracht. Die Versicherung hatte den Versicherungsnehmer allerdings nicht auf die erforderlichen zu erbringenden Nachweise gem. § 186 VVG hingewiesen, so dass der Versicherungsnehmer bis zum letzten Zeitpunkt eine Invaliditätsfeststellung hätte einreichen können. Der Versicherer konnte sich nicht auf ein Fristversäumnis berufen. Dies war aber letztlich unerheblich, denn es wurden keine Nachweise erbracht.
Die Entscheidung überzeugt, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen müssen nun mal erfüllt sein, damit der Versicherer überhaupt in die Leistungsverpflichtung kommt. Verweigert die Versicherung jedoch die Leistung wegen einer Berufsunfähigkeit oder sonstiger Invalidität, sollte umgehend ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Die eigenen Ansprüche können gewahrt werden, wenn die erforderlichen Nachweise fristgerecht erbracht werden.
Weitere Informationen und Rechtsprechung sind im Bereich „Unfallversicherung“ zu finden.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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