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Vorinvalidität durch das Tragen einer Brille (OLG Düsseldorf)

Das OLG Düsseldorf hatte sich mit Urteil vom 30.03.2004 (Az.: 4 U 37/03) mit der Frage zu befassen, ob eine Vorinvalidität durch das Tragen einer Brille entstehen kann und damit im Rahmen der Bestimmung der Invaliditätsleistung in der Unfallversicherung zu berücksichtigen ist.

Augenschaden durch Unfall

Der Versicherungsnehmer schloss eine Unfallversicherung ab. Grundlage der Unfallversicherung waren die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen, sowie die „Besonderen Bedingungen für die Unfall-Rente plus Zusatzleistung bei einem Invaliditätsgrad ab 50%”. Der Versicherer hatte danach ab einer 50%-igen Invalidität eine monatliche Unfallrente, sowie eine Einmalzahlung in Höhe der zehnfachen monatlichen Unfallrente zu zahlen. Die versicherte Invaliditätssumme belief sich auf 180.000 DM. Die Gliedertaxe sah für den vollständigen Funktionsverlustes eines Auges einen Invaliditätsgrad von 50% vor.

Bei einem Arbeitsunfall erlitt der Versicherte eine schwere Prellung des rechten Augapfels, die zum nahezu vollständigen Verlust des Sehvermögens rechts führte. Der Versicherer kam jedoch nur zu einem Invaliditätsgrad von 47%. Von dem in der Gliedertaxe vereinbarten Invaliditätsgrad von 50% für den vollständigen Funktionsverlust eines Auges nahm er einen Brillenabschlag von 3% vor, weil der Versicherte bereits vor dem Unfall eine Brille trug. Der Versicherer verweigerte daher die Zahlung einer Unfallrente und auch die Einmalzahlung. Der Versicherungsnehmer erhob daraufhin Klage.

Brillenabschlag gerechtfertigt?

Das Oberlandesgericht Düsseldorf verneinte im vorliegenden Fall einen Brillenabschlag. Das Tragen einer Brille begründe zwar grundsätzlich eine Vorinvalidität und rechtfertige daher einen Brillenabschlag. Da aber die Funktionsbeeinträchtigung für jedes Auge gesondert zu ermitteln ist, könne nur eine frühere Beeinträchtigung des beim Unfall verletzten Auges als Vorinvalidität gewertet werden.

Nach der Rechtsprechung des BGH sei bei der Beurteilung der Gebrauchsfähigkeit eines Auges zwar grundsätzlich von der durch das Tragen einer Brille korrigierten Sehkraft auszugehen. Jedoch sei hiervon ein Abschlag für die Gebrauchsminderung zu machen, die sich aus der Notwendigkeit des Tragens einer Sehhilfe und den damit generell verbundenen Belastungen ergibt. Gehe man mit der Rechtsprechung davon aus, dass in einem solchen Fall ein Brillenzuschlag geboten ist, habe dies aber zwangsläufig zur Folge, dass eine durch eine Sehhilfe ausgeglichene Einbuße an Sehkraft bei der Entschädigung eines nachfolgenden Unfalls anspruchsmindernd in Ansatz zu bringen ist.

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Abzug wegen Vorinvalidität ungerechtfertigt

Dies besage indes nicht, dass ein Abzug wegen Vorinvalidität stets geboten ist, wenn der Geschädigte vor der unfallbedingten Beeinträchtigung seiner Sehkraft bereits Brillenträger war. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz komme in Betracht, wenn der Geschädigte die Sehhilfe allein zur Behebung der Gebrauchsminderung des anderen, vom späteren Unfall nicht betroffenen Auges benötigte, oder wenn die daneben bestehende Minderung auf dem nachfolgend geschädigten Auge so geringfügig war, dass sie – isoliert betrachtet – die Verordnung einer Sehhilfe nicht gerechtfertigt hätte.

Gesonderte Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigung für jedes Auge

Die Beeinträchtigung des anderen Auges könne nicht als Vorinvalidität des später verletzten Auges gewertet werden, zumal die Funktionsbeeinträchtigung für jedes Auge gesondert zu ermitteln ist. Wenn daneben dennoch das nachfolgend verletzte Auge korrigiert wurde, falle das nicht mehr ins Gewicht, sofern dessen Vorschädigung belanglos war. Es könne zu Gunsten des Versicherten nicht ausgeschlossen werden, dass die Dinge im Streitfall auch so liegen, dass ein Brillenabschlag nicht in Betracht käme.

Ausweislich des Gutachters habe die unkorrigierte Sehleistung des unbeschädigten linken Auges bei 0,1 gelegen, was einer Minderung der Gebrauchsfähigkeit von 17/25 entspreche. Dagegen sei die Sehkraft es rechten Auges vor dem Unfallereignis nicht mehr aufzuklären.

Somit gehe es zu Lasten des Versicherers, dass der Grad der Minderung der Sehkraft des rechten Auges vor dem Unfall nicht mehr feststellbar ist. Bei einer Vorinvalidität handele es sich nämlich um eine Einwendung, für die der Versicherer nach den allgemeinen Beweislastregeln beweispflichtig ist.

Fazit

Erleidet der Versicherungsnehmer einen Unfall, durch den seine Augen geschädigt werden, und trug er vorher bereits eine Brille, so kann es eine Vorinvalidität durch das Tragen einer Brille zu berücksichtigen sein. Allerdings kommt es dabei darauf an, wie die Sehkraft des jeweiligen Auges vor dem Unfall war. Es besteht also nicht stets eine Vorinvalidität durch das Tragen einer Brille.

Nimmt der Versicherer nach einem Unfall einen Brillenabschlag vor, so kann es daher durchaus sinnvoll sein die Leistungsentscheidung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter: Die Progression in der Unfallversicherung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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