Das LG Bremen hatte mit Urteil vom 25.11.2022 (Az.: 8 O 264/22) über die Frage zu entscheiden, welchen Nachweis des Einbruchsdiebstahls der Versicherungsnehmer in einer Hausratversicherung erbringen muss. Kritisch ist dies gerade dann, wenn Einbruchsspuren fehlen.
Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand eine Hausratsversicherung. Grundlage des Versicherungsvertrages waren die Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen. Im März 2021 erstattete der Versicherungsnehmer eine Strafanzeige aufgrund eines behaupteten Einbruchsdiebstahls. Daraufhin beauftragte der Versicherer ein Sachverständigenbüro mit der Feststellung des Versicherungsfalls.
Der Versicherungsnehmer behauptet, es seien von 22. – 28. März 2021 unbekannte Täter in seinen Kellerraum eingebrochen. Dabei hätten die Täter eine Designer-Jacke, sowie vier Autofelgen entwendet. Der Wert der entwendeten Gegenstände belaufe sich auf 5.700,00 Euro. Der Kellerraum sei verschlossen gewesen und die Täter hätten das Schloss entwendet. Daneben hätten die unbekannten Täter auch weitere Kellerräume aufgebrochen. Den Einbruch habe der Versicherungsnehmer schließlich am 28. März 2021 bemerkt. Auf dieser Grundlage machte der Versicherungsnehmer Ansprüche aus der Hausratversicherung geltend.
Der Versicherer bestritt mit Nichtwissen,
Der Versicherer behauptete sogar, der Versicherungsnehmer hätte den Versicherungsfall nur vorgetäuscht. Dagegen wandte sich der Versicherungsnehmer und erhob Klage vor dem LG Bremen.
Für die Entstehung eines Anspruchs auf Leistung der Hausratversicherung muss eine versicherte Sache in Folge eines Einbruchsdiebstahls abhandengekommen sein. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt grundsätzlich der Versicherungsnehmer. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat in Fällen von Einbruchsdiebstählen jedoch eine Beweiserleichterung entwickelt, bei der dem Versicherungsnehmer in einer Sachversicherung Erleichterungen für den Beweis des Vorliegens eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls zugebilligt werden, da sich das Leistungsversprechen des Versicherers auf einen typischerweise unbeobachteten Vorgang bezieht.
Vor diesem Hintergrund genügt der Versicherungsnehmer der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht, wenn er das „äußere Bild“ zureichend darlegen und beweisen kann, mithin ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Versicherungsfall zulassen. Der Nachweis des äußeren Bildes gelingt regelmäßig mit dem Nachweis von Einbruchsspuren. Diesbezüglich wird aber keine völlige Plausibilität oder Stimmigkeit der nachgewiesenen Spuren vorausgesetzt. Im Falle eines behaupteten Einbruchsdiebstahls in Gestalt eines Eindringens mithilfe von Werkezeugen hat der Versicherungsnehmer jedenfalls solche Spuren zu beweisen, die gerade damit in Einklang gebracht werden können und sich deswegen als geeignete Einbruchsspuren erweisen, so das LG Bremen. Hinsichtlich des „Ob“ des Diebstahls wird nicht nur das schlichte Vorhandensein des Diebstahls verlangt. Vielmehr muss ein Mindestmaß an Tatsachen vorliegen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung den Schluss auf die bedingungsgemäße Entwendung zulassen.
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Unter Zugrundelegung des genannten Maßstabs für den Nachweis des äußeren Bildes konnte sich der Versicherungsnehmer im vorliegenden Fall nach Ansicht des LG Bremen allerdings nicht auf die Beweiserleichterung berufen. Denn es gab gerade keine typischen Einbruchsspuren, wie etwa Hieb- und Kratzspuren, bei deren bloßen Vorhandensein auf einen Einbruchsdiebstahl zu schließen wäre. Vielmehr sei die Tür zu dem Kellerraum geöffnet worden, das Vorhängeschloss fehle und zuvor sei auch in weitere Kellerräume eingebrochen worden.
Fehlen Einbruchsspuren, ist der Nachweis des äußeren Bildes eines versicherten Einbruchsdiebstahls nicht allein dadurch geführt, dass es theoretisch Einbruchsmethoden gibt, die keine Spuren hinterlassen, so das Landgericht Bremen. Im Falle fehlender Einbruchsspuren lässt sich der erforderliche Mindestbeweis jedoch führen, indem nachgewiesen wird, dass von mehreren möglichen Begehungsweisen der Tat, die nicht versicherten Begehungsweisen unwahrscheinlich sind, sofern sich daraus und aus weiteren Umständen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die versicherte Begehungsweise folgern lässt.
Das Landgericht Bremen hatte hierzu auch den Versicherungsnehmer selbst anzuhören. Der Versicherungsnehmer machte zwar im Rahmen seiner Anhörung detaillierte und konsistente Angaben zu dem Erwerb der Designer-Jacke und zu den Hintergründen des Erwerbs der Auto-Felgen. Zum relevanten Kerngeschehen, der Entdeckung des Einbruchsdiebstahls und des Herbeirufens der Polizei fiel seine Aussage hingegen detailarm und unstimmig aus. Dieser Umstand löste große Verwunderung beim LG Bremen aus. Die eigentliche Entdeckung des vermeintlichen Diebstahls der für den Versicherungsnehmer bedeutenden Designer-Jacke und Auto-Reifen hätte nämlich mit einer hohen Emotionalität seitens des Versicherungsnehmers einhergehen müssen. Im Übrigen war es dem Versicherungsnehmer weder möglich, die vermeintliche Entdeckung des Diebstahles widerspruchsfrei zu schildern, noch das Geschehen zeitlich korrekt einzuordnen.
Insgesamt ließ sich die Aussage des Versicherungsnehmers in keinen logisch räumlich-zeitlichen Zusammenhang einordnen und war von einer Vielzahl von Widersprüchen gekennzeichnet, sodass das Landgericht Bremen von der Wahrheit der Behauptung nicht überzeugt war. Daher wies das Landgericht Bremen die Klage des Versicherungsnehmers ab.
Der Versicherungsnehmer steht bei einer Entwendung von versicherten Sachen oftmals vor erheblichen Nachweisproblemen. Die Frage, ob der Versicherungsnehmer den Nachweis eines Einbruchsdiebstahls erbracht hat, beschäftigt daher immer wieder die Gerichte (siehe hierzu auch Hausratversicherung: Einbruchdiebstahl nur bei Nachweis tatsächlich verschlossenen Gebäudes (OLG Dresden)). Wichtig ist daher, dass der Versicherungsnehmer zumindest das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls schlüssig vortragen kann. Lehnt der Versicherer trotzdem eine Leistung ab, so kann es durchaus sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren. Gerne steht hierfür auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie u.a. auch unter Hausratversicherungen und Wohngebäudeversicherungen.
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