Das OLG Frankfurt a.M. (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.05.2022 – Az. 7 U 168/16) hatte sich mit den Aufklärungspflichten des Versicherungsvertreters bezüglich Lücken im Versicherungsschutz einer Unfallversicherung auseinander zu setzen. Anlass war ein Fall, in welchem der Versicherungsvertreter einen Versicherungsnehmer, der aktiv Rennsport als Grasbahnwagenrennen-Beifahrer betrieb, nicht auf den Ausschluss vom Versicherungsschutz bzgl. Unfällen bei der Teilnahme Rennveranstaltungen aufgeklärt hatte.
Der Versicherungsnehmer wünschte den Abschluss einer Unfallversicherung und wandte sich hierfür an einen Versicherungsvertreter. Der Versicherungsnehmer teilte dem Versicherungsvertreter dabei mit, dass er selbst aktiv Rennsport als Grasbahnwagenrennen-Beifahrer betreibt und an nationalen und internationalen Rennen teilnahm. Anschließend kam es zur Vermittlung einer Unfallversicherung. In den Versicherungsbedingungen der vermittelten Unfallversicherungen war der Versicherungsschutz für Unfälle anlässlich der Teilnahme an Rennveranstaltungen ausgeschlossen. Hierauf wies der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer jedoch vor Abschluss der Unfallversicherung nicht gesondert hin.
Nach einem Unfall bei einer Rennveranstaltung lehnte der Versicherer Leistungen aus der Unfallversicherung unter Berufung auf den Ausschluss in den Versicherungsbedingungen ab. Daraufhin macht der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherungsvertreter Schadensersatzforderungen geltend.
Das OLG Frankfurt a.M. führte zunächst aus, dass eine allgemeine Pflicht, den Versicherungsnehmer von sich aus zu belehren, grundsätzlich nicht bestünde. Wenn das Verhalten des Versicherungsnehmers ein Bedürfnis nach näherer Aufklärung erkennen lässt, muss ihm jedoch entsprochen werden.
Zwar muss derjenige, der einen Versicherungsvertrag abschließt, mit möglichen Deckungslücken rechnen, der Vermittler muss aber dann über Deckungslücken aufklären, wenn der Versicherungsnehmer erkennbar irrige Annahmen über den Umfang des Versicherungsschutzes hat.
Hier hatte der Versicherungsvertreter Kenntnis von der Rennfahrtätigkeit und musste daher erkennen, dass der Versicherungsnehmer von der Versicherbarkeit seines Hobbys ausging. Der Versicherungsvertreter hätte demnach auf den Deckungsausschluss in der Unfallversicherung hinweisen müssen. Da er dies nicht getan hatte, hatte der Versicherungsvertreter seine Beratungspflicht verletzt. Das OLG Frankfurt a.M. verurteilte den Versicherungsvertreter daher entsprechend zum Schadensersatz.
Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. zeigt, dass auch Versicherungsvertreter Aufklärungspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer treffen können. Diese bestehen nach der gesetzlichen Regelung des § 61 VVG, aber gerade anlassbezogen. Das OLG Frankfurt a.M. bejahte daher keine generelle Pflicht zur Aufklärung über den Ausschluss bzgl. der Teilnahme an Rennveranstaltungen, sondern nur, da erkennbar war, dass dieser Ausschluss für den konkreten Versicherungsnehmer relevant war. Vergleichbar hatte sich bereits das OLG Hamm zur Aufklärung über eine Tresorklausel in der Hausratversicherung geäußert (vgl. Beratungspflichten des Versicherungsvertreters über Tresorklausel in Hausratversicherung (OLG Hamm)).
Weitere Informationen zu den Pflichten des Versicherungsvertreters finden Sie unter Die Haftung des Versicherungsvertreters
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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