Unterlassungsanspruch aus der DSGVO? (LG Wiesbaden)

In einem Streit vor dem LG Wiesbaden (Urt. v. 22.01.2022 – Az. 10 O 14/21) wurde nun geklärt, ob ein genereller zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch aus der DSGVO besteht, nach dem die Datenverarbeitung für die Zukunft zu unterlassen wäre. Anlass war die Fragestellung, wie die Regelung des Art. 17 DSGVO auszulegen ist. In der Datenschutzgrundverordnung  wird dem Datenberechtigten danach ein Anspruch auf Löschung seiner Daten gewährt.

Datenverarbeitung durch Betrieber einer Website

Eine Website erhob die Daten der Kunden und hat diese in zahlreiche Dienste eingebunden wie unter anderem Google Tag Manager, Google Analytics, Google Fonts, Google Recaptca, Youtube & Facebook. Der Kläger war mit dieser Datenverarbeitung nicht einverstanden und machte daraufhin gegen den Betreiber der Website einen Unterlassungsanspruch geltend.

Kein Unterlassungsanspruch aus der DSGVO

Das LG Wiesbaden wies die Klage als unbegründet ab, denn die DSGVO sieht lediglich einen Löschungsanspruch aus Art. 17 DSGVO vor, aber keinen Unterlassungsanspruch.

Die DSGVO wurde als europäische Richtlinie als Gemeinschaftsrecht vollharmonisiert (gilt in allen europäischen Ländern gleich und verbindlich). Das bedeutet für die Rechtsanwendung, dass die nationalen Regelungen (BGB) nicht zur Anwendung kommen, wenn das vorrangige EU-Recht einen Sachverhalt regelt. In Art. 79 Abs. 1 DSGVO ist ausdrücklich vorgesehen, dass datenschutzrechtliche Streitigkeiten nicht nach allgemeiner Zivilgerichtsbarkeit zu beurteilen sind. Somit entfaltet die DSGVO Sperrwirkung gegenüber dem allgemeinen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog. Die Anspruchsgrundlagen der DSGVO sind abschließend und somit besteht nur ein Recht auf Löschung und gerade kein Unterlassungsanspruch.

Ein allgemeiner zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog kann daher neben dem Löschungsrecht der DSGVO nicht bestehen. Die Regelungen der DSGVO sind abschließend und verdrängen die Regelungen des BGB.

Fazit zum Urteil des LG Wiesbaden

Datenschutzrechtliche Sachverhalte sind allein aufgrund der DSGVO zu lösen. Allgemeine Regelungen des BGB werden verdrängt, wenn eine Regelung der DSGVO den Sachverhalt regelt, so zumindest das LG Wiesbaden.

Das LG München hatte diesbezüglich eine andere Einschätzung. Denn das Gericht hatte sich jüngst mit der Frage zu befassen gehabt, ob die unerlaubte Weitergabe der dynamischen IP-Adresse des Klägers durch die Beklagte an Google eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach § 823 Abs. 1 BGB darstellt. In diesem Zusammenhang hatte es auch zu prüfen, ob der Einsatz von Schriftartdiensten wie Google Fonts auf eine Rechtsgrundlage aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gestützt werden kann. Im Ergebnis bejahte das LG München einen Anspruch nach § 823 Abs. 1 i. V. m. § 1004 BGB analog. Die entsprechende Urteilsbesprechung kann hier nachgelesen werden: Unerlaubte Weitergabe der dynamischen IP-Adresse verletzt Recht auf informationelle Selbstbestimmung! (LG München) Deshalb sollte im Umgang mit sensiblen Daten ein Fachanwalt für Informationstechnologierecht konsultiert werden.

Weitere datenschutzrechtliche Themen und Rechtsfälle können hier nachgelesen werden: DATENSCHUTZRECHT.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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