Konkludenter Abschluss eines Handelsvertretervertrages (BGH)

Der BGH hat mit Urteil vom 14.03.1991 (Az.: I ZR 201/89) darüber entschieden, ob ein Handelsvertretervertrag auch konkludent abgeschlossen werden kann.

Sachverhalt

Eine italienische Herstellerin von Schuhen verhandelte und korrespondierte zunächst mit einem Unternehmen über den Vertrieb im Großhandel in Deutschland. Schließlich kam es zu der Vorlage eines Vertragsentwurfs. Anschließend veröffentlichte man in einer Fachzeitschrift einen Bericht über die Vertretung der Herstellerin in Deutschland. Zeitgleich wurden Anzeigen veröffentlicht, um Handelsvertreter für den weiteren Vertrieb in mehreren Bezirken zu akquirieren.

Mittels eines Schreibens äußerte die Herstellerin Bedenken über den Alleinvertrieb durch das Unternehmen und bat um ein Gespräch zur Klärung. In diesem Gespräch äußerte die Herstellerin, dass sie kein Interesse an dem Alleinvertrieb durch das Unternehmen habe. Zudem kam es zu einer Unterzeichnung einer Zahlungsverpflichtung, in Bezug auf die bereits vertriebenen Schuhe.

In verschiedenen gerichtlichen Verfahren machte die Herstellerin Geldforderungen gegen das Unternehmen geltend. Gegen diese Forderungen machte das Unternehmen Schadensersatz wegen Provisionsverlusten und hilfsweise Schadensersatzforderungen wegen Verschulden der Herstellerin bei den Vertragsverhandlungen geltend. Nach Ansicht das Unternehmens war zwischen den Parteien ein Handelsvertretervertrag zustande gekommen, welcher durch die Herstellerin ohne wichtigen Grund fristlos gekündigt worden war (siehe „Die Beendigung des Handelsvertretervertrages“).  Die Herstellerin hingegen behauptet mit dem Unternehmen lediglich in der Weise zusammengearbeitet zu haben, dass jeweils einzelne Kaufverträge geschlossen worden sein.

Im Wesentlichen war für den Ausgang des Rechtstreits entscheidend, ob zwischen den Parteien ein Handelsvertretervertrag entstanden war. Dies hatte das Berufungsgericht angenommen. Auf die Revision der Herstellerin hat, hatte sich der BGH mit der Fragestellung zu befassen.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass ein Handelsvertretervertrag nicht förmlich und ausdrücklich in einem Vertrag niedergelegt sein muss, sondern auch sich aus einer tatsächlichen Handhabung ergeben kann. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig.

Entscheidend für die Frage, ob ein Handelsvertreterverhältnis begründet worden ist, ist das Gesamtbild der Beziehung der Vertragsparteien zueinander. Nach den gesetzlichen Reglungen des § 84 Abs. 1 HGB wird vorausgesetzt, dass der Handelsvertreter für den Unternehmer in dessen Namen und aus dessen Rechnung handelt. Diese Voraussetzungen wurden in dem zu entscheidenden Fall nicht erfüllt. Das Unternehmen trat im eigenen Namen auf und Verkaufte die Schuhe zudem auf eigene Rechnung.

Fazit

Das Urteil des BGH zeigt, dass ein Handelsvertretervertrag auch konkludent geschlossen werden kann. Ein solcher konkludenter Vertragsschluss ist jedoch restriktiv zu handhaben. Es muss sich deutlich aus den Gesamtumständen ergeben, dass beide Parteien einen Handelsvertretervertrag schließen wollten. Das Auftreten im Namen und auf die Rechnung des Vertragspartners gem. § 84 Abs. 1 HGB kann für einen solchen konkludenten Vertrag ein Indiz sein. Daneben sind die Interessen der jeweiligen Vertragsparteien und die Ausgestaltung der Tätigkeit zu beachten. Weitere Informationen und Rechtsprechungen finden Sie unter „Handelsvertreterrecht“, sowie unter „Der Handelsvertretervertrag

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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