Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

LG Memmingen verneint Haftung des Versicherungsmaklers

In einem Verfahren vor dem Landgericht Memmingen hat die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte die Haftung eines Versicherungsmaklers abgewehrt (Urteil vom 14.06.2019, Aktenzeichen: 5 O 1769/17).

Kündigung der Unfallversicherung ohne Kundenauftrag?

Zugunsten der Versicherungsnehmerin bestand bereits vor Aufnahme der Beratungstätigkeit des Versicherungsmaklers eine Unfallversicherung. Die Unfallversicherungsbedingungen forderten für Invaliditätsleistungen, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von der Versicherungsnehmerin bei der Versicherung geltend gemacht wird.

Im Rahmen der Betreuungsübernahme durch den Versicherungsmakler erteilte die Versicherungsnehmerin dem Versicherungsmakler eine umfassende Vollmacht. Der Versicherungsmakler kündigte mehrere ihrer Versicherungen, auch die Unfallversicherung. Anders als in den anderen gekündigten Versicherungssparten erfolgte bei der Unfallversicherung jedoch keine Neueindeckung des Risikos bei einem anderen Versicherer.

Nach der Kündigung behauptete die Versicherungsnehmerin, sie habe infolge zweier Unfälle eine Invalidität erlitten. Die Versicherungsnehmerin ließ diese nicht ärztlich feststellen und machte diese nicht gegenüber dem ehemaligen Versicherer geltend. Sie verlangte Schadensersatz vom Versicherungsmakler mit der Begründung, dass dieser die Verträge ohne Rücksprache und ohne entsprechende Beauftragung gekündigt hatte. Konkret forderte sie vom Versicherungsmakler die hypothetische Invaliditätsleistung der ursprünglichen Unfallversicherung als Schadenssumme.

Keine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers

Das LG Memmingen sah eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers nicht als erwiesen an. Denn für das Gericht war nicht bewiesen, dass der Versicherungsmakler die Versicherungsverträge tatsächlich ohne Auftrag gekündigt hatte.

Zwar hatte der Ehemann der Versicherungsnehmerin umfassend ausgesagt, dass die Versicherungsnehmerin keinen Auftrag zur Kündigung der Unfallversicherung erteilt habe. Jedoch gelang es der Kanzlei Jöhnke & Reichow das Gericht von der Unglaubwürdigkeit des Ehemanns und der Unglaubhaftigkeit seiner Aussage zu überzeugen. Stattdessen sah das LG Memmingen eher den vom Versicherungsmakler im Rahmen seiner Anhörung geschilderten Sachverhalt als nachvollziehbar an. Der Versicherungsmakler schilderte unter anderem, dass er bei über 7.000 zu betreuenden Kunden eine Versicherung nicht ohne vorherige Rücksprache kündigt. Dies erschien dem Gericht angesichts der in solchen Fällen drohenden Schadensersatzansprüche zumindest nachvollziehbar, sodass erhebliche Zweifel an den Behauptungen der Versicherungsnehmerin beim Gericht verblieben.

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Kein Schaden nach dem Grundsatz der „Quasideckung

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow trug schriftsätzlich auch vor, dass eine Haftung des Versicherungsmaklers auch mangels Schadens nicht bestünde. Hintergrund war, dass auch die ursprüngliche Unfallversicherung eine Invaliditätsleistung mangels rechtzeitiger ärztlicher Feststellung der Invalidität nicht erbracht hätte.

Das LG Memmingen schloss sich dieser auf der Grundlage der sog. „Quasi-Deckungs-Rechtsprechung“ des BGH vom 26.03.2014 (Az.: IV ZR 422/12) basierenden Argumentation der Kanzlei Jöhnke & Reichow an.

Wie das Landgericht Memmingen ausführte, wäre die Versicherungsnehmerin so zu stellen, wie sie ohne Kündigung der Unfallversicherung stünde. Auch die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des Versicheres müssten also vorliegen.  Nach den Versicherungsbedingungen des Vorversicherers war Voraussetzung für eine Leistung, dass die Invalidität binnen 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt festgestellt wird. Dies war in diesem Fall nicht geschehen, so dass die Versicherung nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Dementsprechend ist gleichermaßen der Versicherungsmakler nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Unerheblich ist laut Landgericht Memmingen, dass die Versicherungsnehmerin davon ausging, aufgrund der nicht mehr bestehenden Versicherung entfalle auch die Pflicht zur Einhaltung der 15-Monatsfrist. Eine hypothetische Pflichterfüllung bei vorhandener Versicherung könne nicht Grundlage der Beurteilung sein.

Fazit: Keine Haftung des Versicherungsmaklers

Das Landgericht Memmingen ließ eine Haftung des Versicherungsmaklers demnach aus zwei Gründen scheitern. Zum einen konnte das LG Memmingen keine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers feststellen und zum anderen auch keinen Schaden der Versicherungsnehmerin.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow freut sich darüber, dass eine Haftung des Versicherungsmaklers abgewendet werden konnte und steht für Rückfragen gerne zur Verfügung. Eine ausführliche Darstellung der Haftungsgrundsätze eines Versicherungsmaklers finden Sie auch unter Die Haftung des Versicherungsmaklers  

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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