Der BGH hatte mit seinem Urteil vom 10.05.2011 (AZ: VI ZR 196/10) zu entscheiden, wann dem Versicherungsnehmer grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens angelastet werden kann.
Der Versicherungsnehmer unterhielt eine Gebäudefeuerversicherung für seine Mietwohnung. Die Mietwohnung befand sich im Dachgeschoss des Mietshauses. Nachfolgend kam es zu einem Brand. Der Mieter wollte in der Küche der Dachgeschosswohnung in einem Kochtopf mit einem Frittiereinsatz Kartoffelröllchen zubereiten. Nachdem das Fett erhitzt war, gab er die gefrorenen Kartoffelröllchen hinein und begab sich ins Wohnzimmer. Sodann überhitzte das Fett im Topf und löste eine Brand aus. Der Brand ergriff zunächst die Küchenzeile und die Decke und breitete sich dann auf den Dachstuhl aus. Anschließend erfasste der Brand das gesamte Haus.
Der Mieter wurde rechtskräftig wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Versicherer regulierte den Brandschaden und machte anschließend die hierfür aufgewandten Kosten gegenüber dem Mieter geltend. Der Versicherer behauptete, dem Mieter sei eine grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens anzulasten. Der Versicherer erhob Klage, welche abgewiesen wurde. Auch die dagegen gerichtete Berufung wurde zurückgewiesen. Der Versicherer ging sodann vor dem Bundesgerichtshof in Revision.
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Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Versicherers zurück. Der Versicherer könne nicht beweisen, dass dem Mieter eine grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens anzulasten sei.
Der Bundesgerichtshof erklärte zunächst, dass dem Versicherer bei der Gebäudefeuerversicherung ein Regressanspruch gegen den Mieter zustehe, wenn dieser den Brandschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe. Im vorliegenden Fall könne jedoch nicht von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen werden. Daher müsse geklärt werden, ob dem Versicherungsnehmer grobe oder nur einfache Fahrlässigkeit anzulasten sei. Beweislastpflichtig sei dafür der Versicherer.
Sodann befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, wann von einem grob fahrlässigen Verhalten des Versicherungsnehmers ausgegangen werden könne. Von grober Fahrlässigkeit könne ausgegangen werden, wenn ein objektiv schwerer und subjektiv nicht entschuldbarer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorliege. Dafür müsse die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt werden. Zudem müsse gerade das unbeachtet geblieben sein, was im fraglichen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es müsse in subjektiver Sicht eine unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen (sieh auch: Wohngebäudeversicherung: Grob fahrlässige Herbeiführung eines Frostschadens (OLG Frankfurt a.M.)).
Der Bundesgerichtshof führte fort, dass der Mieter lediglich in das Wohnzimmer gegangen sei, um den Fernseher einzuschalten. Zunächst habe er aber beabsichtigt, die Kartoffelröllchen in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Er sei erst dann durch den Fernseher vollständig abgelenkt gewesen. Es könne daher nur von einer kurzfristigen Unaufmerksamkeit und einem Augenblickversagen ausgegangen werden. Zudem habe der Versicherungsnehmer erst seit Kurzem Erfahrungen in der Zubereitung von Essen sammeln können. Daher sei aus diesem Grund der Pflichtverstoß im Einzelfall geringer zu werten. Er sei bezüglich der Brandgefahr eines solchen Frittiervorgangs nicht ausreichend sensibilisiert gewesen. Infolgedessen könne dem Mieter keine grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens angelastet werden. Dem Versicherer stehe daher kein Regressanspruch gegenüber dem Mieter zu.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, dass es bei der Beurteilung grober Fahrlässigkeit sowohl auf subjektive als auch auf objektive Elemente ankommen kann. Um eine grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens anzunehmen, muss stets eine Beurteilung des Einzelfalls erfolgen.
Beruft sich der Versicherer auf eine grobe Fahrlässigkeit bei Verursachung eines Brandschadens, so kann eine genaue Überprüfung des Einzelfalls durch einen Rechtsanwalt für Versicherungsrecht durchaus sinnvoll sein. Gerne berät Sie dabei auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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