Mit Urteil vom 20.11.2019 entschied das OLG Frankfurt a. M. (Az.: 12 U 42/19), unter welchen Umständen der Versicherer bei der Herbeiführung eines Frostschadens vollständig leistungsfrei wird.
Die klagende Käuferin eines Gebäudegrundstückes begehrt die Versicherungsleistung wegen eines am 15.01.2017 entdeckten frostbedingten Wasserschadens am gekauften Grundstück. Der Versicherungsvertrag besteht zwischen der beklagten Versicherung und dem Verkäufer des Grundstückes. Die Besitzübergabe des Gebäudes fand am 15.12.2016 statt. Zu dieser Zeit standen die drei darin befindlichen Wohnungen leer. Die Wasseranlagen des Gebäudes sind nicht entleert und abgesperrt worden. Ab dem 05.01.2017 herrschten nachts Temperaturen im Minusbereich, dies gipfelte am 06.01. & 07.01.2017 in einem zweistelligen Minusbereich. Das OLG urteilte, dass der Käuferin kein Anspruch auf die Versicherungsleistung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung eines Frostschadens zusteht.
Die Versicherungsbedingungen enthalten die AVB Wohngebäude. In § 25 Ziff. 1c der VGB ist die Obliegenheit des Versicherten enthalten, nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten.
In Verbindung mit dieser Klausel machte der Versicherer geltend nach § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VVG leistungsfrei zu sein. Grund dafür ist eine schwerwiegende Obliegenheitsverletzung der Klägerin, diese unterließ es nach Gefahrübergang das Wasser abzustellen und die Wasseranlagen zu entleeren. Beide Umstände müssen kumulativ gewahrt werden.
Das OLG stelle klar, dass auch ein Gebäude, das von Handwerkern betreten wird als ungenutzt gilt. Nicht genutzte Gebäude sind solche, die nicht bewohnt sind oder wegen Umbauarbeiten leer stehen. Die Klägerin scheiterte mit dem Argument, dass durchgängig Bauarbeiten durchgeführt worden sind.
Der Versicherer wird dann gem. § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VVG (vollständig) leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer grob fahrlässig seine Obliegenheiten verletzt. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maß außer Acht lässt, wer das nicht beachtet, was unter den Umständen des Einzelfalls jedem einleuchten musste. Der Klägerin war bewusst, dass die wasserführenden Anlagen und Einrichtungen weder abgesperrt noch entleert worden. Begründet wird dies mit Ihrem Wissen über die winterlichen Bedingungen. Die Klägerin verließ sich darauf, dass der Verkäufer sich um die Einhaltung der Obliegenheiten vor Besitzübergabe gekümmert hat. Da sie selbst keine Tätigkeiten unternahm, stellt das OLG damit die grobe Fahrlässigkeit fest, die ein solch schweres Maß aufweist, dass eine Leistungskürzung auf Null gerechtfertigt ist.
Die Obliegenheitsverletzung der Wohngebäudeversicherten die Wasseranlagen abzusperren und zu entleeren ist oftmals ein Grund für eine Leistungsfreiheit des Versicherers. In welchem Umfang der Versicherer leistungsfrei wird, hängt von der Schwere des Verschuldens ab. Im Einzelfall können Unternehmungen zur Vermeidung von Frostschäden dafürsprechen, dass sogar kein Verschulden vorliegt. Im Schadensfall sollte deswegen ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden, damit Ansprüche der Versicherten nicht vereitelt werden. Eine Leistungskürzung auf Null ist lediglich in krassen Ausnahmefällen gerechtfertigt.
Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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