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Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte mit seinem Urteil vom 31.05.1995 (AZ: 20 U 63/95) zu entscheiden, wann von einer Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel ausgegangen werden kann.

Verweigerung der Schadensregulierung

Der Versicherungsnehmer unterhielt bei dem Versicherer eine Existenzsicherungspolice, die sowohl eine Berufsunfähigkeits– als auch eine Unfallversicherung enthielt. Bei Vertragsabschluss wurde nach Angaben des Versicherers nach Einholung ärztlicher Befunde unter anderem folgende Ausschlussklausel in den Vertrag einbezogen:

„Aus dem Verlust des linken Daumens, sowie aus Erkrankungen der Kniegelenke und/oder deren Folgen können keine Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung hergeleitet werden.”

Der Versicherungsnehmer habe gegenüber einem Versicherungsvertreter am Telefon erklärt, mit der Einbeziehung der Klausel einverstanden zu sein. Auch gab der Versicherer an, die Klausel sei auf einem gesonderten Blatt vorzufinden gewesen, welches an den Versicherungsschein angeheftet gewesen sei. Diesen habe der Versicherungsnehmer auch erhalten.

Nachfolgend kam es nach Angaben des Versicherungsnehmers zu einem Arbeitsunfall. Er erklärte bei diesem auf sein linkes Knie gefallen zu sein, welches nun erheblich in seiner Bewegung eingeschränkt sei. Infolgedessen sei er zu 60 % berufsunfähig. Der Versicherer verweigerte jedoch die Schadensregulierung und berief sich auf die nach seinen Angaben vorherig vereinbarte Ausschlussklausel. Der Versicherungsnehmer legte daraufhin Klage von dem Landgericht ein, welches die Klage abwies. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherungsnehmers vor dem Oberlandesgericht Hamm.

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Wirksamer Ausschluss durch einbezogene Klausel  

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zugunsten des Versicherers. Es stellte fest, dass dem Versicherungsnehmer kein Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung zustehe. Aufgrund der Genehmigungsfiktion sei die Ausschlussklausel wirksamer Bestandteil des Vertrags geworden.

Keine Annahme durch Einverständnis der Änderung

Das Oberlandesgericht Hamm gab zunächst an, dass der Versicherungsnehmer den Antrag nicht selbst abgeändert habe. In dem Gespräch mit dem Versicherungsagenten des Versicherers könne keine Antragsänderung des Versicherungsnehmers gesehen werden, da der Versicherungsnehmer lediglich angekündigt habe, dass er mit der Ausschlussklausel bei einer Vertragsannahme einverstanden sei.

Auch sei der Versicherungsagent schon nicht durch den Versicherungsnehmer legitimiert gewesen, eine solche Willenserklärung zur Vertragsänderung abzugeben. Nach der Meinung des Oberlandesgerichts Hamm könne in dem Gespräch mit dem Versicherungsagenten kein Antrag auf Änderung des Vertrags des Versicherungsnehmers gesehen werden, und somit müsse eine Abweichung des Versicherungsscheins vom Antrag des Versicherungsnehmers angenommen werden.

Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel

Der Versicherer sei aber von der geforderten Leistung befreit, da die Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel gemäß § 5 VVG greife. Diesbezüglich sah das Oberlandesgericht Hamm als erwiesen an, dass der Versicherungsnehmer das Zusatzblatt mit der entsprechenden Ausschlussklausel angeheftet an den Versicherungsschein erhalten habe. Dies habe auch eine Belehrung über die Genehmigungsfiktion enthalten. Für eine wirksame Vertragseinbeziehung sei es ausreichend, dass die fragliche Klausel an den Versicherungsschein angeheftet worden sei. Selbst wenn dies nicht als ausreichend angesehen werde, sei eine wirksame Einbeziehung in jedem Fall durch eine entsprechende Bezugnahme auf weitere Beiblätter in dem Versicherungsschein erfolgt.

Auch sei vorliegend ein entsprechender Hinweis auf die Genehmigungsfiktion des § 5 VVG erfolgt. Infolgedessen sah das Oberlandesgericht Hamm den Einbezug der Ausschlussklausel aufgrund nicht erfolgten Widerspruchs des Versicherungsnehmers als genehmigt an.

Bezüglich der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers hörte das Oberlandesgericht Hamm einen Sachverständigen an. Dieser gab an, dass der Schwerunkt der erschwerten Arbeitsfähigkeit in der Knieproblematik zu sehen sei. Demzufolge sei dies nicht von dem vereinbarten Versicherungsschutz erfasst. Als Folge der wirksamen Einbeziehung der Ausschlussklausel durch die Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel ging das Oberlandesgericht Hamm eine Leistungsbefreiung des Versicherers aus.

Fazit zum Urteil des OLG Hamm

Das Urteil des OLG Hamm zeigt, dass in einer bloßen Ankündigung der Annahme künftiger Vertragsänderungen noch kein geänderter Versicherungsantrag des Versicherungsnehmers gesehen werden kann. Gleichwohl bedarf es auch hier stets der konkreten Prüfung des Einzelfalles. Dabei kann die Unterstützung eines Fachanwalts für Versicherungsrecht hilfreich sein. Gerne berät Sie dabei auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow. Einen weiterführenden Artikel hierzu finden Sie auch unter Abweichungen des Versicherungsscheins: Die Genehmigungsfiktion des § 5 VVG

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Rechtsanwalt erklärt, wann die Genehmigungsfiktion bei einer Ausschlussklausel greift

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