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Arglistige Täuschung durch Nichtangabe einer Alkoholerkrankung (OLG Celle)

Das Oberlandesgericht Celle hatte sich mit Urteil vom 03.02.2000 (Az.: 8 U 263/98) mit der Frage zu befassen, ob die Nichtangabe einer Alkoholerkrankung bei Antragsstellung eine arglistige Täuschung darstellt.

Verneinung der Frage nach Alkoholmissbrauch

Der Versicherungsnehmer schloss zum 1.12.1992 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Den Versicherungsantrag vom 18.1.1993 füllte der Versicherte mit Hilfe eines für den Versicherer tätigen Versicherungsvertreters aus. Die Gesundheitsfrage im Antragsformular „Wurden Sie […] wegen Alkohol-/Drogenmissbrauchs behandelt?“ verneinte der Versicherte.

Als der Versicherungsnehmer daraufhin Rentenansprüche wegen einer Berufsunfähigkeit geltend machen wollte, erklärte der Versicherer mit Schreiben vom 26.8.1997 die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung an. Er ist der Auffassung, der Versicherungsnehmer habe die Gesundheitsfrage vorsätzlich falsch beantwortet.

Der Versicherte klagte sodann auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Erstinstanzlich wurde die Klage des Versicherungsnehmers abgewiesen. Hiergegen richtet sich nun die Berufung des Versicherten.

Nichtigkeit des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung

Das Oberlandesgericht entschied, dass dem Versicherten kein Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente zusteht. Der Versicherer habe den Versicherungsvertrag nämlich wirksam wegen arglistiger Täuschung durch Nichtangabe einer Alkoholerkrankung angefochten. Daher sei der Vertrag als nichtig anzusehen.

Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen & Bagatellisierung

Unstreitig wurde die Gesundheitsfrage objektiv falsch beantwortet. Weder die am 5.4.1991 im Kreiskrankenhaus erfolgte Operation am Meniskus des rechten Knies und der damit einhergehende stationäre Aufenthalt in diesem Krankenhaus vom 4. bis zum 13.4.1991 noch der weitere vom 3. bis zum 8.8.1992 währende stationäre Aufenthalt im Kreiskrankenhaus sei aufgeführt worden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertreter von der Meniskusoperation unterrichtet habe, und dass er als Anlass des stationären Aufenthaltes im Kreiskrankenhaus im Jahre 1992 einen Schwächeanfall nach übermäßigem Alkoholkonsum bei einer Festlichkeit angegeben habe, so stelle nach Auffassung des Gerichts jedenfalls die Mitteilung der Ursache für den zuletzt genannten Krankenhausaufenthalt keine vollständige Unterrichtung des Versicherers dar. Der Versicherungsnehmer habe mit seiner Erklärung vielmehr den tatsächlichen Grund für seine stationäre Behandlung verschleiert und erheblich bagatellisiert.

Dies ergebe sich aus den schriftlichen Auskünften des Verwaltungsleiters und des Chefarztes des Kreiskrankenhauses, wonach der Versicherte gegenüber dem aufnehmenden Arzt und einer Krankenschwester am 3.8.1992 zweimal angegeben habe, 5 Tage zuvor selbst mit dem Alkoholentzug angefangen zu haben. Daraufhin sei beim Versicherungsnehmer unter anderem ein Alkoholentzugssyndrom bzw. Delir und eine Erhöhung der Leberwerte diagnostiziert worden. Nach 5-tägiger medikamentöser Behandlung des Deliriums habe der Versicherte die Klinik auf eigenen Wunsch verlassen und angegeben, mit den Anonymen Alkoholikern Kontakt aufnehmen zu wollen.

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Gesundheitsfrage nach Alkohol-/Drogenmissbrauch

Aus diesen Feststellungen vom August 1992 ergebe sich ferner, dass beim Versicherten zu diesem Zeitpunkt nicht lediglich ein Schwächeanfall nach einem einmaligen übermäßigen Alkoholgenuss bei einer Festlichkeit, sondern ein seit Längerem dauernder Alkoholmissbrauch vorlag. Dieser habe – wie dem Versicherten bewusst war – die tatsächliche Ursache für den stationären Aufenthalt dargestellt.

Der Umstand, dass der Versicherte das Krankenhaus nicht aufsuchte, um sich dort von seiner Sucht befreien zu lassen, ändere nichts daran, dass er wegen seines Alkoholmissbrauchs in einer Weise behandelt worden ist, die von der Gesundheitsfrage nach der Behandlung wegen Alkohol-/Drogenmissbrauchs erfasst werde. Die Frage sei erkennbar allgemein gefasst und beschränke sich nicht etwa auf die Teilnahme an einer Entziehungskur. Im Übrigen zeige der Umstand, dass der Versicherte die Klinik auf eigenen Wunsch – also bevor die stationäre Behandlung aus ärztlicher Sicht geschlossen war – verlassen habe, dass er sich sehr wohl der Tatsache bewusst gewesen ist, dass die begonnene Behandlung seines Alkoholmissbrauchs eigentlich hätte fortgesetzt werden müssen.

Nach alledem bestehen nach Auffassung des Gerichts keine Zweifel daran, dass der Versicherte im August 1992 im Kreiskrankenhaus wegen seines Alkoholmissbrauchs behandelt worden ist und er den Versicherungsvertreter hätte entsprechend wahrheitsgemäß unterrichten und darauf hinwirken müssen, die Gesundheitsfrage zu bejahen.

Arglistige Täuschung vom OLG Celle bejaht

Das Verhalten des Versicherungsnehmers stelle darüber hinaus eine arglistige Täuschung dar. Angesichts der Eindeutigkeit der falsch beantwortetet Gesundheitsfrage und seiner bagatellisierten Antwort sei davon auszugehen, dass er sich im Sinne bedingten Vorsatzes durchaus darüber im Klaren war, dass die richtige Beantwortung der Frage nach einer Behandlung wegen Alkoholmissbrauchs von maßgeblicher Bedeutung für die Annahme seines auf den Abschluss einer Lebens- und einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gerichteten Antrags durch den Versicherer war. Hier gelte dies umso mehr, da der stationäre Aufenthalt wegen seines Alkoholmissbrauchs zum Zeitpunkt der Antragsstellung erst etwa 5 Monate zurücklag, so das OLG Celle.

Fazit

Die Nichtangabe einer Alkoholerkrankung bzw. deren Bagatellisierung bei Antragsstellung kann unter Zugrundelegung eines zumindest bedingten Vorsatzes eine arglistige Täuschung darstellen, welche den Versicherer zur Anfechtung des Versicherungsvertrages berechtigten kann. Allerdings ist dabei stets der genaue Wortlaut der Gesundheitsfrage zu prüfen und auch subjektive Elemente, wie z.B. das persönliche Verständnis des Versicherungsnehmers von der Gesundheitsfragen, können berücksichtigt werden.

Die Anforderungen an einen Verstoß gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht sollten nicht unterschätzt werden. Beruft sich ein Versicherer auf einen Verstoß gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht, so kann es durchaus sinnvoll sein, einem im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der genauen Prüfung des Einzelfalles zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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