Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Gebäudeversicherung (OLG Schleswig)

Das OLG Schleswig hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Verweis auf alle gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu einer Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung führt (OLG Schleswig, Urt. v. 18.05.2017 – 16 U 14/17).

Kein Schadensausgleich wegen Obliegenheitspflichtverletzung?

Der Versicherungsnehmer unterhielt bei dem Versicherer eine Wohngebäudeversicherung. Der Versicherungsvertrag beinhaltete die Obliegenheitspflicht des Versicherungsnehmers, alle gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten und einzuhalten. Diese „Generalklauseln“, die Bestandteil zahlreicher Sachversicherungsverträge sind, lautet in der Regel wie folgt:

„Der Versicherungsnehmer hat alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarte Sicherheitsvorschriften zu beachten“.

Nachfolgend stellte der Kläger einen Wasserschaden fest, der in die Wände und Fußböden eingedrungen war. Die Feuchtigkeitsschäden betrafen Wohnküche, Hauswirtschaftsraum und Flur. Infolgedessen mussten die vom Wasser geschädigten Räume geräumt, getrocknet und neu gestrichen werden. Auch der zuvor von einer Installationsfirma vermeintlich fehlerhaft installierte Rohrtrenner, der den Schaden verursachenden Wasserleitung, musste repariert werden. Dieser war zuvor eingebaut worden, um zwei Rohre zu trennen und damit eine Verschmutzung des Trinkwassers zu verhindern. Aus dem Rohrtrenner sollte durch einen Trichter kontrolliert das Tropfwasser der Rohre in einen Abfluss geleitet werden. Der dafür erforderliche Trichter wurde aber bei dem Einbau des Rohrtrenners von der Installationsfirma laut dem Versicherungsnehmer vergessen.  Der Versicherungsnehmer machte die daraus entstandenen Kosten gegenüber seiner Wohngebäudeversicherung geltend. Der Versicherer nahm daraufhin nur eine teilweise Regulierung des Schadens vor.

Dies begründete er zunächst damit, dass der Versicherungsnehmer die ihm obliegenden Sicherheitsvorschriften nicht erfüllt habe. Der Versicherungsnehmer habe den 10 Jahre zuvor eingebauten Rohrtrenner nicht jährlich überprüft. Dies würde aber rechtlich verlangt werden und sei Ausgestaltung der Sicherheitsvorschriften. Hätte er dies gemacht, wäre ihm die Fehlerhaftigkeit aufgefallen. Daraus erfolge ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers.

Der Versicherungsnehmer legte daraufhin Klage vor dem Landgericht Flensburg ein und verlangte den restlichen Schadensausgleich in Höhe von 9553,75 €. Das Landgericht Flensburg gab der Klage in Höhe von 7.224,96 € statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherers vor dem Oberlandesgericht Schleswig.

Verstoß gegen das Transparenzgebot?

Das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte das Urteil des Landesgericht Flensburg zugunsten des Versicherungsnehmers. Dem Versicherungsnehmer stehe ein Anspruch auf Schadensausgleich in Höhe von 7.224,96 € zu, da eine Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung vorläge.

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Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung

Das Oberlandesgericht Schleswig stellte zunächst fest, dass der Eintritt des Versicherungsfalls unstreitig vorläge (siehe dazu auch: Der Leitungswasserschaden in einer Wohngebäudeversicherung). Dies deute auf einen Anspruch auf Schadensausgleich hin. Der Versicherer könne nicht wie beabsichtigt eine derartige Kürzung des Schadensausgleichs vornehmen, da die Sicherheitsklausel gegen das Transparenzgebot verstieße (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Das Oberlandesgericht Schleswig erläuterte, dass der Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen sei. Daraus ergebe sich wiederum das Bestimmtheitsgebot, das verlange, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen klar erkennen lassen. Eine Intransparenz läge dann vor, wenn sich der Regelungsgehalt der Klausel erst aus der Verweisung auf andere Vorschriften ergebe. Außerdem sei eine Intransparenz anzunehmen, wenn die den Kunden belastende Klausel mehr verschleiert als offenlegt und der Kunde dadurch in seinen Rechten gehindert werde.

Beides sah das Oberlandesgericht Schleswig für die Sicherheitsklausel als gegeben an. Dem Versicherungsnehmer würde durch die Klausel nicht aufgezeigt werden, welche Sicherheitsvorschriften für ihn gelten. Dies führe zu einer Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung. Demnach könne dem Versicherungsnehmer auch keine Obliegenheitspflichtverletzung vorgeworfen werden (siehe dazu auch: Leitungswasserversicherung: Obliegenheit bei urlaubsbedingter Praxisschließung den Hauptwasserhahn abzusperren?).

Grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers?

Auch könne sich der Versicherer nicht auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers berufen. Der Versicherungsnehmer konnte nach der Meinung des Oberlandesgericht Schleswig davon ausgehen, dass der Rohrtrenner sachgemäß installiert wurde. Auch musste er die vom Versicherer aufgeführte rechtliche Vorschrift nicht kennen, weshalb auch keine Kontrollpflicht bestanden habe. Aufgrund der Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung könne sich der Versicherer nicht auf eine Obliegenheitspflichtverletzung des Versicherungsnehmers berufen und damit auch nicht auf die von ihm vorgenommene Kürzung des Schadensausgleichs.

Fazit zur Entscheidung des OLG Schleswig

Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig zeigt, dass der Versicherer keine Obliegenheitspflichtverletzung geltend machen kann, wenn eine Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel in der Wohngebäudeversicherung vorliegt. Ein Vorliegen einer solchen Klausel kann aber bei einer Vielzahl von Versicherungsverträgen angenommen werden.

Sofern sich Versicherer im Rahmen einer Schadensprüfung auf eine Leistungskürzung wegen einer Obliegenheitspflichtverletzung berufen, die auf solch einer Klausel beruht, sollte zeitnah ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Jeder Schadensfall ist im Einzelfall rechtlich zu überprüfen. Gerne unterstützen dabei die Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Unwirksamkeit der Sicherheitsklausel? Rechtsanwalt unterstützt gegenüber Wohngebäudeversicherung

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