Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen (OLG Saarbrücken)

Das OLG Saarbrücken hatte sich mit dem Urteil vom 07.07.1999 (AZ: 5 U 139/99) mit der Frage befasst, ob eine Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen an einem Gebäude hervorgerufen werden kann und dies dem Versicherungsnehmer anzulasten ist.

Unterversicherung nach Umbaumaßnahmen

Der Versicherungsnehmer unterhielt für sein Haus eine Wohngebäudeversicherung. Diese versicherte den gleitenden Neuwert des Gebäudes. Die Versicherungssumme wurde auf Basis 1914 auf 15.000 RM bestimmt. Anschließend renovierte der Versicherungsnehmer das Haus und baute zudem mehrere Garagen an. Die Versicherungssumme wurde infolgedessen nicht erhöht.

Zu einem späteren Zeitpunkt kam es zu einem Brand im Haus des Versicherungsnehmers. Der Gebäudeschaden wurde dabei von dem Regulierungsbüro mit 76.688,36 DM angegeben. Der Sachverständige gab den Versicherungswert 1914 des Gebäudes mit 20.860,00 RM an. Hinzukamen die Garagen, deren Wert durch den Sachverständigen mit 1.362,92 RM angegeben wurden. Daraus ergab sich ein Gesamtwert von 22.222,92 RM. Der Versicherer berief sich infolgedessen auf eine Unterversicherung und zahlte dem Versicherungsnehmer lediglich einen Betrag in Höhe von 53.856,14 DM.

Der Versicherungsnehmer verlangte daraufhin den vollständigen Ausgleich des Schadens und forderte die Zahlung der Restsumme von 22.832,22 DM. Er gab an, dass die Versicherungssummen sei nicht durch ihn, sondern durch einen Mitarbeiter des Versicherers ermittelt worden. Das Landgericht Saarbrücken gab der Klage des Versicherungsnehmers statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherers vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

Bundesweite Vertretung durch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützen Versicherte bundesweit bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Versicherungsrecht. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.

Zur Kontaktaufnahme

Kein Anspruch auf vollständigen Ausgleich des Schadens

Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten des Versicherers. Der Versicherungsnehmer habe keinen Anspruch auf den vollständigen Ausgleich des Schadens, da er die Unterversicherung nach § 75 VVG selbst durch nachträgliche Maßnahmen herbeigeführt habe.

Eindeutigkeit der Unterversicherung

Das Oberlandesgericht Saarbrücken stellte zunächst fest, dass der vom Sachverständigen angegebene Neuwert 1914 des Gebäudes richtig bestimmt sei. Auch umfasse der Versicherungsschutz die angebauten Garagen, weshalb sich ein Versicherungswert von 22.222,92 RM ergäbe. Entgegen dessen habe die Versicherungssumme aber nur 15.000 RM betragen. Daraus ergebe sich eine eindeutige Unterversicherung. Diese habe grundsätzlich zur Folge, dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf vollständigen Ausgleich des Schadens habe.

Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen

Das Oberlandesgericht Saarbrücken ging auch davon aus, dass die Unterversicherung nicht als Folge der Verletzung der Beratungspflicht des Versicherers aufgetreten sei. Es sei zutreffend, dass die Versicherungssumme bei Vertragsabschluss durch einen Mitarbeiter des Versicherers bestimmt worden sei. Diese sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch richtig in Höhe von 15.000 RM bestimmt worden.

Die Diskrepanz zu dem bei Schadenseintritt festgestellten Werten sei auch vom Versicherungsnehmer zu verantworten. Das Oberlandesgericht Saarbrücken stellte diesbezüglich fest, dass die Renovierungsmaßnahmen und der Anbau der Garagen erst nach Vertragsabschluss vorgenommen wurden. Dies habe zu einer Wertsteigerung geführt, die der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer hätte angeben müssen. Folglich resultiere die Unterversicherung nicht aus einem Beratungsfehler des Versicherers. Vielmehr habe der Versicherungsnehmer die Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen selbst zu verantworten. Der Versicherungsnehmer habe dementsprechend keinen Anspruch auf vollständigen Schadensausgleich.

Fazit zum Urteil des OLG Saarbrücken

Das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken unterstreicht, dass auch bei richtiger Bestimmung der Versicherungssumme bei Vertragsabschluss eine Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen verursacht werden kann. Infolgedessen kann der Versicherer tatsächlich im Versicherungsfall berechtigt sein, die Versicherungsleistungen zu kürzen.

Gleichwohl ist natürlich stets der konkrete Einzelfall zu prüfen. Sollte der Versicherer sich also auf eine Unterversicherung aufgrund von nachträglichen Maßnahmen berufen, kann es durchaus sinnvoll sein, sich von einem im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Gerne steht hierfür auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter: Die Unterversicherung

Ihre Versicherung zahlt nicht?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

Zum Anwaltsprofil

Rechtsanwalt unterstützt Versicherte im Fall der Unterversicherung durch nachträgliche Maßnahmen

Mandantenstimmen:

Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.

Hinweise zu Kundenbewertungen

Bleiben Sie informiert – unser Newsletter!

Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.