Arglist des Wissenserklärungsvertreters (OLG Köln)

Das OLG Köln hatte sich mit Urteil vom 18.11.2003 (Az.: 9 U 32/03) damit zu befassen, ob dem Versicherungsnehmer auch die Arglist des Wissenserklärungsvertreters zugerechnet wird.

Anfechtung eines Vergleichs wegen arglistiger Täuschung

Der Wissenserklärungsvertreter machte aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers gegen den Wohngebäudeversicherer nach einem unstreitigen, mitversicherten Wasserschaden einen Anspruch auf Entschädigung geltend. In diesem Zusammenhang forderte er die Bezahlung einer eigenen Rechnung und der Rechnung einer anderen Firma.

Die Parteien einigten sich in einem gerichtlichen Vergleich auf die Zahlung eines Vergleichsbetrages. Nach erfolgter Zahlung erfuhr der Versicherer, dass die genannte Firma keine Arbeiten ausgeführt hatte und dass der Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers die Rechnung selbst auf fremdem Briefpapier dieser Firma verfasst hatte. Daraufhin erklärte der Versicherer die Anfechtung des Vergleiches wegen arglistiger Täuschung, zumal der Versicherungsnehmer ihm mitteilte, dass die vom Wissenserklärungsvertreter ausgeführten Arbeiten nicht den in seiner eigenen – sowie der fremden – Rechnung ausgewiesenen Umfang hätten.

Der Versicherer beantragte darauf die Fortsetzung des Rechtsstreits und teilte mit, der Vergleich sei angefochten. Das LG erließ daraufhin ein Versäumnisurteil gegen den Wissenserklärungsvertreter, mit dem die Unwirksamkeit des Vergleichs festgestellt und die Klage abgewiesen wurde. Gegen dieses Versäumnisurteil legte der Wissenserklärungsvertreter Einspruch ein. In dem vom Landgericht verkündeten Urteil wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten und ausgeführt, der Versicherer sei leistungsfrei. Hiergegen wendet sich der Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers erneut in der Berufungsinstanz.

Motivation des Wissenserklärungsvertreters entscheidend?

Der Versicherer hat in der Berufungsinstanz die vom Wissenserklärungsvertreter für den Versicherungsnehmer ausgefüllte und unterschriebene Schadensanzeige vorgelegt, mit der der Versicherer gleichzeitig die streitgegenständlichen Rechnungen erhalten habe. Nach Ansicht des OLG Köln sei der Versicherer durch die Übersendung dieser Rechnungen darüber getäuscht worden, welche Firmen für den Versicherungsnehmer tatsächlich im Zuge der Schadensbehebung tätig waren. Diese Täuschung erfolgte darüber hinaus vorsätzlich, denn sie sei vom Wissenserklärungsvertreter gewollt gewesen. Insbesondere habe die Frage, welche Motivation der Täuschung zu Grunde lag, keinen Einfluss auf die Frage, ob ein vorsätzliches Vorgehen vorlag.

Es könne vielmehr dahinstehen, ob es dem Wissenserklärungsvertreter auf eine Täuschung des Versicherers oder auf eine Täuschung seines Auftraggebers – also des Versicherungsnehmers – ankam. Dementsprechend komme es auch nicht darauf an, dass die Ausführungen zu der Motivation, die Anlass zu einer Täuschung des Versicherungsnehmers gegeben haben soll, nicht recht nachvollziehbar sind, da mit dem Versicherungsnehmer nicht mehr abgerechnet werden sollte und musste, nachdem dieser ihm seine Ansprüche gegen den Versicherer abgetreten hatte.

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Voraussetzungen der Arglist des Wissenserklärungsvertreters

Der Wissenserklärungsvertreter habe den Versicherer vorsätzlich darüber getäuscht, welche Firmen zur Schadenbehebung tätig wurden, mithin über Tatsachen, die für den Grund und die Höhe der Entschädigung von Bedeutung waren. Diese Voraussetzungen der Arglist seien auch dann erfüllt, wenn weder eine Bereicherungsabsicht des Wissenserklärungsvertreters noch eine Schädigung des Versicherers gewollt waren.

Zurechnung der arglistigen Täuschung über die Grundsätze der Haftung des Wissenserklärungsvertreters

Das täuschende Verhalten des Wissenserklärungsvertreters führe zur Leistungsfreiheit des Versicherers, denn es sei dem Versicherungsnehmer zuzurechnen. Der Täuschende sei als Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers aufgetreten, als er die Schadensanzeige ausfüllte. Dementsprechend müsse die vom Wissenserklärungsvertreter begangene arglistige Täuschung dem Versicherungsnehmer wie eine von ihm selbst begangene Täuschung zugerechnet werden. Insbesondere bleibe der Versicherungsnehmer nach der Abtretung zur Erfüllung von Obliegenheiten verpflichtet. Sofern er allerdings den Wissenserklärungsvertreter bevollmächtigt, den Versicherungsfall abzuwickeln, liege hierin der Grund für die Zurechnung falscher Erklärungen.

Berufung ist unbegründet

Die Klage sei vom Landgericht zutreffend abgewiesen worden, so das OLG Köln. Der Versicherungsnehmer sei selbst davon ausgegangen, dass der Vergleich wirksam angefochten ist, so dass der Rechtsstreit fortzusetzen war. Dem von Wissenserklärungsvertreter gestellten Antrag, die Erledigung des Rechtsstreits in Höhe der – auf Grundlage des Vergleichs – erfolgten Zahlung festzustellen und den Versicherer zur Zahlung der darüberhinausgehenden ursprünglichen Klageforderung zu verurteilen, sei nicht stattzugeben.  Die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen, mithin habe eine Erledigung nicht eintreten können und weitere Forderungen bestehen nicht.

Fazit

Das Verfahren des OLG Köln zeigt, dass auch die Arglist des Wissenserklärungsvertreters dem Versicherungsnehmer zugerechnet werden kann. Infolgedessen kann der Versicherer auch leistungsfrei sein.

Ob jedoch ein Dritter als Wissenserklärungsvertreter fungiert hat, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Lehnt der Versicherer daher eine Leistung ab, so kann es durchaus sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren. Gerne steht hierfür auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie u.a. auch unter Der Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt Jens Reichow berichtet über Urteil zur Arglist des Wissenserklärungsvertreters.

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