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Maßgeblicher Zeitpunkt in der Dienstunfähigkeitsversicherung für die Versetzung in den Ruhestand (BGH)

Die Dienstunfähigkeitsversicherung sichert eine gewisse Einkommenseinbuße des Beamten beim Wegfall der Dienstfähigkeit ab. Der Beamte wird bei Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt und erhält nur einen Teil seiner verdienten Einkommensansprüche. Wann der Dienst des Beamten bedingungsgemäß wegfällt, hängt maßgeblich davon ab, wann dieser Zustand eintritt (BGH, Urt. v. 16.11.2016 – Az. IV ZR 356/15).

Dienstunfähigkeit innerhalb des versicherten Zeitraums?

Die Versicherungsnehmerin wollte Ansprüche aus ihrer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend machen. Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung enthielt eine entsprechende Dienstunfähigkeitsklausel, welche vertragliche Ansprüche um Falle der Dienstunfähigkeit verspricht.

Die Versicherung begann am 01. Dezember 2005 und es wurde eine Versicherungsdauer von 7 Jahren vereinbart. Es wurde mit amtsärztlichen Gutachten am 27. Oktober 2011 festgestellt, dass die Versicherungsnehmerin dienstunfähig erkrankt war. Am 13. November 2012 wurde die Versetzung der Beamtin in den Ruhestand angeordnet, und zwar mit Ablauf des 30. November 2012. Der Versicherer verweigerte sodann die vertraglich zugesicherte Leistung mit der Begründung, dass der Versicherungsfall nicht innerhalb der Versicherungsdauer eintrat. Der Vertrag hätte nach sieben Jahren, mithin am 30. November 2012 geendet.

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Versetzung in den Ruhestand

Maßgeblich für den Erhalt der Versicherungsleistung ist die Handlung „versetzt wird“. Dies ergibt sich aus den Regelungen des Versicherungsvertrag, welche wie folgt lautete:

„(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze ausschließlich infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines Zeugnisses des Amtsarztes oder eines vom Dienstherrn als Gutachter beauftragten Arztes, in dem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.“

Es musste ausgelegt werden, welcher Zeitpunkt wesentlich für die Beurteilung ist. Es könnte die Handlung des Dienstherrn und somit der Ausspruch der Versetzung maßgeblich sein oder eben der in der Urkunde fixierte Austrittstermin. Beide Deutungen lässt der Wortlaut zu.

Das Abstellen auf die Aushändigung der Entlassungsurkunde allein sei nach dem BGH nicht interessengerecht. In der Praxis wird immer eine gewisse Zeit zwischen Ausstellung der Urkunde und tatsächlichem Eintritt in den Ruhestand vergehen. Dieser Verwaltungsakt kann in der Zeit bis zum Austritt auch noch widerrufen werden. Würde die Leistung im laufenden Beamtenverhältnis fällig werden, so könnte im Falle eines Widerrufs trotz Fortbestehen des Verhältnisses der Anspruch auf die Versicherungsleistung fällig werden.

Allerdings musste der BGH dennoch auswerten, ob der fixierte Austrittstermin nicht doch innerhalb der sieben Jahresfrist lag. Schließlich endete der 30. November 2012 um 24:00 Uhr. Somit trat die Dienstunfähigkeit noch innerhalb der Frist ein, denn der 30. November zählte als ganzer Tag mit. Die Versetzung in den Ruhestand gilt nach den Versicherungsbedingungen bei einer echten Dienstunfähigkeitsklausel bereits als versichert, ohne dass eine weitere gesundheitliche Prüfung vorzunehmen war (vgl. Unwiderlegbare Vermutung der Dienstunfähigkeit (BGH)). Im Ergebnis bestand also ein Anspruch der Beamtin auf Leistung aus ihrer Dienstunfähigkeitsversicherung.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Die Dienstunfähigkeitsversicherung ist dem Grunde nach Berufsunfähigkeitsversicherung, welche eine sogenannte „DU-Klausel“ für Beamte enthält. Diese Klausel hat für Beamte einen großen Vorteil. Dieser besteht darin, dass bereits die Versetzung in den Ruhestand als unwiderlegbare Vermutung für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Dienstunfähigkeit gilt. Anders ist das bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn keine DU-Klausel vereinbart ist. Denn dann muss der Versicherungsnehmer das ganze Leistungsantragsverfahren mit der Berufsunfähigkeitsversicherung durchlaufen. Dieses Prüfungsverfahren der Berufsunfähigkeitsversicherung ist zeitaufwendig und für Versicherte sehr anstrengend. Äußerst hilfreich ist es also, mit der Versicherung eine Dienstunfähigkeitsklausel zu vereinbaren, sofern man Beamter (Widerruf, Probe, Lebenszeit) ist.

Für den Versicherungsfall ist zwischen einer echten und unechten Dienstunfähigkeitsklausel zu unterscheiden. Maßgeblich für die Bewertung der Leistungen aus der Dienstunfähigkeitsversicherung ist jedoch der tatsächliche Eintritt in den Ruhestand (siehe oben).

Nachfolgend ist eine lesenswerte Zusammenfassung zum Bereich der Dienstunfähigkeitsversicherung zu finden: „Leitartikel zur Dienstunfähigkeitsversicherung“.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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