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Unwiderlegbare Vermutung der Dienstunfähigkeit (BGH)

Besteht eine unwiderlegbare Vermutung der Dienstunfähigkeit oder hat die Dienstunfähigkeitsversicherung ein Prüfungsrecht bzgl. der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Versicherungsnehmers? Für Beamte, die im Wege einer Dienstunfähigkeitsversicherung versichert sind, entscheidet hierüber die konkrete wörtliche Beschaffenheit der Versicherungsklausel. Unter welchen Umständen eine Versetzung in den Ruhestand eine unwiderlegliche Vermutung zugunsten der Dienstunfähigkeit bedingt, urteilte der BGH (BGH, Urt. v. 14.06.1989 – Az. IV a ZR 74/88).

Prüfungsrecht des Versicherers bzgl. Dienstunfähigkeit?

Der Versicherungsnehmer war als Bundesbahnobersekretär beschäftigt. Aufgrund phobischer Ängste wurde der Versicherungsnehmer in vorzeitigen Ruhestand versetzt. Wenige Monate später soll eine erneute Untersuchung ergeben haben, dass der Versicherungsnehmer trotz psychischer Störungen als Arbeiter im Bahndienst oder als Fernsprechvermittler eingesetzt werden könnte. Die Dienstunfähigkeitsversicherung verweigerte jedoch die Leistung und begründete dies damit, dass die Dienstunfähigkeitsklausel lediglich eine widerlegbare Vermutung beinhaltet und somit die bedingungsgemäße Dienstunfähigkeit wegen einer irrtümlichen Versetzung in den Ruhestand nicht eintrat.

Unwiderlegbaren Vermutung der Dienstunfähigkeit?

Der Versicherungsnehmer war wegen Krankheit außerstande seiner dienstlichen Tätigkeit nachzugehen. Seine Dienstfähigkeit wurde ihm attestiert. Rechtlich strittig war, ob die eingetretene Versetzung in den Ruhestand bereits ausreicht um den Versicherungsfall final als eingetreten zu sehen. Entscheidend kam es dabei auf die Regelung in den Versicherungsbedingungen an. Diese lautete wie folgt:

„5.  Als vollständige Berufsunfähigkeit gilt auch, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen Dienstunfähigkeit aus dem öffentlichen Dienst entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.““

Die Klausel Nr. 5 musste durch das Gericht ausgelegt werden, nämlich wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne Spezialkenntnis verstehen musste. Dreh und Angelpunkt der Auslegung war die Verwendung des Begriffs „gilt [als]“ – dies spricht für einen Versicherungsnehmer dafür, dass die Versetzung als unwiderlegbare Vermutung gelten soll. Die Versicherer verzichten dabei auf die Möglichkeit den Gesundheitszustand selbst zu überprüfen. Somit besteht der Anspruch auf die Versicherungsleistung, sobald der Beamte in den Ruhestand versetzt wurde.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Zur Reichweite einer sogenannten Beamtenklausel, nach der es als vollständige Berufsunfähigkeit gilt, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustands wegen Dienstunfähigkeit aus dem öffentlichen Dienst entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird. In einer Klausel mit dem Wortlaut des § 2 Nr. 3 der Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (VerBAV 75, 2) ist eine unwiderlegbare Vermutung enthalten.

Im Falle einer echten Dienstunfähigkeitsklausel gilt also bereits die Versetzung in den Ruhestand abschließend als Eintritt des Versicherungsfalls. Auf die Eignung des Beamten für andere Tätigkeiten kommt es dann nicht mehr an. Der Versicherer hat damit keinen eigenes Prüfungsrecht hinsichtlich der medizinischen Komponente

Nachfolgendend ist eine lesenswerte Zusammenfassung zum Bereich der Dienstunfähigkeitsversicherung zu finden: „Leitartikel zur Dienstunfähigkeitsversicherung“. 

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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