Wiederherstellungsklausel in Gebäudeversicherung: Unzulässiger Wiederaufbau eines Wohngebäudes (OLG Köln)

Im Anwendungsbereich der Wohngebäudeversicherung ist in den meisten Verträgen eine sog. „strenge Wiederherstellungsklausel“ vereinbart. Hierdurch wird der Versicherungsnehmer in seiner Möglichkeit begrenzt, ein zerstörtes Gebäude umfangreicher als das vorherig vorhandene wieder aufzubauen. Ob die Vergrößerung der Wohnfläche von 200m² auf 308,78m² zulässig ist, hat das OLG Köln beurteilt (OLG Köln, Beschluss v. 02.09.2019- Az. 9 U 197/18).

Sachverhalt vor dem OLG Köln

Die Versicherungsnehmerin hatte ein zweigeschossiges Wohngebäude bei der beklagten Versicherung versichert. Infolge eines Brandes kam es zu einem Feuerschaden. Die Versicherungsnehmerin traf mit der Versicherung eine Regulierungsvereinbarung, die den Zeit- und Neuwert festsetzte. Die Klägerin kaufte das Grundstück der Versicherungsnehmerin ab, nachdem die Vereinbarung getroffen wurde. Es wurde vereinbart, dass der Anspruch auf den Neuwertanteil an die kaufende Klägerin abgetreten wird.

Es wurde der Zeitwert an die Versicherungsnehmerin ausgezahlt. Die Klägerin forderte sodann die Versicherung auf auch den Neuwertanteil zu leisten, sie beabsichtigte dieses Geld zu nutzen, um einen Anbau an das Wohngebäude anzubringen. Die strenge Wiederherstellungsklausel des Versicherungsvertrags sah vor, dass der Neuwertanteil gekehrt wird, „wenn der Wiederaufbau gesichert ist“. Das OLG Köln sah in dem Bauvorhaben keinen versicherten Wiederaufbau.

Rechtliche Bewertung: Wiederaufbau?

Der Neuwert wird nur dann ausgekehrt, wenn die Summe für den Wiederaufbau des Gebäudes genutzt wird. Der Anspruch auf den Zeitwert bleibt hiervon unberührt, so dass zu klären war, ob dem Kläger der Anspruch auf die sog. „Neuwertspitze“ zustand. Die Summe des Neuwerts soll nur dafür verwendet werden, um ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen. Es fragte sich, ob der Ausbau eine solche Wiederherstellung dargestellt hätte.

Das OLG Köln sah in dem geplanten Vorhaben eine Abweichung von der vorherig vorhandenen Baustruktur. Insbesondere ist die Erweiterung der Wohnfläche von 200m² auf 308,78m² nicht in Einklang mit dem Verständnis einer Wiederherstellung zu bringen. Sinn und Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es, den Versicherer davor zu schützen einen Anreiz zum Versicherungsbetrug zu schaffen. Der Versicherungsnehmer soll sich nicht durch eine Zerstörung bereichern können, indem er die Neuwertsumme zum Ausbau seines Grundstücks verwendet. Deshalb wird die Klausel sehr strikt behandelt. Der Versicherungsnehmer kann nicht davon ausgehen, dass er die Versicherungssumme für Erweiterungen von vorhandenen Bauten verwenden kann. Ein Anspruch besteht deshalb nicht.

Fazit

Der Anspruch auf die „Neuwertspitze“ wird häufig von den Versicherern bestritten. Die Versicherungsnehmer sind verpflichtet ein Gebäude gleiches Ausmaßes und gleicher Zweckbestimmung zu errichten. Um den Anspruch zu sichern, sollte stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzugezogen werden.

Zu dem Bereich der Neuwertversicherung ist nachfolgenden ein weiterführender Artikel zu finden: Die sogenannte „Neuwertspitze“ in der Gebäudeversicherung. Weitere praxisrelevante Hinweise und wichtige Urteilsbesprechungen können hier nachgelesen werden: Gebäudeversicherungen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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