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Beweis der Berufsunfähigkeit (OLG Saarbrücken)

Das OLG Saarbrücken hatte sich mit Urteil vom 12.08.2015 (Az. 5 U 53/13) mit der Frage zu befassen, wann der Beweis der Berufsunfähigkeit erbracht worden ist.

Berufsunfähigkeit aufgrund schwerwiegender Depression?

Der Versicherungsnehmer, der zuletzt als CAD-Konstrukteur in einem Ingenieurbüro tätig war, unterhielt beim Versicherer eine Risiko-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Er litt seit 1984 unter einer Wirbelsäulenerkrankung, woraufhin er 1994 operiert wurde und sich vom Maschinenbautechniker zum Metallbauschlosser umschulte.

Der Versicherer hatte mit dem Versicherungsnehmer nachweisbar einen Ausschluss des Versicherungsschutzes für „Erkrankungen und Funktionsstörungen der Wirbelsäule und alle Leiden einschließlich eventueller Operationsfolgen, die medizinisch nachweisbar und damit ursachlich zusammenhängen“ vereinbart, die „bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleiben“.

Seit Dezember 2004 ist der Versicherungsnehmer nicht mehr erwerbstätig und erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er verlangte ab August 2008 die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, da er infolge schwerwiegender Depressionen seinen Beruf nicht mehr ausüben könne. Dies verweigert der Versicherer mit der Begründung, die Depression sei durch die Wirbelsäulenverletzung mitverursacht worden.

Daraufhin klagte der Versicherungsnehmer auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Das zuständige Landgericht hat die Klage erstinstanzlich abgewiesen, da versicherungsvertragliche Ansprüche wegen der vereinbarten Wirbelsäulen-Ausschlussklausel scheitern und die Erkrankung des Versicherten im Sinne einer chronifizierten Depression durch die Wirbelsäulenerkrankung mitverursacht sei. Dagegen legte der Versicherungsnehmer Berufung ein.

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Kein hinreichender Beweis der Berufsunfähigkeit

Die Berufung des Versicherten war jedoch unbegründet. Das Landgericht hatte die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung aus Sicht des OLG Saarbrücken zu Recht abgelehnt, denn der Versicherte habe die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht hinreichend bewiesen. Nach Auffassung des OLG Saarbrücken sei zwar nicht auszuschließen, dass der Versicherungsnehmer unter psychischen Beschwerden leidet, die ihm die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zu mindestens 50% unmöglich machen. Allerdings sei es auch nicht mit Sicherheit festzustellen. Unklarheiten gingen jedoch zu Lasten des Versicherten.

Unzureichendes Gutachten in erster Instanz

Der in erster Instanz beauftragte Sachverständige sei zwar zu der Annahme gekommen, der Versicherungsnehmer sei schwer depressiv. Daraus habe er offenbar geschlossen, dass der Versicherte überhaupt keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben kann. Hierzu führte das Oberlandesgericht allerdings aus, dass die dafür gegebene Begründung diese Einschätzung nicht zu tragen vermag. Es fehle nämlich an einer fundierten eigenständigen Bewertung. Zudem sei keine für die Frage der beruflichen Leistungsfreiheit hinreichend valide Untersuchung durchgeführt worden. Insgesamt überzeuge das Gutachten nicht.

Eine substanziierte Begründung dafür, welche belegbaren Ergebnisse einer psychopathologischen Befunderhebung sich in welcher Weise und in welchem Maße funktionell auf die Anforderungen des vom Versicherten zuletzt ausgeübten Berufs als CAD-Konstrukteur auswirkten, lasse sich dem Gutachten nicht entnehmen. Insbesondere lasse sich nicht entnehmen, warum solche Auswirkungen die berufliche Leistungsfähigkeit in einem ununterbrochenen Zeitraum von mehr als sechs Monaten bzw. irgendwann voraussichtlich auf Dauer zu mindestens 50% eingeschränkt haben sollen.

Gutachten in zweiter Instanz

Das in zweiter Instanz zur Klärung des erstinstanzlichen Gutachtens in Auftrag gegebene Gutachten habe die Behauptung des Versicherungsnehmers, er sei seit August 2008 wegen einer psychischen Erkrankung berufsunfähig, nicht bestätigt. Die Sachverständige habe eine aus Beschwerden dieser Art folgende, mit hinreichender Sicherheit auf mindestens 50% zu bemessende Leistungseinschränkung nicht bestätigen können, weil die bei den Leistungstests erzielten Ergebnisse in hohem Maße unglaubhaft und damit einer realistischen Bewertung nicht zugänglich waren.

Zusammenfassend sei die Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Versicherten ein depressives Krankheitsbild bestehe, die Untersuchung eine genaue Bestimmung der Defizite oder der Leistungsfähigkeit allerdings nicht zulasse. Demzufolge habe sie das Ausmaß der Defizite nicht genauer quantifizieren können als für den streitgegenständlichen Zeitraum ab August 2008 mit „ca. 50%“ – das sind eben nicht zwingend mindestens 50%, sondern vielleicht auch weniger – prognostizierbar.

Im konkreten Fall des Versicherungsnehmers könne schlicht nicht festgestellt werden, ob und in welchem Maße er beruflich beeinträchtigt sei. Damit habe der Versicherungsnehmer jedoch den Beweis der Berufsunfähigkeit nicht erbracht.

Fazit

Der Versicherungsnehmer hat den Beweis für eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit zu erbringen. Unklarheiten, etwa bei der genauen Bestimmung seiner Defizite und Leistungsfähigkeit, gehen dabei zu seinen Lasten. Ob ärztliche Unterlagen ausreichen, um den Beweis der Berufsunfähigkeit zu erbringen, hängt dabei oftmals von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Daher kann es nach einer Leistungsablehnung des Versicherers durchaus sinnvoll sein, einem im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der genauen Prüfung des Einzelfalles zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter Berufsunfähigkeitsversicherung

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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