Die Loss-of-Licence-Versicherung sichert das Berufsausfallrisiko von Piloten ab. Sie rundet als Sonderbaustein die Berufsunfähigkeitsversicherung ab und erleichtert Piloten die Beanspruchung von Leistungen aus dieser Versicherung, wenn ein entsprechender Lizenzverlust vorliegt. Eine derartige Loss-of-Licence-Versicherung – auch Luftfahrt-Lizenzverlustversicherung genannt – ist folglich eine sogenannte Untauglichkeitsversicherung, welche an den Verlust der Pilotenlizenz anknüpft. Verlieren Piloten also gesundheitsbedingt ihre Flugtauglichkeit, so gilt die Berufsunfähigkeit nach dieser Klausel als eingetreten. Der Widerruf der Flugtauglichkeit ist maßgeblich für den Eintritt des Versicherungsfalls.
Fraglich in diesem vorliegen Sachverhalt war, ob der Anspruch auf die Versicherungsleistung mit Eintritt der Fluguntauglichkeit oder mit Ausspruch des Widerrufs entsteht. Der Zeitpunkt, ab dem der Versicherungsschutz eingreift, wurde vom OLG Köln näher beleuchtet (OLG Köln, Urt. v. 02.12.2011 − 20 U 53/09).
Der Versicherungsnehmer war von Beruf Pilot und wollte die Beklagte aus einer Luftfahrt-Lizenzverlustversicherung mit einer Versicherungssumme von 175 000 Euro auf Zahlung von 140 000 Euro in Anspruch nehmen. Der Vertragsschluss wurde ihm 2002 durch einen Assekuranzmakler vermittelt. Die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen verneinte der Pilot.
Im September 2002 wollte der Pilot Ansprüche aus seiner Lizenzverlustversicherung geltend machen. Er führte an, dass er unter Morbus Menière leide und deshalb fluguntauglich sei. Der Versicherer trat in die Leistungsprüfung ein und erklärte wegen angeblicher vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen die Anfechtung sowie den Rücktritt vom Vertrag. Am 18.11.2004 wurde die Fluglizenz des Piloten widerrufen. Aus einem Tauglichkeitszeugnis ging hervor, dass er die erforderliche Tauglichkeit nicht mehr besitze.
Ein Widerspruchsverfahren gegen den Lizenzwiderruf war nicht erfolgreich. Somit begehrte der klagende Pilot die Versicherungsleistungen.
Der Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente entsteht nur, wenn die Voraussetzungen der Versicherungsbedingungen erfüllt waren. Nach § 1 Nr. 1 der Luftfahrt-Lizenzverlustbedingungen besteht Versicherungsschutz im Fall der dauernden Fluguntauglichkeit. Nach § 1 Nr. 2 der Luftfahrt-Lizenzverlustbedingungen ist Voraussetzung einer bedingungsgemäßen dauernden Fluguntauglichkeit, „dass die Fluguntauglichkeit durch Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall eingetreten ist, diese von einem anerkannten Fliegerarzt festgestellt wurde, die amtliche Erlaubnis als beruflicher Luftfahrer von der zuständigen Behörde widerrufen oder nicht verlängert wird und ein Verfahren über den Widerruf der Erlaubnis bestands- bzw. rechtskräftig abgeschlossen ist.“
Ein Fliegerarzt hat als Sachverständiger festgestellt, dass die Diagnose Morbus Menière tatsächlich vorlag. Ausgeprägte Symptomatik waren wiederkehrende Schwindelzustände. Aus medizinischer Sicht lag deswegen eine dauernde Fluguntauglichkeit vor. Eine Besserung in absehbarer Zeit war laut Arztberichten nicht zu erwarten gewesen. Eine bedingungsgemäße Krankheit lag somit vor. Diese wurde auch bedingungsgemäß durch einen Fliegerarzt festgestellt. Ebenfalls kam es zum Widerruf der Fluglizenz durch die Flugbehörde.
Zwingende Voraussetzung nach § 1 Nr. 2.4 der Luftfahrt-Lizenzverlustbedingungen ist, dass die Fluglizenz formell wirksam widerrufen wurde. Naheliegend ist es, auf den Ausspruch des tatsächlichen Widerrufs abzustellen. Allerdings vertrat die beklagte Versicherung die Ansicht, dass der Widerrufsbescheid durch das eingeleitete Widerspruchsverfahren formell nicht bestandskräftig wurde und in der Zeit bis dahin eben kein bedingungsgemäßer Widerruf vorlag. Diese Ansicht ist damit zu erklären, dass ein Widerspruch die Rechtswirkung eines Widerrufs aussetzt. Somit musste das OLG Köln auslegen, welcher Zeitpunkt der maßgebliche war.
Ein gewöhnlicher Versicherungsnehmer muss die Bedingung so verstehen, dass der Versicherungsfall bereits mit festgesellter Fluguntauglichkeit eintritt. Obwohl es möglich wäre vom Wortlaut her auf den Abschluss des Widerspruchsverfahrens abzustellen, so muss der Versicherungsfall stets auf den Zeitpunkt vor dem Widerruf der Lizenz zurückbezogen werden. Ansonsten könnte der Versicherer durch die Einlegung von Rechtsmitteln gegen den Widerrufsbescheid den Eintritt des Versicherungsfalls selbst bestimmen. Es wäre unbillig, den Leistungsanspruch in die Hand des Versicherers zu legen. Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung ist es den Piloten zu schützen.
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Den Versicherungsschutz gefährden könnte der Vorwurf einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung. Der Pilot unterließ die Angabe von Gesundheitsgründen. Nach § 11 Nr. 1 der Luftfahrt-Lizenzverlustbedingungen war der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer vor Abschluss des Vertrags alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände schriftlich, wahrheitsgemäß und vollständig anzuzeigen, insbesondere die im Versicherungsantrag gestellten Fragen so zu beantworten. Gefahrerheblich sind die Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers Einfluss zu nehmen, den Vertrag anzunehmen. Im Antragsformular wurde ohne zeitliche Eingrenzung nach Erkrankungen der Atmungsorgane gefragt. Der Pilot war drei Jahre vor Vertragsabschluss mehrfach arbeitsunfähig krank. Nach Ansicht des Piloten handelte es sich dabei aber nur um einfache Erkältungskrankheiten.
Nach BGH-Rechtsprechung muss der Versicherungsnehmer die Fragen in einem Versicherungsantragsformular grundsätzlich erschöpfend beantworten. Er darf keine wertende Auswahl zwischen den Krankheiten treffen und vermeintliche wenig gewichtige Krankheiten verschweigen. Andererseits ist aber anerkannt, dass der Versicherungsnehmer bei offenen Fragestellungen für ihn belanglose Erkrankungen verschweigen darf. Ein vernünftiger Versicherungsnehmer darf davon ausgehen, dass der Versicherer kein Interesse an der Angabe von leichten Erkrankungen hat, da er nur Ausschlüsse für Krankheiten etablieren will, die tatsächlich zu einer Berufsunfähigkeit führen können.
Somit hatte der Pilot vorliegend keine gefahrerheblichen Umstände verschwiegen. Darin, dass der Kläger, die in der Zeit vor Antragstellung aufgetretenen Atemwegserkrankungen nicht angezeigt hat, liegt keine arglistige Täuschung.
Die Absicherung des Erwerbsrisikos ist Piloten besonders wichtig. Der Erhalt der Fluglizenz ist an äußerst strenge gesundheitliche Kriterien geknüpft. Umso leichter ist der Verlust der Lizenz. Sobald der Verdacht besteht, flugunfähig erkrankt zu sein, sollte rechtzeitig ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche betraut werden.
Gerade für Piloten ist die Loss-of-Licence-Klausel ein Kernstück des eigenen Versicherungsschutzes. Zu weiteren Fragestellungen in diesem Bereich gibt der nachstehende Artikel Aufschluss: Loss-of-Licence-Versicherung.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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