Gebührenteilung für Mandatsvermittlung verstößt gegen § 49b Abs. 3 BRAO! (OLG Düsseldorf)

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich mit der rechtlichen Frage zu befassen gehabt, ob eine Vereinbarung zwischen Rechtsanwälten, nach der die Vermittlung von Mandaten gegen Entgelt erfolgen soll, ohne dass hierfür eine konkrete, dem Mandat zuzuordnende Tätigkeit geschuldet ist, gegen das Provisionsabgabeverbot in § 49b Abs. 3 BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) verstößt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.2022 – I-24 U 184/19).

Der Fall vor dem OLG Düsseldorf

Der Kläger und der Beklagte sind Rechtsanwälte. Der Kläger betrieb eine eigene Kanzlei und vertrat in “Massen-Verfahren” eine Vielzahl von Kapitalanlegern. Der Beklagte war zunächst als angestellter Rechtsanwalt für den Kläger mit derartigen Mandaten befasst. Dieses Vertragsverhältnis endete durch eine fristgerechte Kündigung des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 1. Juli 2013. Nachfolgend war der Beklagte selbständig tätig.

Im Streitfall hatten beide Rechtsanwälte vor, die Mandatsbearbeitung im Bereich dieser “Massen-Verfahren” in außergerichtliche und gerichtliche Mandate aufzuteilen. Hierzu hatten sie am 5. Juli 2013 eine entsprechende „Kooperationsvereinbarung“ geschlossen. Die Parteien haben vereinbart, dass der Kläger Mandate von Kapitalanlegern akquirierte und außergerichtlich auf eigene Rechnung bearbeitete. Für den Fall, dass keine außergerichtliche Einigung erzielt werden könne, sollte der Kläger dem Beklagten die entsprechenden Mandanten namhaft machen. Für jedes Mandat, dass der Beklagte vom Kläger vermittelt erhielt, verpflichtete er sich, einen Anteil vom Nettohonorar (40-65% je nach dem jeweiligen Gegenstandswert, zuzüglich Fallpauschalen von jeweils 100 Euro) an den Kläger auszuzahlen. Jedoch habe der Kläger die im Vertrag aufgeführten „Gegenleistungen“ (Unterstützung bei der Geltend­machung der Ansprüche, Terminsvertretungen) nie erbracht, meint der Beklagte. Dessen Leistung habe sich vielmehr auf eine reine – unzulässige – Mandatsvermittlung beschränkt.

Erstinstanzlich beantragte der Kläger, den Beklagten zur Auskunft über den Stand jeweiliger Verfahren, gebührenauslösender Tatbestände und Prüfungen über Erfolgsaussichten jeweiliger Fälle zu verurteilen. Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Die Kooperationsvereinbarung verstoße gegen § 49b Abs. 3 BRAO und sei deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich nunmehr die Berufung des Beklagten.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf

Die Berufung hat Erfolg. Sie führt zur Klageabweisung insgesamt. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung ist nichtig gemäß § 134 BGB, weil sie gegen § 49b Abs. 3 BRAO verstößt, so das Gericht. Demgemäß könne der Kläger daraus keinerlei Ansprüche herleiten.

“Kooperationsvereinbarung” verstößt gegen Provisionsabgabeverbot!

Zunächst führte der Senat aus, dass der Beklagte aufgrund der Unwirksamkeit der Vereinbarung dem Kläger Zahlungen aus dieser und infolgedessen auch keine einem solchen Anspruch vorgelagerten Auskünfte schuldet. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung verstoße nach dem Dafürhalten des OLG gegen § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO, weshalb der Kläger keine Ansprüche mit Erfolg geltend machen könne. Dies führe zur Nichtigkeit nach § 134 BGB.

Danach sei es einem Rechtsanwalt grundsätzlich verboten, Mandate gegen einen Teil der Gebühren abzugeben oder anzunehmen. Ein Rechtsanwalt, dem ein Mandat vermittelt wird, dürfe hierfür den Vermittler nicht belohnen. Denn es soll vermieden werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandaten treten. Die Anwaltschaft sei kein Gewerbe, in dem Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden, so das Gericht.

Gebührenteilung ist unzulässig!

Weiter führte der Senat aus, dass ein Mandat „vermittelt“ werde, wenn sich die Gewährung oder die Entgegenahme des Vorteils und der beabsichtigte Abschluss eines Anwaltsvertrages wechselseitig bedingen. Ausreichend sei dabei, wenn ein Teil des Vorteils für die Vermittlung von Mandaten gewährt wird. Eine Vermittlung liege vor, wenn neben den Parteien des Anwaltsvertrages ein Dritter in die Akquisition der Mandate involviert ist. Insoweit kommen auch sozietätsfremde Rechtsanwälte in Betracht.

So liege der Fall hier auch, meint das Gericht. Der Vertrag sei nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der Kanzlei des Klägers geschlossen worden. Die Parteien seien zu diesem Zeitpunkt damit nicht mehr zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden. Gemäß der Vereinbarung war der Beklagte verpflichtet, für jedes Mandat erhebliche Honoraranteile (40-65 Prozent, zzgl. „Fallpauschalen“ von jeweils Euro 100,00) an den Kläger auszuzahlen. Dies stelle nach Auffassung des OLG Düsseldorf eine unzulässige Gebührenteilung dar, denn der Kläger wurde am Gebührenaufkommen eines Mandats beteiligt, aus dem ihm aus dem Anwaltsvertrag, welchen nur der Beklagte mit dem Mandanten geschlossen hatte, kein Anspruch zustand.

Ob der Kläger tatsächlich tätig geworden ist, habe keine Rolle gespielt. Die Vereinbarung der Gebührenteilung sollte nämlich unabhängig hiervon sein. Sie sollte allein von der „Vermittlung“ abhängig sein. Bereits deshalb könne offenbleiben, ob der Kläger überhaupt zu derartigen Tätigkeiten im Hinblick auf seine Kapazitäten in der Lage gewesen wäre.

Kein Ausnahmefall nach § 49b Abs. 3 S. 2-5 BRAO

Entgegen der Auffassung des Landgerichts greife im Streitfall keine der Ausnahmen vom Verbot der Gebührenteilung nach § 49b Abs. 3 S. 2-5 BRAO ein. Ein Sonderfall im Sinne von § 49b Abs. 3 S. 2, 5 BRAO, in dem eine Gebührenteilung in Betracht kommt, liege hier nicht vor. Nach § 49b Abs. 3 S. 2 BRAO sei es zulässig, eine über den Rahmen der Nr. 3400 der Anlage 1 zum RVG hinausgehende Tätigkeit eines anderen Rechtsanwalts angemessen zu honorieren. Danach könne ein Rechtsanwalt einen weiteren Rechtsanwalt beauftragen, an der Bearbeitung des Mandats mitzuarbeiten und diesen dafür im eigenen Namen honorieren. Dass der Beklagte den Kläger auch nur zur Mitarbeit an einem der im Urteilstenor erster Instanz aufgeführten Mandate herangezogen hätte, sei aber nicht dargetan.

Ferner seien auch nicht mehrere Rechtsanwälte tätig geworden, sodass ein Ausnahmefall nach § 49b Abs. 3 S. 5 BRAO nicht greife. Hier fehle es bereits an dem Tatbestandsmerkmal „mehrere beauftragte Rechtsanwälte“. Darunter verstehe man solche, die nicht als Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft auf Grundlage eines Gesellschaftsmandats, sondern kraft selbstständig voneinander erteilter Mandate mit der Sache betraut sind.

Keine konkrete, dem Mandat zuzuordnende Tätigkeit

Letztlich fehle es im vorliegenden Fall an einem Mandat des Klägers in Bezug auf die gerichtliche Tätigkeit. Vielmehr seien die ihm erteilten Mandate auf die außergerichtliche Vertretung beschränkt gewesen und endeten mit deren Abschluss. Der Kläger habe ausdrücklich vorgetragen, dass er sich im Regelfall nur außergerichtlich beauftragen lasse, zumal eine umfassende Beauftragung ihn in die unangenehme Lage bringen würde, ein Mandat gegebenenfalls zur Unzeit kündigen zu müssen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Honorierung der Zu- bzw. Mitarbeit eines weiteren Rechtsanwalts an der Bearbeitung des Mandats grundsätzlich zulässig ist, so läge eine solche hier ebenfalls nicht vor. Denn der Kläger habe sich nicht zur Mitarbeit an näher bezeichneten und zuvor festgelegten Mandaten verpflichtet bzw. sei hierzu vom Beklagten herangezogen worden. Hierzu sei nichts vorgetragen, meint das OLG.

Vielmehr mache der Kläger pauschal Auskunfts- und Vergütungsansprüche für jedes Mandat geltend, in welchem der Beklagte von den Mandanten, welche der Kläger namhaft gemacht hatte, zur gerichtlichen Vertretung mandatiert wurde. Bereits daraus werde nach Ansicht des Senats deutlich, dass hier keine konkreten, mandatsbezogenen Leistungen im Vordergrund standen, sondern der Kläger allgemein an den Einkünften des Beklagten aus den durch ihn generierten Mandaten beteiligt werden wollte. Es könne somit weiter dahingestellt bleiben, ob die Honorierung der Leistungen des Klägers seiner Verantwortlichkeit sowie dem Haftungsrisiko und den sonstigen Umständen Rechnung tragen konnte, ob er sie tatsächlich erbracht hat bzw. hierzu aufgrund seiner Kapazitäten überhaupt in der Lage gewesen wäre.

Die Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen lasse nur den Rückschluss zu, dass der Beklagte den Kläger unabhängig von konkreten Gegenleistungen an seinem Honoraraufkommen während der gerichtlichen Vertretung der zuvor vom Kläger außergerichtlich vertretenen Mandanten beteiligen sollte. Dies stelle einen Verstoß gegen das Verbot der Gebührenteilung dar und lässt jedwede Ansprüche des Klägers aus der Vereinbarung vom 5. Juli 2013 entfallen. Denn auch § 49b Abs. 3 BRAO stelle ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB dar.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, ist von aktueller Brisanz denn je. Denn neben Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern ist es auch für Rechtsanwälte wichtig, dass der Wettbewerb untereinander geschützt bleibt und es nicht zu Verbotshandlungen durch Konkurrenten kommt. Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), die Gewerbeordnung (GewO) und gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), letztlich damit auch gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) werden kostenpflichtig geahndet. Aus diesem Grund ist es wichtig sich mit den genauen Verbotsnormen zu beschäftigen, um gerade nicht gegen das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, zu verstoßen.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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