PKV-Optimierer nimmt Klage vor dem AG Neukölln zurück

In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt wurde unser Mandant von einem sogenannten PKV-Optimierer – oder auch Tarif-Optimierer – auf Zahlung eines Honorars vor dem Amtsgericht Neukölln (Az. 18 C 101/16) verklagt.

Der zugrundeliegende Sachverhalt:

Grundlage für die Zahlung dieses Honorars war eine sogenannte Dienstleistungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich der PKV-Optimierer eine Recherche bezüglich eines neues Tarifes im Rahmen der privaten Krankenversicherung vorzunehmen.

Dabei handelt es sich um ein Tarifwechselrecht nach § 204 VVG, welches durch die Recherche eines geeigneten Tarifes vorbereitet werden sollte. Der Versicherungsvertrag wird dabei nicht geändert und es wird auch kein neuer Vertrag vermittelt. Lediglich eine Tarifumstellung wird vorgenommen, wobei der PKV-Optimierer gemäß seiner eigenen Tarifwechselvereinbarung lediglich die Recherche eines neuen Tarifes schulde. Der PKV-Optimierer / Tarif-Optimierer ist Versicherungsmakler nach § 34d GewO. Gefordert wurde ein Erfolgshonorar, welches sich nach einer etwaigen Ersparnis zum alten Tarif berechnet. Auf die Monatsersparnis wurde ein Faktor in Höhe von 9,5 zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer berechnet.

Die Angelegenheit wurde vor dem AG Neukölln verhandelt. Nach der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2016 nahm der PKV-Optimierer die Klage zurück.

Das rechtliche Problem „PKV-Optimierer“

Der PKV-Optimierer ist Versicherungsmakler nach § 34 d GewO und wird von seinen Kunden mit Erfolgshonoraren vergütet. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses steht jedoch noch nicht fest, welches Honorar der Verbraucher genau zahlen soll. Dabei ist auch fraglich, ob ein Versicherungsmakler, dessen Geschäftsmodell die generelle Tätigkeit nach einem Erfolgshonorarmodell vorsieht, zum einen vielmehr eine unzulässige Rechtsberatung darstellt, zum anderen auch gewerberechtlich unzulässig ist, da kein neuer Vertrag vermittelt wird, sondern lediglich ein Tarifwechsel innerhalb des bestehenden Krankenversicherungsvertrages vorgenommen wird.

Mit diesen vorgenannten Problematiken des sogenannten Tarifwechselrechts nach § 204 VVG (Versicherungsrecht) hatte sich das LG Saarbrücken und der BGH bereits auseinandergesetzt. Die Entscheidung des LG Saarbrücken befindet sich gerade beim OLG Saarbücken in der Berufung und steht noch aus.

Über das Urteil des LG Saarbrücken vom 17.05.2016 (Aktenzeichen: 14 O 152/15) hat die Kanzlei Jöhnke & Reichow bereits hier berichtet. Über das Urteil des BGH vom 13.04.2016 (Aktenzeichen: IV ZR 393/15) hat die Kanzlei Jöhnke & Reichow hier berichtet.

Dabei stellte der BGH bereits in zwei Entscheidungen fest:

„Bei einem Tarifwechsel nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 VVG kommt es nicht zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages.“(BGH, Urteil vom 13.4.2016 – IV ZR 393/15)

„Hierbei wird übersehen, dass es durch den Tarifwechsel nicht zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags kommt, sondern der bisherige Krankenversicherungsvertrag unter Wechsel des Tarifs fortgesetzt wird.“ (BGH, Urteil vom 15.7.2015 – IV ZR 70/15)

Das Landgericht Saarbrücken erkannte für Recht:

„Die Recherche von Einsparungsmöglichkeiten innerhalb eines bestehenden Versicherungsvertrags durch einen Versicherungsmakler (§ 204 VVG) stellt keine Maklerleistung, sondern eine Rechtsdienstleistung dar. Eine in diesem Zusammenhang stehende Vergütungsabrede kann gegen das Gebot von Treu und Glauben und das Transparenzgebot verstoßen.“ (LG Saarbrücken, Urteil vom 17.05.2016 – 14 O 152/15)

Unzulässige Rechtsberatung durch den Versicherungsmakler

Als Versicherungsmakler nach § 34d GewO ist damit eine Recherche von Tarifen nach dem Erfolgshonorarmodell unzulässig. Es fehlt an dem geschuldeten Vermittlungserfolg des Versicherungsmaklers bei einer reinen Recherche, da lediglich und ausschließlich ein Optionsrecht des Versicherungsnehmers auf Inhaltsänderung seines bestehenden und bestehenbleibenden Krankenversicherungsvertrags besteht, jedoch kein neuer Vertrag vermittelt wird. § 34 d GewO verlangt jedoch den Vermittlungserfolg durch den Versicherungsmakler. Darüber hinaus stellt diese Tätigkeit eine Rechtdienstleistung dar, für welche der Versicherungsmakler keine gewerberechtliche Erlaubnis besitzt.

Intransparente Honorarvereinbarung des Versicherungsmaklers

Auch die Tarifwechselvereinbarungen / Honorarvereinbarungen werden als intransparent angesehen. Diese benachteiligen den Verbraucher unangemessen, da eine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart wird und der Verbraucher somit noch keine genaue Information darüber hat, was tatsächlich die Forderung sein könnte. Auch der Begriff der Einsparungsmöglichkeit ist mehrdeutig. Folglich geht die Verwendung derartiger Klauseln zulasten des Verwenders, also des PKV-Optimierers, bzw. Tarif-Optimierers.

Tarifwechselrecht nach § 204 VVG weiterhin auf dem Prüfstand

Das Tarifwechselrecht nach § 204 VVG wird weiterhin juristisch interessant bleiben. Es bleibt auch abzuwarten, wie das OLG Saarbrücken als Berufungsinstanz entscheiden wird.

Fakt ist, dass einige Geschäftsmodelle in dem Bereich des Tarifwechsels nach § 204 VVG wohl aus den genannten Gründen unzulässig sein dürften. Dennoch besteht natürlich ein Bedürfnis der Verbraucher daran Unterstützung zu bekommen, denn die Tarife werden von den privaten Krankenversicherern stetig erhöht. Vor diesem Hintergrund bleibt die rechtliche Entwicklung in diesem Rechtsgebiet des Versicherungsrechts abzuwarten.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow aus Hamburg ist spezialisiert im Versicherungsrecht und unterstützt Sie gern bei allen Fragen zur privaten Krankenversicherung und zum Tarifwechselrecht.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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