Neue Informationspflichten zur Streitbeilegung ab 1. Februar 2017 für alle Unternehmer im B2C-Bereich

Die gesetzlichen Informationspflichten zur Streitbeilegung traten in zwei Stufen in Kraft. Zum 01.02.2017 trat dabei die zweite Stufe der Regelungen über die außergerichtliche Streitbeilegung in Kraft. Dieser Umstand bringt neue Informationspflichten zur Streitbeilegung für Unternehmer mit sich. Die Kanzlei möchte aus diesem Grunde auf einige Punkte aufmerksam machen und auf die wichtigsten Aspekte hinweisen.

Hintergrund der neuen Informationspflichten zur Streitbeilegung

Hintergrund dieser Regelungen sind ganz klar die Stärkung der Verbraucherrechte und die Entlastung der Gerichte. Die Unternehmen und ihre Kunden sollen sich also selbst und kostengünstig in Streitfällen einigen, bevor die deutschen Gerichte angerufen und damit auch „belastet“ werden. Aus diesem Grund wurden die Verordnung 524/2013 „Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten“ („ODR-VO“) sowie die die Richtlinie 2013/11/EU „Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“ („ADR-RL“) erlassen.

Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinien wurde das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz („VSBG“) zum 01.04.2016 beschlossen. Das VSBG regelt unter anderem die Schaffung von Schlichtungsstellen und Informationspflichten für Unternehmen, die im Bereich B2C tätig sind.

Bereits im letzten Jahr trat eine Regelung – die erste Stufe – in Kraft, die eine Verpflichtung für Online Händler vorsieht, einen Verweis bzw. Link zur Online-Schlichtungs-Plattform „OS-Plattform“ bereitzustellen. Diese Informationspflichten zur Streitbeilegung bestehen unabhängig von der ab dem 01.02.2017 geltenden Verpflichtung nach dem VSBG.

Teilnahme an der Streitbeilegung ist keine Pflicht

Die Streitbeilegung bleibt dabei grundsätzlich freiwillig. Die Informationspflichten zur Streitbeilegung müssen jedoch spätestens im Fall von Streitigkeiten von allen Unternehmern beachtet werden, die im Business-2-Consumer – Bereich tätig sind.

Folglich gelten ab dem 01.02.2017 für Händler auf Internetseiten neue Informationspflichten zur Streitbeilegung nach dem VSBG.

Hinweispflichten für Unternehmen

Trotz der Freiwilligkeit der Teilnahme gilt folgendes zu beachten: Unternehmen sind unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet darauf hinzuweisen, ob sie an derartigen Schlichtungsverfahren teilnehmen. Eine Pflicht zur Teilnahme an Schlichtungsverfahren kann sich zum Beispiel aus Übereinkommen ergeben, denen sich ein Unternehmen unterworfen hat. Hierbei ist insbesondere an Verbandsrichtlinien und / oder Kodizes zu denken. Hierüber kann sich ebenfalls die Pflicht zur Teilnahme ergeben, wenn man sich diesen Verbandsrichtlinien wirksam unterworfen hat. Eine Pflicht kann auch per Gesetz festgelegt werden, welche für spezielle Branchen gelten.

Welche Änderungen werden maßgeblich sein?

Die wichtigste Neuerung findet sich in § 36 VSBG. Dieser gliedert sich in drei Absätze und sieht zusammengefasst die folgenden Regelungen vor:

  • § 36 Absatz 1 Nr. 1: Ein Unternehmer (nicht nur Online-Händler), der eine eigene Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, hat dem Verbraucher klar und verständlich mitzuteilen, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitbeilegungsstelle teilzunehmen.
  • § 36 Absatz 1 Nr. 2: Überdies muss der Händler, wenn er sich verpflichtet hat an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen oder gesetzlich dazu verpflichtet ist, auf die zuständige Verbraucherstreitbeilegungsstelle hinzuweisen und Angaben zu deren Anschrift und Webseite offenlegen.

Eine wichtige Ausnahme von dieser Informationspflicht: die Mitarbeiteranzahl.

  • § 36 Absatz 3: Die Informationspflicht nach § 36 Absatz 1 Nr. 1 treffen einen Unternehmer nicht, wenn er zum Zeitpunkt des 31. Dezember des Vorjahres 10 oder weniger Personen beschäftigt hat.

Was bedeuten diese Änderungen für Unternehmer

Die in § 36 VBSG aufgeführten Änderungen verpflichten Unternehmer nicht zwangsläufig zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren. Eine solche Verpflichtung trifft vor allem Branchen, in denen ein erhöhter Bedarf an Verbraucherschutz besteht. Jedoch gilt auch hier die Einschränkung des § 36 Absatz 3, die bei einer Mitarbeiterzahl von 10 oder weniger zum 31. Dezember des Vorjahres greift.

Demnach trifft Unternehmen jedoch die Verpflichtung, eine Auskunft darüber zu erteilen, ob sie freiwillig an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren teilnehmen möchten. Diese Verpflichtung besteht neben bzw. zusätzlich zu der Plicht zum Hinweis-Link auf die vorbenannte OS-Plattform, deren Informationspflicht nicht aus dem VBSG ergibt sondern aus Art. 14 Abs. 1 ODR-VO.

Zu beachten ist auch § 37 VBSG: Sofern eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte, ist der Unternehmer verpflichtet, auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinzuweisen. Der Unternehmer muss in diesem Fall zugleich angeben, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit ist oder verpflichtet ist.

Was sind die möglichen Folgen bei Zuwiderhandlungen?

Die neuen Vorgaben sind als Marktverhaltensregeln anzusehen. Deshalb kann eine Missachtung dieser Vorgaben, Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände dazu berechtigen, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gegen Unternehmer auszusprechen, die sich nicht an die Vorgaben halten.

Derartige Abmahnungen sind bekanntermaßen mit hohen Kosten verbunden und sehen Ansprüche auf Unterlassung vor sowie den Aufwendungsersatz für die notwendigen Rechtsverfolgungskosten des Rechtsanwaltes. Um dieses zu vermeiden sollten die neuen Regelungen unbedingt beachtet werden.

Nehmen Sie gern Expertenrat in Anspruch

Wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Regelungen für Ihr Unternehmen benötigen, so können Sie sich vertrauensvoll an die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte aus Hamburg wenden. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow hat sich auf die Bedürfnisse von Unternehmen, dabei insbesondere auf diejenigen von Vermittlern der Versicherungs- und Finanzbranche, spezialisiert. Die besondere Expertise der Kanzlei liegt dabei im Versicherungsrecht und Vermittlerrecht, Bankrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz.

Beratungsschwerpunkt der Kanzlei: Versicherungs- und Finanzbranche

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow berät Unternehmen bundesweit und ganzheitlich. Sie versteht sich als eigene Rechtsabteilung des Vermittlerhauses und steht den Mitarbeiter und Kunden des Vermittlerbetriebes vollumfänglich zur Verfügung.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zu dem Bereich „Vermittler im Wettbewerb“ auf dem Vermittlerkongress am 22.02.2017 in Hamburg informieren. Informationen zur Agenda finden Sie hier.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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