Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeit unterstützt bei der Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (Berufsunfähigkeitsrente)

Stichtagsprinzip in der Berufsunfähigkeitsversicherung (OLG Brandenburg)

Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte mit dem Beschluss vom 2. Juni 2025 (Az. 11 U 192/24) das Stichtagsprinzip in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei einer selbstständigen Kosmetikerin kommt es entscheidend darauf an, in welchem Zeitraum zwischen dem behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit und der Leistungsablehnung des Versicherers die gesundheitlichen Einschränkungen tatsächlich nachweisbar waren. Damit stärkt das OLG Brandenburg das Stichtagsprinzip als zentrales Beweismaß für die Feststellung von Berufsunfähigkeit.

Streit um die Berufsunfähigkeitsrente

Die Versicherungsnehmerin, eine selbstständige Kosmetikerin, gab an, ihren Beruf aufgrund gesundheitlicher Beschwerden nicht mehr ausüben zu können. Sie beantragte daher Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ). Dabei machte sie chronische, vielfältige Beschwerden geltend und forderte zusätzliche fachübergreifende Begutachtung.

Der Versicherer lehnte die Berufsunfähigkeitsleistung ab, weil die vorgetragenen Beschwerden nach seiner Ansicht nicht hinreichend objektivierbar waren und weil kein belastbarer Bezug zu den prägnanten Tätigkeiten einer Kosmetikerin – manuellen Behandlungen, Kundenberatung, feinmotorischen Arbeiten – hergestellt wurde. Es habe außerdem innerhalb des nach dem Stichtagsprinzip maßgeblichen Prüfungsfensters keine medizinischen Befunde gegeben, die eine Einschränkung von mindestens 50 % (siehe: Die Bemessung des BU-Grades in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)) nachvollziehbar zu belegen. Die Versicherungsnehmerin wollte sich mit der Leistungsablehnung nicht zufriedengeben und erhob daraufhin Klage vor dem Landgericht Frankfurt (Oder).

Das Landgericht Frankfurt (Oder) wies die Klage mit Urteil vom 18. Oktober 2024 (Az. 15 O 15/22) ab. Als Begründung führte das Landgericht Frankfurt (Oder) aus, dass keine Berufsunfähigkeit einer selbständigen Kosmetikerin vorläge. Die medizinischen Befunde würden keine 50%-ige Einschränkung der beruflichen Tätigkeiten belegen. Gegen diese Entscheidung legte die Versicherungsnehmerin Berufung ein und rügte insbesondere die Methodik des Sachverständigen. Darüber hinaus verwies sie auf weitere Beschwerden.

Berufsunfähigkeit nach dem Stichtagsprinzip

Das Oberlandesgericht Brandenburg hielt die Berufung für unbegründet und wies diese zurück. Das Oberlandesgericht Brandenburg betonte dabei, dass eine Berufsunfähigkeit im Sinne des Versicherungsvertrags dann vorliegt, wenn die versicherte Person voraussichtlich dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, ihren Beruf zu mindestens 50 % auszuüben.

Für diese Prüfung ist laut dem Oberlandesgericht Brandenburg das Stichtagsprinzip maßgeblich. Entscheidend ist nicht der Gesundheitszustand während des Prozesses, sondern der Zustand innerhalb des maßgeblichen Zeitraums zwischen Eintritt der Berufsunfähigkeit und Leistungsablehnung. Anhand objektiver medizinischer Befunde muss hier nachvollziehbar belegt werden, dass keine Aussicht auf eine wesentliche Besserung besteht. Das Oberlandesgericht Brandenburg knüpft damit an die vertragliche 50 %-Schwelle und an die zeitlich begrenzte Prüfung vom behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit bis zur Leistungsablehnung an.

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Feststellung der Berufsunfähigkeit durch Sachverständige

Ein medizinischer Sachverständiger muss sich in den Zeitpunkt des behaupteten Eintritts der Berufsunfähigkeit hineinversetzen. Aus dieser Perspektive muss er alle ärztlichen Berichte und Befunde chronologisch auswerten – gemäß dem Stichtagsprinzip, das eine rückblickende, aber zeitgleich gebundene Betrachtung verlangt.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat deutlich gemacht, dass spätere Arztberichte oder Gutachten lediglich als Indizien für die frühere Lage herangezogen werden dürfen. Als Nachweis der Berufsunfähigkeit sind in erster Linie die zeitnah erhobenen ärztlichen Befunde entscheidend.

Zusätzlich stellte das Oberlandesgericht Brandenburg klar, dass eine persönliche Untersuchung der Versicherungsnehmerin nicht zwingend erforderlich ist, wenn die Unterlagen eine ausreichende retrospektive Beurteilung nach dem Stichtagsprinzip zulassen. Maßgeblich bleibt, ob innerhalb des Prüfungsfensters objektivierbare, funktionsbezogene Defizite dokumentiert sind.

Warum das Oberlandesgericht Brandenburg keine Berufsunfähigkeit sah

Das Oberlandesgericht Brandenburg folgte den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Dieser hatte die Befundberichte der behandelnden Ärzte umfassend ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsnehmerin nicht zu mindestens 50 % in ihrer Berufsausübung eingeschränkt war.

Für das Oberlandesgericht Brandenburg war entscheidend, dass viele Beschwerden der Versicherungsnehmerin zwar ärztlich dokumentiert waren, jedoch keinen hinreichenden Bezug zu den konkreten beruflichen Anforderungen aufwiesen. Subjektive Schilderungen wie Schmerzen oder Konzentrationsbeschwerden genügen ohne objektive Befunde nicht. Entscheidend sei die Funktionsbezogenheit: Welche Kernhandlungen der Kosmetikerin sind in welchem Umfang (mindestens 50 %) wie lange nicht mehr möglich? Die Aktenlage belegte dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts Brandenburg nicht. Das Oberlandesgericht Brandenburg sah daher keinen Anlass, zusätzliche Sachverständige hinzuzuziehen.

Fazit und Hinweise

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Berufsunfähigkeitsversicherung das Stichtagsprinzip gilt. Das bedeutet, dass Versicherte müssen den Eintritt der Berufsunfähigkeit für den relevanten Zeitraum bis zur Leistungsablehnung klar und objektiv belegen müssen. Empfehlenswert ist es deshalb frühzeitig lückenlose Facharztbefunde beizubringen.

Sollte ein Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente ablehnen, so empfiehlt es sich, rechtlichen Rat von einem auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuholen, um die Durchsetzbarkeit rechtlicher Ansprüche prüfen zu lassen. Die Rechtsanwälte Jöhnke & Reichow stehen Versicherungsnehmern hierbei gerne als Fachanwälte für Versicherungsrecht zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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