Das Oberlandesgericht Saarbrücken beschäftigte sich in seiner Entscheidung vom 05.02.2025 (Az.: 5 U 31/24) mit der Thematik, ob die Invalidität nach Infektionskrankheit hinreichend festgestellt werden konnte und dementsprechend die Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung erfüllt wurden.
Der Versicherungsnehmer unterhielt eine private Unfallversicherung, bei der auch seine Ehefrau mitversichert war. Die Gesundheitsfragen bezüglich Vorerkrankungen wurden für beide versicherte Personen dahingehend beantwortet, dass keine Vorerkrankungen vorlagen. Gemäß den vereinbarten Versicherungsbedingungen war auch der Ausbruch der Infektionskrankheit Borreliose ein versicherter Unfall.
Im Juni 2017 wurde der Versicherungsnehmer von einer Zecke gebissen. Dieser Zeckenbiss wurde ärztlich untersucht und zeigte zu dem damaligen Zeitpunkt keine weiteren Folgen. Im Juni 2020 wurden bei einem Neurologen wegen eines Taubheitsgefühls im Zeh des Versicherungsnehmers Bluttests durchgeführt, die zu dem Ergebnis kamen, dass der Versicherungsnehmer unter Borreliose litt. Diese Diagnose wurde am 28.10.2020 ärztlich bescheinigt. Der Arzt stellte fest, dass eine akute Borreliose vorlag und der Versicherungsnehmer aus dem Grund arbeits-, erwerbs- und berufsunfähig war.
Die Ehefrau gab im Rahmen einer anderen Leistungsprüfung am 29.09.2020 an, dass sie bereits seit 1980 an einem Herzklappenfehler und einer Herzmuskelentzündung litt. Aufgrund der abweichenden Angaben der Ehefrau erklärte der Versicherer mit Schreiben vom 05.10.2020 den Rücktritt beziehungsweise die Anfechtung des Versicherungsvertrages. Grund dafür war eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung der Ehefrau.
Der Versicherungsnehmer selbst machte sodann Leistungen aus der Unfallversicherung wegen einer Invalidität nach Infektionskrankheit geltend. Die außergerichtliche Zahlungsaufforderung des Versicherungsnehmers blieb erfolglos, woraufhin er Klage vor dem Landgericht Saarbrücken erhob.
Der Versicherungsnehmer berief sich zunächst darauf, dass die Anzeigepflichtverletzung seiner Ehefrau keine Auswirkungen auf sein Versicherungsverhältnis hatte. Darüber hinaus habe er die Rücktritts-/Anfechtungserklärung nie erhalten.
Der Versicherer vertrat weiterhin die Auffassung, dass eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorlag, welche auch vorsätzlich und arglistig begangen wurde, da dem Versicherungsnehmer bewusst war, dass der Versicherungsvertrag ansonsten nicht oder nicht zu den gleichen Bedingungen zustande gekommen wäre. Die Rücktritts-/Anfechtungserklärung sei zugegangen, da der Prozessbevollmächtigte des Versicherungsnehmers sogar auf das Schreiben geantwortet hatte. Außerdem wurden auch die Voraussetzungen des Invaliditätsnachweises nicht erfüllt.
Auch das Landgericht Saarbrücken forderte den Versicherungsnehmer wiederholt auf, eine bedingungsgemäße Invaliditätsfeststellung vorzulegen. Der Versicherungsnehmer kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Daraufhin wies das Landgericht Saarbrücken die Klage in seinem Urteil vom 23.02.2024 (Az.: 14 O 64/22) ab, da eine Invalidität nach Infektionskrankheit bis zuletzt nicht nachgewiesen wurde. Der alleinige Verweis auf die Erwerbs-, Arbeits- oder Berufsunfähigkeit war nach Ansicht des LG Saarbrücken nicht ausreichend. Außerdem fehlte es auch an dem Nachweis der konkreten gesundheitlichen Beschwerden, die durch die Borreliose-Erkrankung hervorgerufen wurden. Aufgrund des fehlenden Nachweises kam es auch auf den Rücktritt/die Anfechtung letztendlich nicht mehr an.
Dagegen legte der Versicherungsnehmer Berufung ein, wodurch das Oberlandesgericht Saarbrücken über die Sache zu entscheiden hatte. Der Versicherungsnehmer argumentierte dabei auch, dass die Ärzte, die ihn untersucht hatten, nicht durch das LG Saarbrücken vernommen worden seien.
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Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied ebenso wie das Landgericht Saarbrücken zugunsten des Versicherers. Die Berufung blieb also erfolglos.
Die vorliegende Borreliose-Erkrankung des Versicherungsnehmers an sich galt als versichertes Unfallereignis. Eine fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung blieb jedoch bis zuletzt aus. Die vorhandene ärztliche Bescheinigung enthielt lediglich die Feststellung, dass der Versicherungsnehmer noch eine akute Borreliose habe. Ein Dauerschaden ergab sich aus dieser Bescheinigung nicht (siehe auch Inhaltsanforderungen an die ärztliche Invaliditätsfeststellung (OLG Naumburg)).
Die Argumentation des Versicherungsnehmers, dass die Ärzte nicht vernommen wurden, blieb ebenfalls ohne Erfolg. Eine mündliche Aussage von ihnen würde den Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung gleichermaßen nicht gerecht werden, da diese schriftlich zu erfolgen hat. Außerdem wären die Aussagen nicht mehr fristgerecht, da die Frist zu dem Zeitpunkt bereits abgelaufen war (vgl. Nachweis des Invaliditätseintritts nach Verkehrsunfall (OLG Karlsruhe)).
Das Urteil des Oberlandesgericht Saarbrücken zeigt, dass die Anforderungen an den Nachweis einer Invalidität nach Infektionskrankheit nicht unerheblich sind. Lehnt ein Versicherer die Leistungen aus einem Versicherungsvertrag ab, kann es vorteilhaft sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Dieser kann Unterstützung bei der Leistungsprüfung oder auch im weiteren Verfahren bieten. Gerne stehen dafür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
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