Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeit unterstützt bei der Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (Berufsunfähigkeitsrente)

Leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung (OLG Hamm)

Das Oberlandesgericht Hamm eine zentrale Fragestellung im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherungen zu klären. Konkret ging es dabei um die Frage, wann ein leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung vorliegt (OLG Hamm, Urt. v. 04.04.2025 – 20 U 33/21).

Berufswechsel wegen Rückenschmerzen und psychischer Beeinträchtigungen

Der spätere Versicherungsnehmer litt seit 2004 an einer Nervenfunktionsstörung, weswegen er einen Behinderungsgrad von 30 hatte. Wegen dieser Nervenfunktionsstörung wurde er mehrmals ärztlich behandelt. Seit April 2005 war er als selbstständiger Imbissbetreiber tätig.

Am 06.03.2010 stellte der Imbissbetreiber einen Versicherungsantrag bei einem Berufsunfähigkeitsversicherer. Die Gesundheitsfragen in dem Antrag wurden alle dahingehend beantwortet, dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorlagen. Es lagen zwar grundsätzlich Vorerkrankungen oder Behandlungen vor, diese fielen jedoch nicht konkret unter die in dem Antrag gestellten Fragen. Der Versicherer nahm den Versicherungsantrag an, woraufhin der Imbissbetreiber seit dem 01.04.2010 Versicherungsschutz genoss.

Aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen und wirtschaftlichen Gründen gab der Versicherungsnehmer die Selbstständigkeit ab dem 31.08.2013 auf und war ab 01.09.2013 in einem fleischverarbeitenden Betrieb tätig. Ab dem 04.11.2013 war der Versicherungsnehmer wegen Rückenschmerzen und psychischer Beeinträchtigungen krankgeschrieben.

Der Versicherungsnehmer machte im Frühjahr 2014 Ansprüche aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung geltend. Daraufhin prüfte der Versicherer seine Leistungspflicht und lehnte diese ab, in dem er im Dezember 2014 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und im Februar 2015 auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärte. Der Grund dafür waren aus Sicht des Versicherers nicht angegebene Vorerkrankungen und Gesundheitsbehandlungen.

Später absolvierte der Versicherungsnehmer eine Umschulung zum Verwaltungswirt, auf welche Tätigkeit der Versicherer den Versicherungsnehmer im August 2020 hilfsweise verwies.

Leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Das Landgericht Detmold wies die Klage des Versicherungsnehmers am 05.01.2021 (Az.: 2 O 2/18) nach der Beweiserhebung zunächst ab mit der Begründung, dass der Beweis der Berufsunfähigkeit nicht erbracht worden sei. Der Tätigkeit in dem Imbiss hätte der Versicherungsnehmer weiterhin nachkommen können, da sich die Beschwerden erst aus der darauffolgenden Tätigkeit ergeben hätten. Diese Tätigkeit wiederum wurde nicht für einen ausreichend langen Zeitraum ausgeführt, als dass sie als Anknüpfungspunkt für die Berufsunfähigkeit angesehen werden könne.

Gegen diese Entscheidung legte der Versicherungsnehmer Berufung ein, da er der Auffassung war, dass das LG Detmold fälschlicherweise auf seine selbstständige Tätigkeit in dem Imbiss abstelle. Diese Tätigkeit sei seiner Meinung nach nicht mehr prägend gewesen.

Ihre Versicherung zahlt nicht?

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht hilft bei Streit mit der Berufsunfähigkeitsversicherung

Bundesweite Unterstützung durch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützt ihre Mandanten bundesweit in versicherungsrechtlichen Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.

Zur Kontaktaufnahme

Berufsunfähigkeit wurde ausreichend nachgewiesen!

Die Berufung des Versicherungsnehmers hatte teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht Hamm gelangte zu dem Ergebnis, dass der Versicherungsnehmer in dem Zeitraum vom 01.04.2017 bis zum 31.12.2020 berufsunfähig war und dementsprechend für den Zeitraum Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung hatte. Der Rücktritt und die Anfechtung des Versicherers waren erfolglos. Nach dem 31.12.2020 durfte der Versicherer den Versicherungsnehmer auf die Tätigkeit als Verwaltungswirt verweisen und die Leistungen einstellen (hierzu: Die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung).

Die Anfechtung und der Rücktritt blieben erfolglos, da die Gesundheitsfragen bei genauer Betrachtung der Formulierung objektiv nicht falsch beantwortet wurden. Die Vorerkrankungen oder ärztlichen Behandlungen, die damals vorlagen, fielen nicht unter die konkret erfragten Erkrankungen oder Behandlungen. Entweder aufgrund des Zeitraums oder aufgrund der konkreten Ausgestaltung, wie zum Beispiel ob die Erkrankung chronisch war, fielen die Vorerkrankungen nicht unter die gestellten Fragen.

Tätigkeit in zuletzt gesunden Tagen als Anknüpfungspunkt

Bezüglich der Berufsunfähigkeit stimmte das OLG Hamm dem LG Detmold zu, dass für die Berufsunfähigkeit die selbstständige Tätigkeit in dem Imbiss als Anknüpfungspunkt anzusehen sei. Grundsätzlich komme es gemäß des Stichtagprinzips auf den Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit an (vgl. Maßgebende Berufsausübung für die Berufsunfähigkeit (BGH)). Liegt jedoch ein leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung vor, komme es hingegen auf die Tätigkeit an, die in zuletzt gesunden Tagen ausgeübt wurde. Diese Tätigkeit war bei dem Versicherungsnehmer die Tätigkeit im Imbiss, wonach diese Tätigkeit der maßgebliche Anknüpfungspunkt war.

Eine Berufsunfähigkeit in dem Beruf lag jedoch spätestens seit November 2013 auch vor, was das LG Detmold zu Unrecht verneinte. Entgegen der Auffassung des LG Detmold waren die gesundheitlichen Beschwerden des Versicherungsnehmers auch während der Tätigkeit in dem Imbiss bereits vorhanden und auch behandelt worden (siehe auch Verminderte Leistungsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit als Normalzustand des Versicherten?).

Der Versicherer konnte den Versicherungsnehmer durch die Einstellungsmitteilung vom 24.08.2020 wirksam auf die Tätigkeit verweisen, zu der er eine Umschulung absolviert hatte. Die Tätigkeit entsprach seiner Ausbildung, seinen Fähigkeiten und auch seiner bisherigen Lebensstellung, so das OLG Hamm.

Der Versicherungsnehmer hatte somit einen Anspruch auf die Rentenbeträge von Dezember 2013 bis März 2017, als auch auf die Rückzahlung der gezahlten Beiträge.

Fazit und Hinweise

Mit seinem Urteil zeigt das Oberlandesgericht Hamm, dass immer die konkreten Umstände im Einzelfall entscheidend sind. Ein leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung und die konkrete Verweisung sind regelmäßig auftretende Streitpunkte zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern (siehe auch: leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung)

Welcher Beruf letztendlich maßgeblich ist, lässt sich pauschal nie sagen, da immer der genaue Krankheitsverlauf berücksichtigt werden muss.

Liegen Unstimmigkeiten mit dem Versicherer vor oder es ist bereits zu einer Leistungsablehnung gekommen, kann es von Vorteil sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Fachanwalt zu kontaktieren. Dieser kann fachmännisch beraten und zu bestmöglichen Erfolgschancen verhelfen (weiterführend dazu Berufsunfähigkeit: Unterstützung im Leistungsfall durch Experten!). Dafür stehen gerne auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen und Rechtsprechung zu dem Thema sind unter der Kategorie Berufsunfähigkeit zu finden.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

Zum Anwaltsprofil

Fachanwalt für Versicherungsrecht erklärt, wann ein leidensbedingter Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung vorliegt.

Mandantenstimmen:

Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.

Hinweise zu Kundenbewertungen

Bleiben Sie informiert – unser Newsletter!

Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.