Rechtsanwalt für private Krankenversicherung - PKV

Rückwirkende Erhöhung des Risikozuschlages in der PKV (LG Duisburg)

Das Landgericht Duisburg behandelte in seinem Urteil vom 08.04.2025 (Az.: 6 O 295/24) die rückwirkende Erhöhung des Risikozuschlages in der privaten Krankenversicherung. Der Versicherer vertrat die Auffassung, die Versicherungsnehmerin habe eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung begangen und erhöhte daraufhin rückwirkend den Risikozuschlag.

Erhöhung des Risikozuschlages in der PKV

Die Versicherungsnehmerin unterhielt eine private Krankenversicherung, bei der auch ihr Ehemann mitversichert war. Bei Antragstellung am 30.10.2014 gab sie bezüglich der Vorerkrankungen ihres Mannes eine Hypothyreose und eine Sehschwäche an, woraufhin ein Risikozuschlag vereinbart wurde. Weitere Vorerkrankungen wurden nicht erwähnt, obwohl der Ehemann seit Februar 2013 unter erhöhten Cholesterinwerten, erhöhten Harnsäurewerten und einer Fettleber litt.

Am 23.11.2016 erhielt der Versicherer durch eine eingereichte Rechnung Kenntnis von den weiteren Vorerkrankungen. Daraufhin übersendete der Versicherer der Versicherungsnehmerin einen Fragebogen für den behandelnden Arzt. Dieser Fragebogen wurde jedoch nicht zurückgeschickt, woraufhin der Versicherer der Versicherungsnehmerin mitteilte, dass die Leistungsprüfung nicht abgeschlossen werden könne.

Auf eine erneut eingereichte Rechnung bezüglich der Diagnose „Hypercholesterinämie“ verweigerte der Versicherer die Erstattung der Kosten mit Verweis auf einen Leistungsausschluss für eben diese Diagnose. Dieser Leistungsausschluss soll in der vorherigen Mitteilung über die nicht abgeschlossene Leistungsprüfung enthalten gewesen sein. Die Versicherungsnehmerin entgegnete darauf, sie hätte keine Kenntnis von einem Leistungsausschluss. Daraufhin teilte der Versicherer der Versicherungsnehmerin wiederum mit, dass eine Leistungsprüfung ohne die zuvor angeforderten Unterlagen nicht möglich sei.

Die benötigten Unterlagen gingen sodann am 18.07.2019 bei dem Versicherer ein. Mehr als sechs Wochen später, am 03.09.2019, forderte der Versicherer weitere Laborwerte an. Als die Risikoprüfung abgeschlossen war, erklärte der Versicherer eine rückwirkende Erhöhung des Risikozuschlages. Die Versicherungsnehmerin klagte sodann auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der rückwirkenden Erhöhung des Risikozuschlages.

Rechtswidrige rückwirkende Erhöhung des Risikozuschlages?

Die Versicherungsnehmerin war der Meinung, sie habe die Antragsfragen nicht falsch beantwortet und demnach weder vorsätzlich noch fahrlässig gegen die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung verstoßen. Außerdem sei der Anspruch auf die Erhöhung des Risikozuschlages bereits wegen der einmonatigen Frist zur Geltendmachung einer Anzeigepflichtverletzung verfristet gewesen. Die Versicherungsnehmerin beantragte, festzustellen, dass die Erhöhung des Risikozuschlages und das Verlangen der Nachzahlung von Versicherungsprämien rechtswidrig war.

Der Versicherer hingegen vertrat die Auffassung, die Versicherungsnehmerin hätte Kenntnis von dem Gesundheitszustand gehabt und von der Angabe dieses Zustandes bewusst abgesehen. Der Versicherungsnehmerin sei bewusst gewesen, dass der Versicherungsvertrag andernfalls nicht zu den gleichen Konditionen zustande gekommen wäre, was sie hätte verhindern wollen.

Die Prüfung habe fristgerecht innerhalb der drei Jahre angefangen, so der Versicherer. Der Abschluss der Prüfung innerhalb dieser Frist sei lediglich wegen einer Vereitelung der Versicherungsnehmerin nicht möglich gewesen, indem sie die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt habe. Die Verspätung ginge somit nicht zu Lasten des Versicherers, sondern zu Lasten der Versicherungsnehmerin, argumentierte der Versicherer.

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Keine Ansprüche des Versicherers wegen Fristversäumnis!

Das Landgericht Duisburg kam zu der Entscheidung, dass die rückwirkende Erhöhung des Risikozuschlages des Versicherers rechtswidrig war und der Versicherer daher keine Nachzahlung von Versicherungsprämien verlangen könne. Dabei war es nicht mehr von Bedeutung, ob eine fahrlässige Anzeigepflichtverletzung begangen wurde, da das Recht des Versicherers den Risikozuschlag zu erhöhen bereits verfristet war.

Maßgeblich war die Monatsfrist, innerhalb der Versicherer sein Gestaltungsrecht in Form der Erhöhung hätte geltend machen müssen. Diese Frist begann vorliegend an dem Zeitpunkt, an dem der Versicherer Kenntnis von der vermeintlichen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung erlangte, also am 18.07.2019. Eine Fristverschiebung aufgrund mangelnder abschließender Risikobewertung habe hier nicht vorgelegen, entschied das LG Duisburg.

Auch wenn eine Fristverschiebung einschlägig gewesen wäre, stünde es dem Versicherer nicht offen, den Fristbeginn eigenständig zu kontrollieren. Dies wäre andernfalls nicht mit dem versicherungsrechtlichen Grundsatz in Einklang zu bringe, dass zwischen den Parteien alsbald Klarheit über das Versicherungsverhältnis bestehen soll (vgl. Rücktritt aus Verdachtsgründen durch Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)). Der Versicherer forderte die fehlenden Unterlagen somit nicht rechtzeitig an. Diese Verzögerung wurde mangels nachvollziehbarer Gründe dem Versicherer angelastet (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.1998 – IV ZR 248/97).

Fazit

Das Landgericht Duisburg verdeutlicht in seinem Urteil, wie wichtig es ist, die geltenden Fristen einzuhalten. Auch wenn materiell-rechtlich möglicherweise ein Anspruch auf Anpassung des Versicherungsvertrages seitens des Versicherers bestehen würde, können Entscheidungen des Versicherers aus formellen Aspekten angreifbar sein. Daher kann es in Streitfällen durchaus ratsam sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Fachanwalt hinzuzuziehen. Dieser kann mit seiner Expertise beratend zur Seite stehen oder wenn nötig auch gerichtlich die Interessen geltend machen. Gerne stehen dafür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen du dieser Thematik und aktueller Rechtsprechung sind unter der Kategorie Risikozuschlag zu finden.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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