Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeit unterstützt bei der Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (Berufsunfähigkeitsrente)

Eintritt der Berufsunfähigkeit und der Haftungszeitraum (BGH)

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 22.02.1984 (Az.: IV a ZR 63/82) zentral mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und dem Haftungszeitraum in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Konkret ging es dabei um die Voraussetzungen eines Leistungsverweigerungsrechts des Versicherers und die maßgeblichen Zeitpunkte und Zeiträume innerhalb der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Änderungserklärung nach Herzinfarkt

Der Versicherungsnehmer stellte am 04.10.1977 einen Antrag auf den Abschluss einer Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Am 19.12.1977 erlitt der Versicherungsnehmer einen Herzinfarkt.

Am 17.01.1978 gab der Versicherungsnehmer eine Änderungserklärung ab, dass eine Berufsunfähigkeit nur bis zu seinem 65. Lebensjahr mitversichert sein sollte. Außerdem gab der Versicherungsnehmer in seiner Erklärung an, dass die ursprünglichen Gesundheitsangaben weiterhin zutreffend sind. Laut Versicherungsnehmer hatte ein Versicherungsagent des Versicherers zu dem Zeitpunkt jedoch Kenntnis von dem Herzinfarkt gehabt. Die Änderungserklärung wurde von dem Versicherer angenommen. Der Versicherungsbeginn war laut Versicherungsschein der 01.12.1977. Es erfolgte also eine Rückdatierung.

Der Versicherungsnehmer forderte aufgrund des Eintritts der Berufsunfähigkeit von dem Versicherer die Zahlung der Rentenbeträge. Mit der Begründung, der Versicherungsnehmer habe den Herzinfarkt als gefahrenerhöhenden Umstand zwischen Antragstellung und Vertragsabschluss nicht angezeigt, verweigerte der Versicherer die Rentenzahlung mit Schreiben vom 26.09.1979.

Versicherungsbeginn gleichermaßen auch Haftungsbeginn?

Der Versicherer war der Überzeugung, der Versicherungsnehmer sei bereits am 01.01.1978 berufsunfähig gewesen. Aus diesem Grund sei er mit dem Schreiben vom 26.09.1979 bereits wirksam von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten und habe zudem wegen arglistiger Täuschung angefochten (siehe: Anfechtung der Berufsunfähigkeitsversicherung).

Der Versicherungsnehmer dagegen brachte vor, dass seine Berufsunfähigkeit erst seit Herbst 1978 vorläge. Die Parteien stritten grundlegend über den Eintritt der Berufsunfähigkeit und den Haftungszeitraum der Versicherung.

Um die Rentenzahlungen geltend zu machen, klagte der Versicherungsnehmer zunächst vor dem Landgericht, welches zugunsten des Versicherungsnehmers entschied. Das Oberlandesgericht als Berufungsgericht hingegen wies die Klage ab, woraufhin der Versicherungsnehmer in Revision zum BGH ging. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht hilft bei Streit mit der Berufsunfähigkeitsversicherung

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Eintritt der Berufsunfähigkeit und Haftungszeitraum müssen festgestellt werden!

Der Feststellung, dass der Versicherer aufgrund einer rechtzeitigen Anfechtung von der Leistung befreit wurde, widersprach der Bundesgerichtshof. Falsche Angaben an sich hätten eine Anfechtung wegen Arglist noch nicht rechtfertigen können, da auch die Kenntnis des Versicherungsagenten arglistigem Verhalten entgegengestanden hätte (hierzu BGH, Urt. v. 01.12.1982 – IV a ZR 70/81).

Auch ein Rücktritt der Berufsunfähigkeitsversicherung wäre nicht wirksam erfolgt, da das Schreiben vom 26.09.1979 keine Rücktrittserklärung enthielt. Der Wille, sich vom Vertrag zu lösen ginge nicht hervor, wodurch eine Umdeutung in eine Rücktrittserklärung nicht möglich war.

Die Entscheidung, ob Versicherungsschutz vorlag, ließ der Bundesgerichtshof mangels ausreichender Feststellungen offen, da der Haftungszeitraum und der Eintritt der Berufsunfähigkeit nicht eindeutig festgestellt worden seien.

Maßgeblich für den Eintritt des Versicherungsfalls wäre nicht der Zeitpunkt des Herzinfarkts an sich, sondern der Zeitpunkt, ab dem erkennbar war, dass der Versicherungsnehmer seine Tätigkeit für eine absehbare Zeit zu mindestens 50% nicht mehr ausüben könne. Abzustellen wäre hier auf den Zeitpunkt, zu dem erstmals ein Zustand vorlag, welcher keine Erwartungen auf eine Besserung ergab. Solange bloße Arbeitsunfähigkeit vorläge, die nicht über ein Jahr hinaus ging, blieb diese unbeachtlich im Zusammenhang der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Weiterhin war unklar, ob der Versicherungsfall überhaupt in den Haftungszeitraum des Versicherungsvertrages fiel (vgl. BGH, Urt. v. 13.03.1974 – IV ZR 36/73). Ausweislich des Versicherungsscheins trat der Versicherungsfall innerhalb des Versicherungszeitraums auf. Der Versicherungszeitraum ist jedoch nicht gleichzeitig auch der Haftungszeitraum. Der Haftungszeitraum ergibt sich grundsätzlich aus weiteren Vertragsvereinbarungen, die hier nicht vorlagen, weswegen die weiteren Vertragsumstände herangezogen werden mussten.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung war nur eine Zusatzversicherung zu der Lebensversicherung. Dementsprechend konnte sie nur mit der Lebensversicherung zusammen abgeschlossen werden. Bei einer Lebensversicherung ist eine Rückwärtsversicherung grundsätzlich nicht möglich (mehr zur Lebensversicherung). Dementsprechend konnte also der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Berufsunfähigkeitsversicherung auch nicht um eine Rückwärtsversicherung handelte. Aus der Betrachtung des gesamten Versicherungsverhältnisses ergab sich, dass der Versicherer das mit der Zusatzversicherung geschlossenen Risiko auch erst dann tragen wolle, wenn der Hauptversicherungsvertrag abgeschlossen wurde.

Fazit und Hinweise

Das Urteil zeigt, dass die genauen Zeitpunkte bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Versicherung eine gravierende Bedeutung haben können. Der Bundesgerichtshof macht deutlich, dass der Eintritt der Berufsunfähigkeit und der Haftungszeitraum eindeutig von anderen Zeitpunkten abgegrenzt werden müssen, damit eine korrekte und detaillierte Feststellung vorgenommen werden kann.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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