Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte sich mit einer Streitigkeit über die Bezeichnung als Honorar-Anlageberater zu befassen (OLG Nürnberg, Urt. v. 16.04.2024 – 3 U 1669/23). Zentrale Streitfrage war, welche berechtigte Erwartungen an einen Honorar-Anlageberater gestellt werden und wer sich überhaupt als ein solcher bezeichnen darf.
Eine GmbH, die spätere Beklagte, war zugelassen als Versicherungsberater und Honorar-Finanzanlageberater. Die GmbH führte außerdem ein „VDH-Honorarberater-Register für Verbraucher“. Gegen ein festes Entgelt konnten sich sogenannte „Verbundpartner“ der Beklagten in das Register eintragen lassen. Unter diesen Verbundpartnern waren unter anderem Versicherungsmakler und Finanzanlagevermittler, nicht ausschließlich Versicherungsberater oder Honorar-Finanzanlageberater.
Stellten Verbraucher eine Anfrage für einen Honorarberater, vermittelte die GmbH die Verbraucher an diese Verbundpartner. Die Verbundpartner wurden dann gegen ein individuell mit den Verbrauchern vereinbartes Honorar für die Verbraucher tätig. Die Verbundpartner verpflichteten sich vertraglich, die Beratung ausschließlich unter Berücksichtigung der Interessen der Kunden durchzuführen.
Eine andere GmbH, welche auch als Versicherungsberater und Honorar-Finanzanlageberater tätig war, hielt die zuvor beschriebenen Handlungen der GmbH für irreführend und klagte deshalb zunächst vor dem Landgericht Amberg auf Unterlassung der Vermittlung von sogenannten „Honorar-Anlageberatern“.
Die klagende GmbH brachte vor, dass sich die beklagte GmbH auf ihrer Webseite als „Honorar-Anlageberater“ auswies, ohne jedoch in das „Register unabhängiger Honorar-Anlageberater“ eingetragen gewesen zu sein. Zudem wendete die Klägerin ein, Versicherungsmakler und Finanzanlagevermittler würden nicht über eine unabhängige und umfassende Produktpalette verfügen, wie es tatsächliche Honorarberater tun. Die Versicherungsmakler und Finanzanlagevermittler arbeiten auf Provisionsbasis und seien deswegen auf die Produkte ihrer Vertragspartner beschränkt, machte die Klägerin geltend. Außerdem seien die beiden Tätigkeiten auch aufgrund des wechselseitigen Tätigkeitsverbots strikt voneinander zu trennen.
Die beklagte GmbH hingegen hielt ihr Handeln für unproblematisch, da der Begriff des „Honorarberaters“ rechtlich nicht definiert oder geschützt sei. Versicherungsvermittlern sei es nicht verboten, auf Honorarbasis tätig zu werden und außerdem wären Versicherungsmakler ohnehin grundsätzlich dazu verpflichtet, im Interesse der Verbraucher zu handeln.
Das Landgericht Amberg entschied, dass die beklagte GmbH es unterlassen müsse, Verbrauchern Versicherungsmakler oder Finanzanlagevermittler als Honorarberater zu vermitteln (LG Amberg, Urt. v. 11.08.2023 – 41 HK O 1070/21). Dagegen legte die beklagte GmbH Berufung zum Oberlandesgericht Nürnberg ein.
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Die Berufung vor dem Oberlandesgericht Nürnberg hatte (teilweise) Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied zunächst, dass die Angaben der beklagten GmbH irreführend seien. Aufgrund der besonderen Tätigkeitsregelungen für Honorarberater und des wechselseitigen Tätigkeitsverbots könne ein Verbraucher erwarten, an eine entsprechende Person vermittelt zu werden, die den Anforderungen gerecht werde, da dem Verbraucher berechtigte Erwartungen an einen Honorar-Anlageberater suggeriert werden.
Die honorarbezogene Beratung solle erade eine Alternative gegenüber der provisionsbezogenen Beratung darstellen, um Unabhängigkeit zu garantieren, so das Berufungsgericht. Auf diese Unabhängigkeit müsse sich Verbraucher verlassen können, weshalb sich die Tätigkeiten als Versicherungsvermittler und Versicherungsberater hier gegenseitig ausschlossen. Einem Versicherungsmakler oder Finanzanlagevermittler sei es zwar grundsätzlich nicht untersagt, auch honorarbasiert tätig zu werden, entscheidend war jedoch, wonach der Verbraucher explizit suchte und als was sich der Berater ausgab (hierzu auch: Kein Honorarverbot nach IDD für Versicherungsvermittler).
Stellte man als Verbraucher eine Anfrage an einen Honorarberater, so habe man die Erwartung, dass dieser Berater nicht nur im Einzelfall honorarbasiert tätig werde, sondern generell nur auf Honorarbasis tätig ist. Eine Person, die sonst als Vermittler tätig ist, wirke für einen Verbraucher, welcher Wert auf Unabhängigkeit lege, bereits weniger neutral.
Das Oberlandesgericht Nürnberg merkte zusätzlich an, dass diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg stehe (OLG Naumburg, Urt. v. 23.06.2022 – 9 U 130/21; siehe auch Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung). Das Oberlandesgericht Naumburg wies in dem Rechtstreit eine Klage derselben GmbH ab. Kern dieser Entscheidung war ebenfalls das Tätigwerden von Versicherungsvermittlern als Honorarberater. Entscheidend war jedoch, dass in der Entscheidung lediglich das Tätigwerden auf Honorarbasis relevant war. Der Kern des Urteils des Oberlandesgericht Nürnberg war vorliegend jedoch die Werbung, in der Versicherungsermittler fälschlich als Honorarberater ausgegeben wurden.
Das Urteil des Oberlandesgericht Nürnberg zeigt, dass Versicherungsvermittler bzw. auch beratende Berufe der Versicherungsbranche bei dem Angebot und der Vermittlung von Dienstleistungen genauestens auf die konkrete Bezeichnung der eigenen Tätigkeit und der Dienstleistung achten sollten. Verwendet man eine etwaige falsche Bezeichnung, kann dies schnell zu einer möglichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung führen, was wiederum schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Diese Problematik zum Beispiel zeigen auch einige Rechtsstreitigkeiten des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen gegen Versicherungsmakler, welche mit dem Begriff der „Unabhängigkeit“ auf der eigenen Webseite werben. Hierzu beispielsweise Verfahren des LG Leipzig (Unabhängigkeit? Versicherungsmakler obsiegt gegen den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände vor dem LG Leipzig), des OLG Köln (Verurteilung von Makler nach Abmahnung des Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) bestätigt) oder auch des OLG Bremen (Können Versicherungsmakler mit „Unabhängigkeit“ im Internet werben?).
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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