Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung (OLG Naumburg)

Das OLG Naumburg hatte sich mit der Werbung von Versicherungsvermittlern für eine Honorarberatung auseinander zu setzen (OLG Naumburg, Urt. v. 23.06.2022 – 9 U 130/21). Konkret ging es darum, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Versicherungsvermittler überhaupt auf Honorarbasis tätig werden darf.

Anbieten von provisionsunabhängiger Honorarberatung

Der spätere Beklagte ist Versicherungsmakler und verfügt darüber hinaus über eine Erlaubnis als Honorar-Finanzanlageberater. Zu Werbezwecken betreibt der Versicherungsmakler eine Webseite, auf der er Honorartarife zur Altersvorsorge und zu Versicherungen anbietet. In seinem Impressum wurde das Geschäftsmodell wie folgt erläutert:

„Wie wird f. …     .de – (T.B.) vergütet?

Als Kunde bzw. Verbraucher haben Sie die Wahl. Je nach Produkt, welches zu Ihnen passt, können Sie selbst zwischen Produkt mit eingeschlossen Provisionskosten oder Produkten komplett frei von Provisionskosten, sogenannte Nettotarife bzw. Honorartarife entscheiden. Sie als Kunde bzw. Verbraucher entscheiden völlig frei, was besser zu Ihnen passt. Je nachdem welche Produktlösung Ihnen zusagt, wird f. …     de – (T.B.) entweder über Provisionen/Courtagen vergütet oder im Fall von Nettotarifen/Honorartarifen durch ein direktes Entgelt, das der Kunde bzw. Verbraucher als Honorar an f. …     de – (T.B.) zu zahlen hat.“

Darüber hinaus warb der Versicherungsmakler über Google-Anzeigen für eine Online-Honorarberatung ohne Provisionskosten.

Das Unternehmen als spätere Klägerin ist in dem Bereich der Versicherungsberatung tätig. Das Unternehmen hielt die Angebote des Versicherungsmaklers für unzulässigweswegen es den Versicherungsmakler mittels anwaltlichem Schreibens wettbewerbsrechtliche abmahnte. Das Anwaltsschreiben blieb jedoch erfolglos, woraufhin das Unternehmen zunächst vor dem Landgericht Halle einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend machte.

Wechselseitiges Tätigkeitsverbot?

Das Unternehmen war der Auffassung, dass der Versicherungsvermittler nicht auf Honorarbasis tätig werden und so Versicherungen vermitteln dürfe. Er erwecke gezielt den Eindruck, er sei Versicherungsberater im Sinne der Gewerbeordnung. Gemäß eben dieser schließen sich jedoch die Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Versicherungsberater aus.

Der Versicherungsmakler hingegen brachte vor, dass er weder als Versicherungsberater tätig gewesen sei noch sich als solch einer ausgegeben habe.

Das Landgericht Halle wies die Klage ab und gab damit dem Versicherungsmakler Recht (LG Halle, Urt. v. 25.11.2021 – 8 O 55/21). Dem Versicherungsmakler sei eine Beratungsleistung oder eine eigene Vergütungsvereinbarung mit einem Verbraucher nicht verboten, so das Landgericht. Gegen diese Entscheidung legte das Unternehmen Berufung zum OLG Naumburg ein.

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Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung zulässig!

Auch das Oberlandesgericht Naumburg entschied, dass der Versicherungsmakler auch auf Honorarbasis tätig werden durfte.

Die Änderung der Gewerbeordnung ab dem 23.02.2018 hatte darauf keinen Einfluss (hierzu: BGH, Urt. v. 06.11.2013 – I ZR 104/12). Dies ergibt sich aus dem Gesetzgebungsverfahren der Neufassung des § 34d GewO. In dem Gesetzgebungsverfahren gab es zunächst den Vorschlag eines Zusatzsatzes, welcher besagt, dass ein Versicherungsvermittler seine Tätigkeit nur durch ein Versicherungsunternehmen vergüten lassen darf. Dieser Satz wurde jedoch nicht umgesetzt. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie empfiehl sogar den geplanten Zusatzsatz zu streichen und es dementsprechend bei der jetzigen Rechtslage zu belassen, wodurch kein Honorarannahmeverbot mehr für Versicherungsmakler bestünde. Diese Empfehlung setzte sich auch durch, wodurch der Zusatzsatz gezielt nicht in Kraft trat.

Aus dieser Gesetzgebungshistorie sei eindeutig erkennbar, dass sich der Gesetzgeber ausführlich mit der Thematik beschäftigt hat und sich bewusst gegen das Honorarverbot für Versicherungsvermittler entschieden hat. Folglich dürfe ein Versicherungsvermittler weiterhin auf Honorarbasis tätig werden und die Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung war vorliegend nicht zu beanstanden.

Fazit und Hinweise

Das Urteil des Oberlandesgericht Naumburg zeigt, dass die grundsätzliche Tätigkeit und Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung nicht verboten sind. Zu beachten bleibt jedoch, als was man sich selbst bezeichnet und dass man Verbrauchern gegenüber transparent ist bzw. sich transparent darstellt.

Dass die genauen bzw. konkreten Umstände eines Einzelfalls besonders relevant sind, zeigte auch das Oberlandesgericht Nürnberg in einem anderen Verfahren auf, in dem es zum Nachteil eines Versicherungsmaklers entschied (OLG Nürnberg, Urt. v. 16.04.2024 – 3 U 1669/23; siehe auch: Berechtigte Erwartungen an einen „Honorar-Anlageberater“).

Diese Problematik zeigt sich zum Beispiel auch in sämtlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und diverses Versicherungsmaklern. Viele Gerichte wie das OLG Köln entschieden diese Rechtsstreitigkeiten bisher zugunsten der Verbraucherverbände (siehe Verurteilung von Makler nach Abmahnung des Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) bestätigt). Hingegen dürfte es für Versicherungsmakler umso erfreulicher sein, dass das LG Leipzig in einem Urteil erstmals einem Versicherungsmakler Recht gab, indem er ihm seine Unabhängigkeit zusprach (dazu Unabhängigkeit? Versicherungsmakler obsiegt gegen den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände vor dem LG Leipzig).

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Rechtsanwalt erläutert Urteil zur Werbung von Versicherungsvermittlern für Honorarberatung.

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