Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung (OLG Karlsruhe)

Mit dem Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung in der Kaskoversicherung beschäftigte sich das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Urteil vom 07.11.2024 (Az.: 12 U 69/24). Dabei ging es konkret darum, ob das Ziel des Rennens die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit war.

Fahrzeugschaden durch Rennveranstaltung

Der Versicherungsnehmer war Eigentümer eines Porsche Cayman, welcher Vollkasko versichert war. In den Versicherungsbedingungen war festgelegt, dass Schäden aufgrund von Veranstaltungen, die die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit als Ziel hatten, nicht versichert waren.

Am 13.05.2023 nahm der Versicherungsnehmer an einer Veranstaltung teil. Ziel der Veranstaltung war es, eine möglichst gleichmäßige Rundenzeit zu fahren. Die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit war gemäß der Rahmenausschreibung explizit nicht das Ziel. Der Versicherungsnehmer verunfallte bei dem Rennen mit seinem eigenen Fahrzeug, während er circa 80-105 km/h fuhr. Den Schaden machte er bei seinem Versicherer geltend.

Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung?

Der Versicherer lehnte die Schadensregulierung mit Schreiben vom 18.07.2023 ab. Der Versicherer begründete seine Leistungsverweigerung mit dem Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung. Der Versicherungsnehmer habe einen Schaden erlitten wegen einer Rennveranstaltung, die von vornherein von der Versicherung ausgeschlossen war. Die Rahmenausschreibung war absichtlich so formuliert worden, dass die Kaskoversicherungen der Teilnehmer trotzdem gezahlt hätten. Der Veranstalter versuchte dadurch lediglich, der Veranstaltung offiziell den „Renncharakter“ zu nehmen. Auch wegen der Bezeichnung und der getragenen Schutzkleidung ließ sich darauf schließen, dass es sich um ein Rennen handelte, welches unter den Risikoausschluss fiel. Außerdem berief sich der Versicherer auf eine Anzeigepflichtverletzung, da der Versicherungsnehmer verschwieg, dass auf dem Auto eine Startnummer und Werbeaufkleber angebracht waren.

Der Versicherungsnehmer berief sich darauf, dass es sich bei der Rennveranstaltung eben nicht um ein solches Rennen handelte, von dem Schäden ausgeschlossen waren, da die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit nicht das Ziel war. Das Tragen von Sicherheitskleidung war eine Vorsichtsmaßnahme, die keinesfalls auf eine Erzielung der Höchstgeschwindigkeit zurückzuführen war. Der Versicherungsnehmer machte seine Forderung daher vor dem Landgericht Karlsruhe geltend, welches die Klage jedoch am 14.05.2024 (Az.: 8 O 225/23) abwies. Dagegen legte der Versicherungsnehmer Berufung ein.

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Rennveranstaltung bedingt nicht zwingend Risikoausschluss!

Das Oberlandesgericht Karlsruhe änderte das Urteil des Landgericht Karlsruhe ab und gab dem Versicherungsnehmer Recht. Ein Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung gemäß der Versicherungsbedingungen lag nicht vor.

Die Bedingungen des Versicherers durften nicht so weit ausgelegt werden, dass sie über den wirtschaftlichen Zweck hinausgehen. Es wurde klargestellt, dass für den Sieg nicht die höchste Geschwindigkeit entscheidend war, sondern der Sieg auf einem Punktesystem basierte. Aus diesem Grund fiel die Rennveranstaltung nicht unter den Risikoausschluss wegen Rennveranstaltung (so auch der BGH, Urt. v. 26.11.1975 – IV ZR 122/74).

Gemäß den offiziellen Wertungsregeln richtete sich die Platzierung nicht nach der Höchstgeschwindigkeit, sondern nach dem Punktesystem, welches nur einen indirekten Zusammenhang mit der gefahrenen Höchstgeschwindigkeit hatte. Anders wäre es zum Beispiel, wenn es primär auf die Durchschnittsgeschwindigkeit ankommt, sekundär aber auf die Höchstgeschwindigkeit, so der BGH (Urt. v. 01.04.2003 – VI ZR 321/02).

Lediglich der Anreiz und die Tatsache, dass es einzelnen Teilnehmern auch um die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit gehen konnte, reichte für einen Ausschluss im Sinne der Versicherungsbedingungen nicht aus (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. . 15.04.2014 – 12 U 149/13). Ein erhöhtes Risikomaß konnte nicht festgestellt werden. Aus diesem Grund war primär auf den Wortlaut der Versicherungsvereinbarung abzustellen, laut dem es konkret nur auf die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit ankommen musste. Die weiteren Umstände wie die Bezeichnung und die Schutzkleidung waren kein Indiz für die Erzielung der Höchstgeschwindigkeit.

Auch eine Aufklärungspflichtverletzung des Versicherungsnehmers lag nicht vor. Es war keine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, den Versicherer über die Startnummer und den Werbeaufkleber zu informieren. Einerseits fragte der Versicherer nicht nach derartigen Umständen und andererseits waren diese auch irrelevant für den Umfang der Leistungspflicht.

Fazit

Insgesamt zeigt Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe, dass die Versicherungsbedingungen nicht immer eindeutig sind und stets im Hinblick auf den Einzelfall angewendet werden müssen. Weiterführende Informationen und Gerichtsurteile zu dem Thema sind unter der Kategorie Kaskoversicherung zu finden. Entstehen Streitigkeiten mit Versicherern, kann es von Vorteil sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Fachanwalt hinzuzuziehen. Dafür stehen gerne Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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