Das Landgericht Bonn setzte sich in seinem Urteil vom 25.04.2017 (Az.: 9 O 334/16) mit einer Anfechtung der Krankenversicherung wegen arglistiger Täuschung auseinander. Die Versicherungsnehmerin verschwieg in dem Antrag für eine private Krankenversicherung mehrere Vorerkrankungen und ärztliche Behandlungen.
Am 06.11.2014 stellte die Versicherungsnehmerin, die erfolgreich ein Volkswirtschaftsstudium abgeschlossen hatte, einen Antrag auf den Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Bei der Antragstellung wurde sie von einem Versicherungsmakler beraten. In dem Antrag musste sie, wie bei dem Abschluss derartiger Verträge üblich, bestimmte Gesundheitsfragen beantworten.
Die Fragen, ob sie in den letzten drei Jahren ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hatte, beantwortete sie leidglich mit einer vorhandenen Laktoseintoleranz und einer Operation wegen einer verengten Nasenscheidewand. Weitere Erkrankungen oder ärztliche Behandlungen gab sie nicht an. Auch die Frage, ob sie in den vergangenen 10 Jahren in psychotherapeutischer Behandlung war, verneinte die Versicherungsnehmerin.
Im September 2015 war die Versicherungsnehmerin in teilstationärer psychotherapeutischer Behandlung. Daraufhin forderte der Versicherer eine Patientenübersicht an und erhielt außerdem den Entlassungsbericht der Klinik. Aus diesen Dokumenten ging hervor, dass die Versicherungsnehmerin in der Klinik angegeben hatte, 2008 eine ambulante Psychotherapie gemacht zu haben. Darüber hinaus wurde die Versicherungsnehmerin unter anderem wegen eines Arteria-carotis-interna-Syndroms, einer Hypästhesie der Haut und mehreren Allergien ärztlich behandelt. All diese Vorerkrankungen hatte die Versicherungsnehmerin bei Antragstellung nicht angegeben.
Als der Versicherer davon Kenntnis erlangte, erklärte er mit Schreiben vom 08.12.2015 die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den Rücktritt vom Versicherungsvertrag, da die Versicherungsnehmerin ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt habe.
Die Versicherungsnehmerin forderte daher vor dem LG Bonn die Erstattung ihrer Behandlungskosten in voller Höhe. Zumindest verlangte sie die Erstattung der Behandlungskosten bis zur Abgabe der Anfechtungserklärung (hierzu Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung (PKV)). Die Versicherungsnehmerin argumentierte, sie hätte dem Versicherungsmakler „vielleicht nicht alle Details zu ihren Vorerkrankungen“ angegeben, deswegen habe sie jedoch ihrer Meinung nach noch nicht arglistig gehandelt. Später revidierte die Versicherungsnehmerin ihre Argumentation und behauptete, alle Vorerkrankungen angegeben zu haben.
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Das Landgericht Bonn entschied, dass die Versicherungsnehmerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten hatte. Die Anfechtung der Krankenversicherung wegen arglistiger Täuschung sei wirksam. Dass die Versicherungsnehmerin falsche Angaben machte, war unstreitig. Zu entscheiden war jedoch, ob das Verschweigen auch arglistig war, was das Landgericht Bonn bejahte.
Die Versicherungsnehmerin hatte unzweifelhaft Kenntnis über die verschwiegenen Umstände, da daraufhin Untersuchungen durchgeführt wurden und Arztbesuche stattfanden. Zum anderen war ihr auch bewusst, dass sie die Gesundheitsfragen falsch beantwortet hat, da die Fragen in einfacher Sprache gestellt wurden und von einer durchschnittlichen Absolventin eines Volkswirtschaftsstudiums grundsätzlich unproblematisch zu beantworten waren.
Dadurch, dass die Versicherungsnehmerin objektiv falsche Angaben machte, traf sie eine sekundäre Darlegungslast, offenzulegen weshalb es zu den falschen Angaben kam. Dieser sekundären Darlegungslast kam die Versicherungsnehmerin in keiner Form nach.
Auch das Motivationsbewusstsein, was für die Arglist erforderlich war, lag bei der Versicherungsnehmerin nach der Gesamtwürdigung der Umstände vor. Durch die falschen Aussagen wollte die Versicherungsnehmerin bewusst die Entscheidung des Versicherers beeinflussen. Zur Überzeugung des LG Bonn hatte die Versicherungsnehmerin erkannt, dass der Versicherer bei Kenntnis der Vorerkrankungen womöglich eine andere Entscheidung bezüglich des Versicherungsvertrages getroffen hätte.
Schlussendlich war es ausgeschlossen, dass die Versicherungsnehmerin bei der Menge an verschwiegenen Vorerkrankungen selbst der Annahme war, alle Aussagen wahrheitsgemäß getroffen zu haben (siehe auch Anfechtung der PKV wegen Nichtangabe von Arztbesuchen (OLG Hamm)).
Die arglistige Täuschung führte auch zu einem Irrtum bei dem Versicherer. Hätte die Versicherungsnehmerin die Vorerkrankungen wahrheitsgemäß angegeben, hätte der Versicherer keine Annahmeerklärung abgegeben, wie er angab. Die arglistige Täuschung war demnach auch kausal für den Vertragsschluss.
Das Urteil des Landgericht Bonn beleuchtet das Problem der Anfechtung der Krankenversicherung wegen arglistiger Täuschung. Zwar gelang es der Versicherungsnehmerin in dem vorliegenden Fall nicht, sich gegen den Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung zu wehren. Allerdings zeigt das Urteil des LG Bon aber auch, dass es durchaus Ansatzpunkte geben kann, sich gegen eine Anfechtung der Krankenversicherung wegen arglistiger Täuschung zu wehren. Erklärt ein Versicherer die Anfechtung oder den Rücktritt eines Versicherungsvertrages oder verweigert die Leistungsregulierung, kann es vorteilhaft sein, sich an einen im Bereich Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden. Dafür stehen gerne auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
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